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»Ich glaube, wir haben uns alle wie die Idioten benommen«, sagte er kopfschüttelnd. »Weißt du, ich habe darüber nachgedacht, euch um Hilfe zu bitten. Aber ich dachte, ich würde es allein schaffen.«

»Vielleicht hättest du das auch, wenn ich nicht dazwischengekommen wäre«, sagte Kara.

»Nicht vielleicht - bestimmt«, verbesserte sie Elder. Als sie schuldbewußt zusammenfuhr, schüttelte er den Kopf. »Es ist trotzdem meine Schuld. Schließlich kenne ich dich. Ich hätte mir denken müssen, daß du nicht einfach die Hände in den Schoß legst und abwartest, was passiert. Spätestens nach dem, was du auf dem Unterseeboot getan hast. Wie bist du herausgekommen?«

»Mit Glück«, antwortete Kara, »und Hrhons Hilfe. Aber wie bist du herausgekommen? Ich habe die Explosion gesehen!«

»Ich hatte ebenfalls Glück«, antwortete Elder ausweichend. »Ich war noch bei Bewußtsein. Ich konnte mich in Deckung schleppen, ehe die Bombe hochging.«

Kara sah ihn verwirrt an. Sie versuchte, sich das Bild des Unterwasserbootes noch einmal vor Augen zu führen. Da war nichts gewesen, wohinter er sich in Deckung hätte bringen können.

Aber Elder sprach schnell weiter, so daß sie ihm ihre ganze Aufmerksamkeit widmen mußte. »Trotzdem hat es mich ziemlich schlimm erwischt. Sie haben mich für tot gehalten und über Bord geworfen. Glücklicherweise war ich nicht ganz so tot, wie sie dachten. Ich schleppte mich zum Ufer.« Er rückte näher an sie heran, so daß sein Gesicht nur noch ein Stück von ihrem entfernt war, als sie den Kopf hob und ihn ansah. »Was danach war, weiß ich nicht mehr. Ich war für ein paar Tage bewußtlos.«

»Bewußtlos? Sie hätten dich finden müssen. Ich meine, die Männer der Stadtgarde haben jeden Meter abgesucht,«

Elder zuckte die Schultern. »Ich glaube, ich bin ein gutes Stück abgetrieben worden. Als ich aufwachte, war ich jedenfalls allein. Ich hatte das Schlimmste wohl hinter mir. Jedenfalls habe ich es irgendwie geschafft, wieder nach oben zu kommen und mit meinen Leuten Kontakt aufzunehmen.«

Seine Geschichte hatte Löcher, die so groß waren, daß man einen Drachen hätte hindurchschieben können. Aber Kara widersprach ihm nicht. Sie war völlig durcheinander. Seine Nähe erfüllte sie mit einer Verwirrung, die es ihr schwermachte, einen klaren Gedanken zu fassen. »Deine Leute«, sagte sie, aber Elder unterbrach sie sofort mit einem Kopfschütteln - und legte ihr in der gleichen Bewegung den Arm um die Schulter.

Kara fuhr unter der Berührung zusammen, aber sie gestand sich auch gleichzeitig ein, daß Elders Nähe ihr gefiel.

»Meine Leute sind tot«, sagte er. »Die vier, die die Explosion meines Schiffes überlebt haben, hast du erledigt.«

Seine Worte erfüllten Kara für einen ganz kurzen Moment mit Schaudern. Die Kälte, mit der er über den Tod seiner Gefährten sprach, stieß sie beinahe ab. Aber das wohlige Gefühl seiner Nähe vertrieb diesen Gedanken rasch. Elders Berührung erfüllte sie mit einem Kribbeln, das ihr nicht ganz fremd war - das sie aber in diesem Augenblick bestimmt nicht erwartet hatte.

Sie schob seinen Arm beiseite, aber er schien genau zu spüren, warum sie es tat, denn er wirkte kein bißchen verletzt, sondern griff statt dessen nach ihrer Hand. Kara wollte auch sie zurückziehen, aber er hielt sie einfach fest.

»Wie lange seid ihr schon hier?« fragte sie.

Er überlegte einen Moment. »Sechs... nein, beinahe sieben Jahre.«

»Das ist eine lange Zeit«, sagte Kara.

»Ja und nein«, antwortete Elder. »Wir rechnen in anderen Zeiträumen als ihr.« Seine Hand löste sich von der ihren und legte sich wieder um ihre Schulter, und diesmal wehrte sie sich nicht, als er sie sanft zu sich heranzog. Außerdem schien sich ihre eigene, linke Hand plötzlich selbständig zu machen, denn sie glitt ohne Karas Zutun seinen Hals hinauf.

