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«Gib mir das Ding», sagte Wayland.

Raul grinste Vallon an. «Mit Wayland fahrt Ihr gut. Ich hab ihn mal den Bauch seines Hundes zusammennähen sehen. Die Naht war so fein, wie man es sich nur wünschen kann.»

«Das ist ja beruhigend.»

«Wasch dir die Hände», sagte Hero zu Wayland. «Und schrubb sie richtig.»

Wayland wusch sich die Finger, und Hero ließ ihn sich die Hände noch mit Desinfektionsmittel abspülen. «Die Stiche sollen einen Fingerbreit auseinanderliegen. Dann kann das Wundsekret abfließen.»

Wayland sah Vallon an. «Bereit?»

Vallon biss auf den Stock.

Wayland steckte die Nadel in den Muskellappen, zog sie mit dem Faden durch und stach sie durch den gegenüberliegenden Wundrand. Vallons Unterleib verkrampfte sich, und die Sehnen an seinem Hals traten hervor. Seine Stirn war schweißgebadet. Wayland beendete den ersten Nahtstich und sah ihn an.

«Mach weiter», sagte Raul.

Einundzwanzig Stiche waren notwendig, um die Wunde zu vernähen. Vallon holte keuchend Luft, drehte den Kopf hin und her, krallte sich mit den Fingern in den Boden, doch er verlangte keine Pause, bis die Operation beendet war.

«Fertig», sagte Hero.

Vallon spie den Stock aus, beugte sich zur Seite und würgte. Tränen liefen aus seinen Augen, sein Gesicht war beinahe schwarz. Japsend wie eine Frau in den Wehen richtete er sich auf, starrte auf seinen Nabel, schrie auf wie ein Kind und fiel zurück.

Hero legte eine Torfmull-Packung auf die Naht und bandagierte sie mit Leinenstreifen. «Ihr dürft Euch nicht bewegen, bis sich die Wunde verschließt. Und keine feste Nahrung, bevor ich es erlaubt habe.»

Vallons Lachen endete mit einem Schmerzenslaut. «Sehe ich so aus, als wäre ich hungrig oder voller Tatendrang?» Dann wich das Blut aus seinem Gesicht, und seine Lider begannen zu flattern. «Ich glaube, ich werde ohnmächtig.»

Als Vallon im Zwielicht wieder erwachte, saß Hero neben ihm.

«Wie fühlt Ihr Euch?»

«Schlecht. Krank. Als hätte mich ein Pferd in den Bauch getreten. Durstig.»

Hero gab ihm etwas Wasser. «Die Wikinger haben Eure Bedingungen angenommen.»

Vallon hörte fernes Gebrüll. Er wandte den Kopf und sah, dass sich die Bäume schwarz vor einem apokalyptischen Glühen abhoben.

«Das ist der Scheiterhaufen, auf dem Thorfinn verbrannt wird», sagte Hero.

Vallon hob die Hand.

«Ihr dürft Euch nicht bewegen.»

«Hilf mir, mich aufzusetzen.»

Die Wikinger hatten einen Scheiterhaufen von der Größe eines Hügelgrabs aufgebaut und ihren toten Anführer daraufgelegt. Gerade hatten die hoch auflodernden Flammen ihre Kraft voll entfaltet und brannten so wild, dass die Bäume um das Feuer im Aufwind schwankten. Funkensäulen schossen in den Himmel. Vallon beschirmte seine Augen mit der Hand. Als er seinen Blick konzentriert auf das Glutherz des Scheiterhaufens richtete, sah er den verkohlten Körper Thorfinn Wolfsatems, des letzten Wikingers.

XXXVI

Vallon tauchte aus Fieberträumen auf. Seine Wange lag auf einem weichen Kissen. Nach einer Weile wurde ihm bewusst, dass dieses Kissen der Busen einer Frau war. Sein Blick wanderte an dem mit Rundungen ausgefüllten Stoff aufwärts und erkannte ein milchweißes Gesicht mit kupferroter Umrahmung. Mit Mühe brachte er die Lippen auseinander. «Caitlin?»

«Nicht sprechen», sagte sie und wischte ihm die Stirn ab. «Du glühst vor Fieber.»

Vallon stellte fest, dass er unter einem Berg Felle und Pelze begraben worden war. Er triefte vor Schweiß, und sein Kopf dröhnte, als würde er gleich platzen. Erneut öffnete er mühsam die Lippen. «Wo ist Hero?»

«Er schläft. Er hat die ganze Nacht bei dir gewacht. Seit dem Kampf hat er kaum geschlafen.»

«Welche Nacht? Wie viele Tage sind inzwischen vergangen?»

«Drei. Das Fieber ist in der zweiten Nacht gekommen. Du hast im Wahn phantasiert.» Sie lehnte sich ein Stück weiter zurück, und er konnte sie besser sehen.

