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Die Drachen strebten in verschiedene Richtungen auseinander, wobei sie immer schneller wurden. Auch die Libellen erhöhten ihre Geschwindigkeit, aber zumindest in diesem Punkt waren ihnen die Tiere überlegen: Es bereitete ihnen keinerlei Mühe, ihren Vorsprung zu halten.

Kara versuchte, die Distanz zu schätzen, die mittlerweile zwischen den Libellen lag. Die Maschinen waren schnell, aber auch sie brauchten Zeit, um sich zu bewegen. Wenn ihr Plan funktionierte, dann würden sie diese Zeit nicht mehr haben. Jetzt! befahl Kara. Schnappt sie euch! Gleichzeitig riß sie Markor herum und steuerte direkt auf die Libelle zu. Der Pilot der Maschine registrierte diesen Angriff, aber er ignorierte ihn im Vertrauen auf seine Unverwundbarkeit.

Feuer!

Die Nacht über dem Wald wich grellem, flackerndem, rotem Licht, als fast zwei Dutzend grelle Flammenstrahlen auf die Libellen herabregneten. Einige verpufften harmlos im Himmel, andere fuhren in das dichte Geäst unter ihnen und setzten es in Brand, und Kara beobachtete voller Entsetzen, wie die Libellenmaschine vor ihr unter dem Einschlag von drei Feuerstrahlen taumelte - und sie überstand! Das Feuer traf ihren Rumpf so wenig wie es die Klauen der Drachen getan hatten, sondern prallte dicht vor ihm gegen ein unsichtbares Hindernis, an dem es abperlte wie ein Wasserstrahl an einer Wand aus Glas! Auch die zweite und dritte Maschine torkelten, eingehüllt in einen Mantel aus Flammen, der ihnen nichts anhaben konnte, lediglich zur Seite.

Die vierte Libelle hatte weniger Glück. Die Feuerstrahlen von sechs Drachen vereinigten sich über ihrer Kanzel zu einem einzigen, grellweißen Ball aus Glut - und die unsichtbare Wand brach! In einer Explosion, die an das Auflodern einer neuen Sonne über dem Wald erinnerte, explodierte die Maschine.

Brennende Trümmerstücke stürzten in den Wald hinab und entfachten zahllose kleine Brände.

Kara blinzelte, fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen und hielt nach den verbliebenen drei Libellen Ausschau.

Vor ihren Augen tanzten bunte Kreise und Ringe. Für Sekunden war sie fast blind. Wahrscheinlich wäre sie in diesem Augenblick eine leichte Beute für die Libellen gewesen. Aber die bizarren Maschinentiere kreisten ziellos auf der Stelle. Vielleicht, dachte Kara, war es das erste Mal, daß sie mitansehen mußten, wie einer von ihnen zerstört wurde. Möglicherweise war der Tod für jemanden, der sich unverwundbar wähnte, eine ganz neue Erfahrung...

Sie begriff die Chance, die sich ihnen bot. Greift noch einmal an! signalisierte sie. Konzentriert euch auf den im Norden. Alle! Ignoriert die anderen!

In die Formation der Drachen kam Bewegung, die nur auf den ersten Blick ziellos wirkte. Und als der Pilot der Libellenmaschine begriff, daß man ihn ins Visier genommen hatte, war es zu spät. Zwei Dutzend Drachen überschütteten die Maschine mit einem Höllenfeuer, dem selbst ihr unheimlicher Schutz nicht gewachsen war. Die Explosion war so gewaltig, daß die Maschine regelrecht verdampfte.

Als Kara nach den beiden anderen Libellen Ausschau hielt, sah sie, wie die Maschinen mit heulenden Motoren in den Himmel hinaufjagten und sich zur Flucht wandten. Einige der Drachenreiter setzten sofort zur Verfolgung an, aber Kara rief sie zurück.

Laßt sie! befahl sie. Wir fliegen zur Stadt zurück. Kein Aber! Sie haben genug. Und wir haben genügend Verluste hinnehmen müssen. Sie verspürte selbst einen heftigen Widerwillen bei dem Gedanken, die Maschinen nicht zu verfolgen, doch der Kampf war für die Drachen zu hart gewesen. Sie hatten es mit Mühe und Not geschafft, zwei von vier Gegnern zu vernichten! Das war... unvorstellbar!

Zutiefst verunsichert und von Furcht erfüllt, lenkte sie Markor zur Stadt zurück und ging auf dem großen Platz in ihrer Mitte nieder. Mit müden Bewegungen kletterte Kara von seinem Rücken hinunter und näherte sich dem Haus, in dem Aires mit Tess und den Kindern auf sie wartete. Die Magierin war noch da. Tess nicht. Sie hatte Karas Befehl mißachtet und war auf ihren Drachen gestiegen, um an dem Kampf teilzunehmen.

