Выбрать главу

»Das sind sie«, murmelte Elder.

Aires' Kopf hob sich mit einem Ruck. Zornig starrte sie Elder an, sagte aber nichts, sondern wandte sich wieder an Sakara.

»Wer sind sie?« fragte sie mit leiser, aber fast beschwörender Stimme. »Kannst du sie erkennen? Sind es Maschinen, die wie große Libellen aussehen?«

»Hunderte«, murmelte Sakara. Sie zitterte so heftig, daß es Aires schwerfiel, die Hand weiter auf ihrer Schulter ruhen zu lassen. »Es müssen Hunderte sein. Sie töten jeden, den sie sehen. Die Stadt brennt. Soviel Feuer. Es kommt näher. Die Hitze... ich... kann nicht...«

Aires zog ihre Hand zurück, ergriff Sakara eine halbe Sekunde später mit nunmehr beiden Händen an den Schultern und schüttelte sie so heftig, daß ihr Kopf hin- und herrollte.

»Sakara!« rief sie beschwörend. »Wach auf! Du mußt abbrechen, verstehst du? Sie wird sterben - und du mit ihr!«

Die Seherin versuchte stöhnend, Aires' Hände zur Seite zu schieben, wachte aber nicht auf. Ihre Lippen formten weiter sinnlose, stammelnde Laute.

Aires ohrfeigte sie.

Sakara hob mit einem Ruck die Lider. Ihr Blick war immer noch verschleiert, aber er klärte sich rasch. Sie hörte auf zu stammeln. Dafür erschien ein Ausdruck tiefer Verwirrung auf ihren Zügen. Wie immer erinnerte sie selbst sich nicht an das, was sie gesagt hatte.

»Alles in Ordnung?« fragte Aires besorgt.

»Was... ist geschehen?« murmelte Sakara. Verstört hob sie die Hand an die linke Wange. Sie erinnerte sich auch nicht an die Ohrfeige, die Aires ihr verpaßt hatte. »Du hast mich geschlagen! Warum?«

»Ich hatte keine Wahl«, antwortete Aires. »Ich fürchte, deine Partnerin in Schelfheim ist tot. Oder zumindest in großer Gefahr.«

»In Gefahr?« Sakara schüttelte hilflos den Kopf. »Ja, da... war etwas. Etwas geschieht in Schelfheim.«

»Sie greifen die Stadt an«, sagte Aires grimmig. Ihre Augen blitzten vor Zorn, als sie sich zu Elder umdrehte. »Behauptest du immer noch, daß sie uns nicht bekämpfen, Elder?«

»Ich fürchte, das ist nur die Quittung für die beiden Maschinen, die ihr über dem Schlund abgeschossen habt«, antwortete Elder.

»Was?« fragte Storm ungläubig.

»So sind sie nun einmal«, sagte Elder. »Das ist genau ihre Art zu sagen: Laßt uns in Ruhe!«

»Du willst mir erzählen, daß sie eine ganze Stadt niederbrennen, weil wir zwei von ihnen getötet haben?« vergewisserte sich Kara.

»Ja«, antwortete Elder. »Ich gebe zu, eine recht harte Methode - aber sie wirkt.«

»Dann werden sie sich das nächste Mal eine größere Stadt aussuchen müssen«, sagte Kara, »denn wir werden noch viel mehr von ihnen töten.« Sie fuhr herum und wandte sich an Storm. »Gib Alarm! Laß die dreißig stärksten und schnellsten Drachen satteln! Wir fliegen nach Schelfheim!«

Storm verschwand so rasch, daß klar wurde, daß er nur auf diesen Befehl gewartet hatte, und Elder stieß einen erschrockenen Ruf aus. »Bist du verrückt geworden? Sie werden euch umbringen!«

»Vielleicht«, antwortete Kara. »Aber vielleicht auch nicht. Wir haben sie schon einmal geschlagen!«

»Selbst wenn ihr es schafft, wird die Hälfte von euch dabei draufgehen«, brüllte Elder aufgebracht.

»Wofür hältst du uns, Elder«, schnappte Kara. »Wir sind Krieger, und wir haben keine Angst, in einem Kampf zu fallen!«

»Ich beschwöre dich, Kara!« Elder versuchte, sie am Arm zurückzuhalten, aber Kara schlug seine Hand beiseite. »Selbst wenn es euch gelingt, sie zu besiegen, dann macht ihr damit alles nur noch schlimmer! Begreifst du denn nicht, daß das nur eine Warnung war? Sie hätten ebensogut eine fünfzig-Megatonnen-Bombe auf diese Stadt werfen können, und das nächste Mal werden sie es vielleicht tun?«

»Dann sollen sie es!« erwiderte Kara zornig. »Aber vorher erledige ich noch so viele von ihnen, wie ich kann.« Sie lief zur Tür, blieb aber noch einmal stehen und wandte sich an den Waga. »Hrhon, du bleibst hier. Gib darauf acht, daß Elder wie ein königlicher Gast behandelt wird. Und daß er noch hier ist, wenn ich zurückkomme!«

36

In einem Punkt stimmte Elders Behauptung wahrscheinlich, was die Sinnlosigkeit ihres Fluges anging. Kara glaubte selbst nicht, daß sie früh genug kamen, um die Angreifer zu stellen.

