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Wayland kam wieder auf die Beine und kämpfte sich wütend zwischen seinen Angreifern hindurch. Viele schreckten vor ihm zurück, schrien, als hätten sie es mit einer übernatürlichen Gewalt zu tun. Ein Mann war wie hypnotisiert, und Wayland stieß ihn zur Seite. Schließlich ließ er die Angreifer hinter sich, und der Hund tauchte hechelnd neben ihm auf, zwei Pfeile in seiner Lederrüstung und mit Blut vor dem Maul. Das Tier sah Wayland an, als wollte es sagen: «Und jetzt?»

Wayland zuckte zusammen. Vor ihm war eine Bewegung aufgetaucht. Eine Rentierherde. Hunderte Tiere, die wie Wasser in grauen und braunen Strömen davonjagten. Er hastete so schnell wie möglich weiter, um mit den Tieren Schritt zu halten. Eine halbe Meile weiter schwenkten die Rentiere nach rechts ab. Als die Nachzügler an ihm vorbeigaloppierten, wandte er sich nach links.

Bei einem Blick über die Schulter sah er keine Verfolger mehr. Die Rentiere hatten seine Spuren ausgelöscht. Vielleicht genügte den Lappen Rauls Tod als Rache, und die Verletzungen, die er einigen von ihnen beigebracht hatte, mussten ihre Kampflust stark gedämpft haben. Er verlangsamte seinen Schritt, betastete eine Stichwunde.

Da wirbelte der Hund herum. Wayland drehte sich um und sah eine Hundemeute auf sich zuhalten. Das Leittier war ein blassgrauer Wolf mit blauen Augen. Der Wolfshund griff ohne Zögern an, und der Hund stellte sich ihm entgegen und warf ihn in einem Knäuel aus Fell und gebleckten Zähnen zu Boden. Als sich der Hund aus der Verklammerung löste, bewegte sich sein Angreifer in unkontrollierten Zuckungen. Nun kamen die übrigen Tiere der Meute heran, doch statt Wayland anzugreifen, fielen sie über das verletzte Leittier her.

Schatten glitten hinter den Bäumen vorbei. Eine hundert Schritt lange Reihe Lappen. Waylands Hund rannte auf ihn zu, blutiger Speichel troff von seinen Lefzen. Die Lappen kamen bei der Hundemeute an und trieben sie mit Peitschen und Stiefeltritten auseinander.

Wayland unternahm keinen weiteren Fluchtversuch. Er pflanzte sein Schwert vor sich auf und machte seinen Bogen bereit. Der Hund knurrte. «Genug getötet», rief Wayland. Tränen der Wut und Machtlosigkeit verschleierten seinen Blick. «Bitte. Es tut mir leid, dass Raul ein paar von euren Leuten getötet hat, aber wir sind keine Sklavenhändler. Niemand jagt euch.»

Die Lappen wechselten Blicke, schöpften Mut aus ihrer enormen Überzahl und griffen wieder an. Wayland schoss und wartete nicht ab, um zu sehen, ob der Pfeil traf, bevor er hakenschlagend davonlief. Er rannte jetzt planlos durch den Wald, nahm immer nur die Richtung mit dem einfachsten Gelände. Der Lärm der Verfolger ebbte ab. Er rannte weiter.

Um zum Fluss zurückzukommen, musste er einen großen Bogen laufen. Er warf einen prüfenden Blick zum Himmel hinauf. Bald würde es dunkel werden. Er ließ sich in einen langsameren Trab fallen. Das Kettenhemd wog sicher dreißig Pfund, aber wenn er es nicht gehabt hätte, wäre er längst tot.

Er dachte gerade, er hätte sich in Sicherheit gebracht, als ihn der Anblick von Rentierspuren unvermittelt zum Stillstand brachte. War er im Kreis gelaufen? Nein. Es war die Spur der Herde, die das Zeltlager am Morgen verlassen hatte. Sie konnten nicht weit vor ihm sein. Sein Blick wanderte herum. Da wurde hinter ihm ein Horn geblasen, und dann, näher und vor ihm, wurde das Signal von einem zweiten Horn beantwortet. Gleich hätten sie ihn eingekreist. Wayland lief seitlich in den Wald.

Er konnte nur noch langsam traben, und in Sicherheit war er noch lange nicht. Die Lappen würden seine Spuren verfolgen, und sie würden alle Pfade beobachten, die zum Fluss führten. Wayland erreichte einen Sumpf, der seine Flucht in ein langsames, vorsichtiges Vorantasten verwandelte. Der triste Wolkenhimmel verriet nichts über die Richtung, in der die Sonne untergehen würde. Aus dem Flechtenbewuchs der Bäume schloss Wayland, dass er nordwärts ging.