Aires kam ihr entgegen, als sie sich dem Haus bis auf fünf Schritte genähert hatte. Die Magierin war bleich, und ihre Hände zitterten. Offensichtlich hatte sie den ungleichen Kampf vom Boden aus verfolgt.

»Was war das, Aires?« fragte Kara müde.

Aires deutete ein Schulterzucken an. »Ich habe keine Ahnung«, gestand sie. »Ich habe solche Maschinen noch nie gesehen. Ihr habt eine vernichtet?«

»Zwei«, antwortete Kara. »Die beiden anderen sind entkommen. Ich habe befohlen, sie nicht zu verfolgen. Großer Gott, Aires, diese... Dinger widerstehen sogar dem Feuer der Drachen!«

»Ich habe es gesehen«, sagte Aires. »Es war sehr klug von dir, sie nicht verfolgen zu lassen.«

»Klug?« Kara lachte hart. »Klug? Ich bin mir nicht sicher, Aires. Vielleicht hatte ich einfach nur Angst.«

»Ist es etwa nicht klug, auf die Stimme seiner Angst zu hören?« fragte Aires.

Ihre Worte versetzten Kara in Zorn. »Hör mit deinen Sprüchen auf!« sagte sie hart. »Wir sind hier nicht in der Schule. Sie haben uns den Hintern versohlt, und zwar gründlich, ist dir das klar? Zehn von ihnen statt vier - und wir wären jetzt tot. Wir haben nichts, womit wir sie aufhalten können, Aires, absolut nichts! Hundert oder auch nur fünfzig von ihnen, und...«

»Hör auf!« sagte Aires. Sie lächelte, um ihren Worten ein wenig von ihrer Schärfe zu nehmen, und fuhr ruhiger fort: »Wenn sie hundert von diesen Maschinen hätten, dann hätten sie uns längst angegriffen, glaubst du nicht auch?«

»Ich weiß nicht, was ich glaube«, sagte Kara matt. Plötzlich mußte sie mit den Tränen kämpfen. »Wir haben sie vertrieben, Aires, aber gewonnen haben sie.«

»Ich weiß«, antwortete Aires leise. »Es tut weh, eine Schlacht zu verlieren. Aber noch ist nichts entschieden. Wir wissen ja nicht einmal, wer sie sind.«

Hastige Schritte erklangen hinter ihnen, und als Kara sich herumdrehte, erkannte sie Tess, die mit hochrotem Kopf auf sie zulief. Wenige Schritte hinter ihr stürmten Maran, Zen und noch ein halbes Dutzend der anderen heran.

»Was soll das heißen, wir dürfen sie nicht verfolgen«, begann Tess übergangslos und in einem Ton, der für sich genommen schon eine Beleidigung darstellte. »Wieso läßt du sie entkommen? Wir hätten sie alle vernichten können!«

Kara antwortete in sehr ruhigem, nicht belehrenden Ton.

»Weil wir es eben nicht gekonnt hätten«, sage sie. »Sieh dich doch um. Wir haben einen Drachen und einen Krieger verloren. Die meisten anderen Tiere sind verletzt! Ein paar sind so erschöpft, daß sie kaum noch fliegen können. Wie viele Leben ist dir die Vernichtung dieser zwei Maschinen wert?«

Tess wischte ihre Worte mit einer zornigen Handbewegung beiseite. »Was soll das?« schnappte sie. »Sind wir Krieger oder nicht? Seit wann verweigern wir einen Kampf, wenn dabei die Gefahr besteht, daß wir zu Schaden kommen?«

»Dann, wenn es sinnlos ist«, antwortete Aires an Karas Stelle. »Und jetzt sei still und kümmere dich um dein Tier. Ich glaube, es ist verletzt.«

Tess schürzte trotzig die Lippen. Einen Moment lang war Kara fest davon überzeugt, daß sie sich selbst der Magierin widersetzen würde. Aber dann wandte sie sich mit einem Ruck um und rannte zornig davon. Maran und die anderen folgten ihr.

Kara sah ihnen kopfschüttelnd nach. »Danke«, sagte sie, an Aires gewandt. »Ich weiß nicht, ob ich jetzt auch noch den Nerv gehabt hätte, mich mit ihr zu streiten.«

»Kinder!« grollte Aires. »Ich habe Angella immer gesagt, daß es nicht reicht, sie in eine Uniform zu stecken und ihnen ein Schwert zu geben, um Krieger aus ihnen zu machen.«

Kara sah wenig Sinn darin, das Gespräch fortzusetzen; sie ging ohne ein weiteres Wort an Aires vorbei und betrat das Haus, in dem die Kinder warteten. Ein einziger Blick in die Gesichter der Jungen und Mädchen sagte ihr, daß auch sie den Kampf beobachtet hatten.