Der Weg vom Drachenhort nach Schelfheim zu Pferde betrug fünf Tage; vier, wenn man sich beeilte, und drei, wenn man das Risiko einging, die Tiere zu Schanden zu reiten. Mit den Drachen jedoch konnten sie es in ein paar Stunden schaffen, und sie hatten Glück: Ein starker Rückenwind wehte und erleichterte den Drachen das Fliegen.

Sie waren nicht dreißig, als sie den Hort verlassen hatten, sondern nahezu siebzig. Fast ein Drittel der Krieger hatte Storms Befehl ignoriert und sich ihnen angeschlossen, als sie hörten, was geschah. Und Kara hatte weder Zeit noch Lust, sich auf langwierige Diskussionen einzulassen. Und außerdem hatte sie das sichere Gefühl, daß sie jeden einzelnen der vierzig Reiter, die sich ihnen gegen ihren Willen angeschlossen hatten, gut gebrauchen konnten, wenn die Libellen noch nicht verschwunden waren.

Da keine Zeit mehr geblieben war, alle Reiter mit Rufern auszurüsten, hatte Kara sie vorher informiert und hoffte im übrigen darauf, daß ihre Taktik richtig war. Ihre Befehle waren so knapp wie klar gewesen: Keine Experimente. Greift sie zu fünft oder sechst an und verbrennt sie mit dem Feuer eurer Drachen! Wir brauchen keinen einzigen toten Helden!

Die Sonne ging auf, als sie sich der Küste näherten. Auf den letzten Meilen gab Kara das vereinbarte Zeichen, und die Formation aus siebzig riesigen schwarzen Drachenvögeln verlor an Höhe und glitt das letzte Stück so dicht über dem Boden dahin, daß ihre peitschenden Schwingen die Baumwipfel streiften. Sie ahnte, daß ihre Gegner über mehr Sinne als nur ihre Augen und Ohren verfügten, aber zusammen mit dem grellen Licht der Sonne mochte ihnen dieser Tiefflug vielleicht einen winzigen Vorteil verschaffen.

Die Feinde waren noch da.

Über Schelfheim lag eine Glocke aus roter Glut, die ihnen schon meilenweit entgegenleuchtete, und noch ehe sie nahe genug heran waren, um die Stadt und die zahllosen Feuer zu erblicken, sah Kara das Funkeln in der Luft. Es waren nicht Hunderte, aber doch fast hundert, schätzte sie. Langgestreckte, filigrane Gebilde mit schwimmenden Kugelköpfen, über denen die Luft silbern zerschnitten wurde, die Bäuche blutrot vom Widerschein der Brände, die unter ihnen tobten. Sie hatten den Beschuß zum größten Teil eingestellt. Nur dann und wann blitzte noch ein haardünner grüner Lichtfaden auf, dem meistens ein rot loderndes Echo aus der Tiefe antwortete. Die meisten Libellen kreisten eine halbe Meile über der Stadt, einige jedoch standen auch still in der Luft.

Die Drachenkrieger wurden entdeckt, ehe Markor als erster über die Kontinentalklippe glitt und sich plötzlich wieder eine halbe Meile in der Luft befand. Das ruhelose Kreisen der Libellenmaschinen geriet für einen Moment durcheinander. Dann drehten sie eine nach der anderen ab und jagten nach Norden, in den Schlund hinaus.

Kara fluchte lauthals, als ihr klar wurde, daß auch die Piloten der Maschinen sehr eindeutige Befehle zu haben schienen.

Offensichtlich hatten die Männer aus ihrem ersten Zusammenstoß mit den Drachen gelernt. Sie dachten nicht daran, sich zum Kampf zu stellen.

Ein wenig verwirrte sie dieses Verhalten: das Kräfteverhältnis stand bestenfalls eins zu eins - und das bedeutete nichts anderes, als daß sie ein Dutzend von ihnen erwischte, ehe die anderen sie in aller Ruhe vom Rücken ihrer Drachen hinuntergeschossen hätten.

Ihre Formation teilte sich. Der größere Teil des Schwarmes folgte den flüchtenden Libellen. Nicht um sich doch noch dem Kampf zu stellen, sondern lediglich, um sie zehn oder fünfzehn Meilen weit in den Dschungel hinauszujagen; weit genug, damit sie nicht plötzlich kehrtmachen und einen überraschenden Angriff fliegen konnten. Die anderen etwa zwölf Drachen folgten Kara zum Stadtzentrum.