«Du hast dir das Haar abgeschnitten.»

Ihre Hand wanderte zu ihrem Kopf. «Es war unmöglich, es regelmäßig zu waschen, und von dem Gewicht habe ich Kopfschmerzen bekommen.»

«Ich habe Durst.»

Sie legte ihm den Arm um die Schultern und hielt ihm einen Becher an die Lippen. Ein wenig von dem Wasser lief durch seine Kehle, der Rest rann an seinem Kinn hinab. Er keuchte. «Mehr.»

Als er nichts mehr trinken wollte, hielt in Caitlin weiter in den Armen, seine Wange an ihre Brust gelegt. Schließlich ließ sie ihn vorsichtig auf sein Lager gleiten, und er sah Baumwipfel über sich vorbeiziehen.

«Ich bin schwach wie ein Kätzchen.»

«Du bist nur noch Haut und Knochen.» Caitlins Zeigefinger glitt über seinen Nasenrücken. «Schnabel und Kralle. Du siehst aus wie ein böser Geist.»

«Was macht meine Verletzung?»

«Sie heilt. Hero hat täglich den Verband gewechselt, und er ist mit der Entwicklung zufrieden.»

Das sagt er bestimmt nur, um alle zu beruhigen, dachte Vallon. «Hilf mir auf.»

«Du sollst dich nicht bewegen.»

Vallon griff nach dem Dollbord. «Ich will wissen, wo wir sind.»

Caitlin stützte ihn, sodass er sich aufsetzen konnte. «Die Wikinger sagen, wir sind kurz vor dem nächsten See.»

Hero lag zusammengerollt im Bug. Er wirkte so von Erschöpfung überwältigt, dass es Vallon einen Stich versetzte. Von ihnen abgesehen war das Boot leer. Alle anderen befanden sich an den Ufern und zogen das Boot an Tauen weiter. Etwas weiter voraus war das Langschiff der Wikinger. Sämtliche Farbe schien aus der Welt verschwunden. Graue Bäume, grauer Fluss, grauer Himmel. Vallon schoss der Gedanke durch den Kopf, dass er durch einen Übergang in die Unterwelt gezogen wurde.

Er ließ sich zurücksinken. «Ich sehe Wayland und Raul nicht.»

«Sie erkunden das Gelände vor uns. Drogo hat das Kommando übernommen, bis du wieder gesund bist.»

Vallon schloss die Augen. Caitlin war immer noch da, als er sie wieder aufschlug. «Was für eine Erleichterung, jemand anderen die Verantwortung tragen zu lassen.» Er seufzte. «Der Mensch sollte keine Angst vorm Sterben haben.»

Caitlin hielt ihm den Mund zu. «Sag nicht so etwas.»

«Ich muss mich den Tatsachen stellen. Bauchverletzungen heilen nicht.»

«Doch, das tun sie. Du wirst nicht sterben. Das erlaube ich dir nicht.»

Vallons müder Blick glitt über ihr Gesicht. «Du kannst nicht die Prinzessin sein. Die Prinzessin will meinen Tod.»

Caitlin wandte den Kopf ab. «Ich wünsche dem Mann, der den Tod meines Bruders gerächt hat, nichts Böses.»

Vallon dachte darüber nach. «Ich habe Helgi nicht gerächt. Ich habe um mein Leben gekämpft.»

Caitlins Blick kehrte zu ihm zurück. «Warum hasst du die Frauen?»

Darauf hatte Vallon keine Antwort. Hatte er in seinem Fieberwahn auf die Frauen geflucht? «Wie kommst du darauf? Ich habe meine Mutter verehrt, war meiner Schwester treu ergeben und überglücklich, als meine Tochter zur Welt kam.»

«Du hast deine Frau getötet.»

Nun musste sich Vallon zu allem Übel auch noch daran erinnern. «Ich habe sie auch geliebt.»

Caitlin sah ihm in die Augen. «Du hasst mich. Und das verstehe ich sogar. Ich bin zu stolz, zu leidenschaftlich.»

Selbst in seinem leicht benommenen Zustand fand Vallon, dass sie ein sehr merkwürdiges Gespräch führten.

«Ich hasse dich nicht», murmelte er. Am liebsten hätte er sich wieder in seine konfusen Träume geflüchtet.

«Du hast gesagt, ich hätte einen Hintern wie ein Pony.»

Das Bild von Caitlin, wie sie in dem Vulkansee badete, tauchte vor Vallon auf. Ihre weißen Brüste über dem unglaublich blauen Wasser, ihr dunkelrotes Haar wie ein Fächer auf der Oberfläche. Er lachte bei der Erinnerung, doch sofort hörte er wieder damit auf, griff sich an den Bauch und erbrach das ganze Wasser, das er gerade getrunken hatte.