Das schien einer der Momente zu sein, in denen Hrhon das Gefühl hatte, sie besser allein zu lassen, denn sie hörte, wie er sich bewegte, und einen Moment später fiel die Tür ins Schloß.

»Aber warum habt ihr in all dieser Zeit nicht...«

Er verschloß ihre Lippen mit einem Kuß, gegen den sie sich nur einen Wimpernschlag lang wehrte.

Und auch ihre rechte Hand machte sich plötzlich selbständig und tat Dinge, die sie selbst ein wenig überraschten. »Und wenn jemand hereinkommt?« fragte Elder, als sie sich atemlos wieder voneinander lösten und Kara begann, ihre Bluse zu öffnen.

»An Hrhon vorbei?« Sie lachte. »Nichts, was kleiner ist als ein Drachen, kommt an ihm vorbei. Er ist mein Leibwächter.«

»Hoffen wir, daß er seinen Job nicht zu ernst nimmt«, sagte Elder mit einem schrägen Blick zur Tür.

Für die nächste Stunde war das das letzte, was sie sprachen.

Elder war nicht der erste Mann, den sie hatte, aber es war wie das erste Mal. Er war zugleich zärtlich wie stark, erfahren und scheu wie ein Junge, der noch nicht ganz zum Mann geworden war. Hinterher lagen sie lange eng aneinandergeschmiegt auf dem viel zu schmalen Bett, und Kara kämpfte gegen die Müdigkeit an, die schon wieder nach ihr greifen wollte. Es wäre schön, einfach so an seiner Seite einzuschlafen, dachte sie, seine Wärme zu spüren und das Gefühl, sicher und beschützt zu sein.

Aber sie durfte sich nicht dem Schlaf hingeben. Unvorstellbar, wenn Cord oder gar Aires sie so überraschten.

Sie zwang sich, die Augen offenzuhalten, und stemmte sich auf die Ellbogen hoch, als er die Beine von der Liege schwang und sich nach seinen Kleidern bückte, die auf denen Karas lagen, ineinanderverschlungen wie sie selbst noch vor Augenblicken. Ohne die geringste Scheu betrachtete sie seinen Körper.

Angezogen sah er sehr, sehr schlank aus, fast schon schmächtig, aber unter seiner Haut verbargen sich stahlharte Muskeln.

Er hatte die Statur eines Raubtieres, das sich schnell wie der Wind zu bewegen imstande war. Und Kara hatte ja auch bei früheren Gelegenheiten schon erlebt, wie stark er war.

Er schien ihren Blick zu spüren, denn er wandte plötzlich den Kopf und sah sie an. »Woran denkst du?« fragte er.

»Vielleicht frage ich mich, was du denkst?« antwortete Kara.

»Willst du wissen, ob es schön war?« Elder lachte. »Diese Frage stellt eigentlich der Mann. Aber ich kann dich beruhigen. Es war schön.«

»Nur schön?« Kara setzte sich vollends auf. »Mehr nicht?«

Er schwieg einen Moment. Als er antwortete, klang seine Stimme ein wenig traurig. »Was willst du hören - daß ich dich liebe? Ich mag dich, Kara. Aber Liebe?« Er suchte einen Moment nach Worten. »Ich habe dir gesagt, woher ich komme, Kara. Wir sind dort sehr vorsichtig mit diesem Wort, weißt du?«

»Warum?« fragte Kara. »Kann man niemanden mehr lieben, wenn man zwischen den Sternen fliegt?«

Elder lächelte bitter. »Vielleicht ist das der Preis, den wir bezahlen müssen«, murmelte er. Dann fragte er ganz unvermittelt: »Wie alt bist du, Kara!«

»Achtzehn«, antwortete sie verwirrt. »Warum?«

»Und für wie alt würdest du mich halten?«

Sie betrachtete ihn noch einmal. Zuerst fiel ihr auf, wie schwer es war, sein Alter zu schätzen - er hätte zwanzig, aber auch vierzig Jahre alt sein können. Oder hundert? Durch seine Frage vorgewarnt, sagte sie zögernd: »Dreißig?«

Elder lachte. »Ich bin mehr als zweihundert Jahre alt, Kara.«

Erschrocken setzte sie sich stocksteif auf. »Zweihundert?!«

»Ich sagte dir, daß wir in anderen Dimensionen rechnen als ihr«, antwortete Elder. »Unsere Welt ist größer als eure, und wenn sich die Welt ausdehnt, in der du lebst, dann dehnt sich auch die Zeit. Wir rechnen in Jahrhunderten, wie ihr in Jahrzehnten.«

»Soll das heißen, ihr seid... unsterblich?« fragte Kara ungläubig.