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«Als wir in Nowgorod angekommen sind, wollte Vasilis Verwalter die Falken kaufen. Sein Herr hat heute Abend dasselbe Interesse bekundet. Ich habe heute Nachmittag ein paar Preise eingeholt. In Rus wird eine Sklavin für einen Nogata verkauft. Das entspricht etwa zwanzig Pennies. Und was glaubst du, wie viel ein Gerfalke einbringt?»

«Doppelt so viel? Fünfmal so viel?»

«Ein Gerfalke kostet so viel wie zwanzig Sklaven. Mit dem Silber, das wir durch ihren Verkauf einnehmen würden, könnten wir genügend Sklaven kaufen, um uns huckepack nach Byzanz tragen zu lassen.»

«Vielleicht sagt das mehr über die Wertlosigkeit eines Menschenlebens in Rus aus als über den Wert eines Gerfalken. Aber ich habe Vasili beobachtet. Ich habe gesehen, wie es in seinem Kopf gearbeitet hat. Er hat erkannt, dass wir die Vögel nicht verkaufen werden, ganz gleich, wie viel Geld er uns bietet, aber er ist entschlossen, sie trotzdem an sich zu bringen.»

«Was bedeutet?»

«Fragt Euch doch selbst, warum Vasili uns so bereitwillig seinen eigenen Führer angeboten hat.»

«Als Dank dafür, dass wir seinen Brief mitnehmen.»

«Erst erzählt er uns, wir würden diese Reise auf keinen Fall überleben, und dann vertraut er uns Dokumente an? Das ergibt keinen Sinn.»

«Vielleicht sind sie ja nicht so wichtig. Und er weiß, dass wir zu der Reise entschlossen sind.»

«Aber was mich hat aufhorchen lassen, war, dass er sagte, hinter Nowgorod kämen wir in ein Niemandsland, in dem unser Verschwinden keiner Menschenseele auffallen würde. Und diese Geschichte über den Magier-Prinzen …»

«Es gelingt dir bestens, mir den Abend zu verderben.»

«Das tut mir leid. Es ist nur … Ich weiß nicht … Irgendetwas stimmt da nicht.»

Sie hatten die Tür zu ihrer Unterkunft erreicht. Vallon zog an der Klingelschnur und drehte sich zu Wayland um. «Wenn du eine böse Ahnung hast, wäre ich närrisch, sie nicht ernst zu nehmen.» Es gelang ihm nicht, sein Gähnen zu unterdrücken. «Aber im Moment kann ich nur noch an mein Bett denken.»

Die Straße zu den Griechen

XXXVIII

Vallon beendete in seiner Kammer gerade das Frühstück, als Hero den Kopf zu ihm hereinsteckte. «Hier stehen die Leute schon Schlange, um mit Euch zu sprechen.»

«Wer?»

«Eigentlich alle. Caitlin, Drogo, Garrick. Die meisten von den Wikingern.»

«Zuerst spreche ich mit Garrick. Hat Richard die Entlohnungen ausgerechnet?»

Hero legte zwei Börsen auf den Tisch. «Die hier gehört Raul. Und die hier ist für den alten Garrick.»

Vallon stand auf und wog die Beutel in der Hand, von denen einer ein Menschenleben aufwiegen sollte. «Armer Raul.» Er ließ die Börsen wieder auf den Tisch fallen und legte die Hand darauf. «Was würdest du sagen, wenn ich beschlossen hätte, unsere Reise zu beenden. Hier. In Nowgorod.»

«Jetzt aufgeben? Und was ist mit dem verlorenen Evangelium?»

«Es ist jetzt über ein Jahr her, dass Walter gefangen genommen wurde. Er könnte schon längst tot sein. Oder es könnte ihm gelungen sein, seine Freilassung auszuhandeln. Die Seldschuken sind Nomaden. Der Emir hat Walter möglicherweise nach Persien bringen lassen.»

«Dieselben Argumente hättet Ihr schon vor sechs Monaten anführen können.»

«Der Emir besteht darauf, dass die Falken bis zum Herbst geliefert werden. Jetzt haben wir Oktober, und der längste Teil der Reise liegt noch vor uns. Wahrscheinlich kommen wir erst nächstes Jahr am Hof des Emirs an, nachdem wir in den schlimmsten Wintermonaten unterwegs waren.»

«Herr …»

«Innerhalb einer Woche wäre ich beinahe gestorben, und wir haben Raul und den Hund verloren. Wären wir nicht zufällig auf die Jäger getroffen, hätte es für uns alle das Ende bedeutet.» Vallon sah auf. «Wir sind ans Rad des Schicksals gekettet, und ich spüre, wie es sich dreht.»