Die Dämmerung wurde zur Dunkelheit und dann zu einer Nacht, wie sie schwärzer nicht sein konnte. Sogar als er sich von dem Hund führen ließ, entdeckte er keinen Weg zwischen den Tümpeln und Sumpflöchern. Als er zum dritten Mal bis zu den Knien eingesunken war, fand er sich damit ab, dass er warten musste, bis sich die Wolken verzogen hatten oder es hell wurde. Er tastete sich in ein Erlengebüsch und suchte sich ein trockenes Plätzchen. Irgendwo in den Wäldern wurde ein Handtrommel geschlagen. Aus einer anderen Richtung kam eine Antwort. Die Trommeln verkündeten ihre Botschaften, und dann schwiegen sie.

«Sie machen ihre Pläne für morgen», erklärte Wayland dem Hund.

Er teilte das Essen auf und richtete sich auf eine Nacht in dem Gehölz ein. Seine Kleidung war bis zur Taille feucht, und er fror erbärmlich. Das Kettenhemd sog ihm die Wärme aus dem Körper, und er zog es aus. Dann tastete er nach der Pfeilwunde an seiner Seite. Es war nur ein kleiner Stich, aber trotzdem schmerzhaft. Der Hund schob seinen Kopf auf Waylands Brust. Wayland ließ sein Gesicht auf das faltige Nackenfell sinken, strich dem Hund über die Ohren und flüsterte ihm ein Wiegenlied zu, das seine Mutter oft gesungen hatte.

Er verbrachte eine höllische Nacht und wachte zitternd vor Kälte aus einem unruhigen Halbschlaf auf. Es war immer noch stockdunkel. Er zwang sich aufzustehen und beugte und streckte sich, bis sein Kreislauf wieder in Gang kam. Er suchte am Himmel nach Spuren der Morgendämmerung. Als eine Krähe über ihm schnarrte, wusste er, dass es Zeit zum Aufbruch war. In seiner Zeit in den Wäldern hatte er gelernt, dass die erste Krähe in der Luft ein sicheres Zeichen für den heraufziehenden Tag war. Er streifte das Kettenhemd über und tastete sich dann, immer mit einer Hand den Hund festhaltend, durch den Sumpf. Wenn er eine Meile weit kam, bevor die Lappen ihre Verfolgung wiederaufnahmen, würden sie ihn wahrscheinlich nicht mehr einkreisen können.

Die Morgendämmerung stieg auf wie ein grauer Nebel, sodass er nicht feststellen konnte, aus welcher Richtung sie kam. Keine Spur von der Sonne, an der er sich hätte orientieren können. Vereinzelte Bäume hoben sich aus der Dämmerung. Nur die Bäume in seiner nächsten Nähe waren klar zu erkennen, alle anderen waren schemenhafte Phantome.

Als es hell wurde, suchte er immer noch seinen Weg durch das Moor. Mit seinen Schritten drückte er Wasser aus dem Boden und verursachte saugende Geräusche. Er blieb häufig stehen, um die Erde vor sich zu mustern, die wie ein Schwamm unter seinem Gewicht waberte. Einmal gab sie nach, und er versank bis zur Hüfte. Wenn der Hund nicht gewesen wäre, um ihn mit seinen Kräften zu unterstützen, hätte er sich wohl nie mehr aus dem Sumpfloch befreien können.

Schließlich begriff er, dass der Trick darin bestand, eher gleitend zu laufen und keine Stelle mit seinem vollen Gewicht zu belasten. Er begann sich schneller vorwärtszubewegen und sah bald Kiefern vor sich, die trockeneren Grund anzeigten. Als er darauf zulief, hallte der pfeifende Ruf eines Spechts durch die Stille. Wayland achtete nicht darauf, bis ein weiterer, schrillerer Vogelruf ertönte. Er blieb stehen und versuchte zu bestimmen, aus welcher Richtung die Geräusche gekommen waren. Dann schlug der erste Vogel wieder an, links und etwas hinter ihm. Der zweite Vogel antwortete, ebenfalls hinter Wayland, aber von rechts. Wayland hatte die Vögel schon einmal gesehen, die solche Rufe ausstießen. Sie waren doppelt so groß wie die Spechte, die er von zu Hause kannte, und ihre Rufe waren ihm vertraut. Allerdings hatte er sie nie in einem solchen Duett gehört. Beim dritten Austausch der Rufe wusste er, dass sie nicht von Vögeln stammten.

«Sie haben unsere Spur gefunden.»

Er hastete auf den sicheren Grund zu, während hinter ihm immer noch Signale ausgetauscht wurden. Als er auf einer Erhöhung angekommen war, musterte er die Umgebung. Er war am Vortag nicht an dieser Stelle vorbeigekommen, und auf dem Boden fanden sich weder menschliche Spuren noch Abdrücke von Rentierhufen. Er klopfte dem Hund auf den Hals. «Sieht so aus, als wären wir früher aufgestanden als sie.»