Hero sagte mit bebenden Lippen: «Ein ganzes Jahr Mühe und Anstrengung, und nun soll das alles umsonst gewesen sein? All die Entbehrungen – für nichts?»

«Für mich ist unser Überleben sehr viel mehr als nichts.»

Hero holte tief Luft. «Und was ist mit dem Eid, den Ihr in der Kapelle geschworen habt?» Dann senkte er den Blick und fügte hinzu: «Ich habe gehört, wie Ihr geschworen habt, die Reise zu vollenden, ganz gleich, wie lang oder wie gefährlich sie würde.»

Vallon winkte müde ab. «Ich werde meine Seele nicht retten, indem ich das Leben meiner Reisegefährten aufs Spiel setze.»

Hero schwieg einen Moment. Dann sagte er: «Was werdet Ihr jetzt tun?»

«Bis zum Frühling hierbleiben und dann meine Reise nach Konstantinopel fortsetzen.»

«Und was heißt das für die Übrigen?»

«Mit dem Geld für unsere Waren bekommt jeder genügend, um einen Neuanfang zu machen.»

«Und wo? Wayland und Richard können nicht nach England zurück. Ich bin der Einzige, der ein Zuhause hat.»

Vallon setzte sich. «Du bist also zur Weiterreise entschlossen.»

«Ja, und Richard und Wayland teilen meine Entscheidung. Aber nur, wenn Ihr uns anführt.»

Vallon lächelte traurig. «Du bist auf unserem gemeinsamen Weg zum Mann geworden Hero. Ich dagegen bin einfach nur alt geworden.»

«Unsinn. Ihr seid noch geschwächt von der Verwundung. Eine Woche Erholung wird Eure körperlichen Kräfte wiederherstellen und Eure Lebensgeister wecken.»

«Wir haben aber keine Woche. Wenn wir weiterfahren, müssen wir es so bald wie möglich tun.»

«Wann immer Ihr es befehlt.»

«Bist du sicher?»

«Ganz sicher.»

Vallon musterte ihn noch einen Moment, dann sprang er auf. «Also gut. Wir sollten Garrick nicht warten lassen.»

Als der Engländer eingetreten war, griff Vallon nach seinen beiden Händen. «Nun werden sich unsere Wege also trennen. Ich werde dich vermissen, Garrick. Du warst ein treuer Gefährte.»

«Ihr werdet mir auch fehlen, Herr, und auch alle meine anderen Freunde. Wenn ich es Raul nicht versprochen hätte, könnte ich es wohl nicht ertragen, mich von euch allen zu trennen.»

«Wenn du die Entscheidung nicht getroffen hättest, dann hätte ich es für dich getan.» Vallon nahm eine der Börsen. «Das ist für Rauls Familie.» Dann hielt er Garrick den zweiten Beutel hin. «Und das ist für dich.»

Garrick starrte das Geld an. «Das kann ich nicht annehmen. Die Hälfte wäre noch zu viel.»

«Ich bin derjenige, der deine Arbeit zu beurteilen hat. Nimm es, um das kleine Gehöft zu kaufen, vom dem du mir erzählt hast. Es wird mir Freude machen, mir vorzustellen, wie du deinen eigenen Grund und Boden bebaust. So, kein Wort mehr. Hast du dich um deine Rückfahrt gekümmert?»

«Ich fahre mit den Isländern. In einer Woche legt ein Schiff Richtung Schweden ab.»

«Dann werden wir schon fort sein. Pass auf das Geld auf und erzähle niemandem davon.» Vallon ging mit Garrick zur Tür. «Wir sagen uns erst Lebewohl, wenn es so weit ist. Könntest du nun Lady Caitlin zu mir hereinbitten?»

Vallon wusste nicht recht, wie er ihr gegenüber treten sollte. Auch Caitlin schien merkwürdig unsicher, als sie mit niedergeschlagenen Augen in die Kammer trat. «Kann ich allein mit dir sprechen?»

Auf Vallons Nicken ging Hero hinaus und zog die Tür hinter sich zu. Vallon räusperte sich. «Wie ich gehört habe, hast du eine Passage Richtung Westen gebucht.»

«Ich gehe nicht nach Norwegen.»

Vallon runzelte die Stirn. «Aber deine Hochzeit …»

«Wird nicht stattfinden. Ich habe Island als Dame von hohem Stand verlassen.» Caitlin strich sich übers Haar, als wollte sie ihren Statusverlust an der Länge ihrer Zöpfe abmessen. «Ich werde nicht als bedürftiges Frauenzimmer nach Norwegen gehen. Davon abgesehen war ich von dieser Verbindung ohnehin nie überzeugt.»

«Also wirst du nach Island zurückkehren.»