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Syth öffnete die Augen. Ihr Blick war fast entrückt. «Hör nicht auf.» Sie schlang ihre Beine fester um ihn. «Nicht aufhören.»

Vallon stapfte am Ufer auf und ab und warf ungeduldige Blicke zu der Weide hinauf. Da drang ein langgezogener Schrei über den Fluss, und die beiden Isländer rannten vom Waldrand zu dem Kanu. Vallon legte stöhnend den Kopf in die Hände. Dann sah er wieder auf. «Alles in die Boote. Haltet die Waffen bereit.»

Als Tostig und Olaf in das Kanu sprangen und sich vom Ufer abstießen, tauchten zwischen den Bäumen hinter ihnen Reiter auf. In gemächlichem Passgang ritten sie den Abhang herunter, als wären sie auf einer Landpartie. Ihr Anführer winkte zum Gruß, kein bisschen überrascht davon, auf bewaffnete Männer zu treffen. Er ritt ans Wasser.

«Die Träger laufen weg!», rief Richard.

Ivanko und seine Männer hasteten die Wiese hinauf und warfen dabei ängstliche Blicke über die Schulter.

Drogo beobachtete, wie sich die Reiter am anderen Ufer aufreihten. «Wir können weg sein, bevor sie hier drüben sind.»

«Nicht ohne Wayland und Syth. Weiß Gott, was sie aufhält. Das Warnsignal soll geblasen werden!»

Er fluchte. Die beiden waren nicht da, und die Zeit wurde immer knapper. Die fremden Reiter tasteten sich durch die Furt, das Wasser stand ihren Pferden schon bis zu den Bäuchen. Alle waren bewaffnet, die meisten trugen auch Bögen. Eine zusammengewürfelte Hundemeute paddelte hinter den Pferden her.

«Vielleicht ist es nur eine Jagdgesellschaft», sagte Richard.

Vallon trat einen Erdklumpen vor sich her. «Die den Fluss ganz zufällig an genau der Stelle überquert, an der wir ablegen wollen?»

Als die beiden Isländer mit dem Kanu bei ihnen waren, hatte der russische Reiterzug die Mitte des Flusses erreicht. An der Spitze ritt ein rotgesichtiger, gedrungener Mann, dessen Schädel bis auf eine Schläfenlocke kahlrasiert war. Er trug eine ärmellose Bärenfellweste über einem Leinenkittel, und seine Füße steckten in grünen Ziegenlederschuhen. Er lehnte sich zurück, als sich sein Pferd die Uferschräge hinaufarbeitete. Dann ließ er die Zügel locker, kreuzte die Unterarme auf dem Hals des Tiers, grinste in die steinernen Mienen der Männer vor ihm, und verbeugte sich übertrieben vor den Damen. Von einem seiner Ohren hing eine große Perle herab, die in filigrane Silbertropfen eingefasst war. «Ich grüße euch, Brüder und Schwestern. Was haben wir denn hier? Einen Händlerzug. Ich kann es kaum glauben. Warum seid ihr denn so spät im Jahr auf Fahrt?»

«Du sprichst Nordisch.»

«Aber gewiss. Ich besuche häufig den Handelsplatz der Waräger in Gnezdovo bei Smolensk. Es erstaunt mich, dass ihr nicht dort entlanggereist seid. Der Weg ist viel einfacher als der, den ihr euch ausgesucht habt. Oder habt ihr euch verirrt? Habt ihr denn keinen Führer?» Er legte dich Hand auf sein Herz. «Mein Name ist Gleb Malinin.»

«Was führt dich hierher?»

«Wir jagen Tur. Wie nennt ihr sie? Auerochsen.» Er deutete auf die Hufspuren. «Sie müssen gestern Abend über den Fluss gekommen sein. Ich wollte schon immer einen Trinkbecher aus dem Horn eines Auerochsen haben.»

«Wir sind schon eine Weile hier und haben keinen einzigen Auerochsen gesehen. Du wirst schnell weiterreiten müssen, wenn du sie noch einholen willst.»

Gleb warf einen anerkennenden Blick auf die Wiese. «Ihr habt euch eine gute Stelle ausgesucht. Das ist saftiges Gras. Wir sitzen schon seit heute morgen in den Sätteln und könnten eine Rast vertragen.» Er klopfte sich auf die tropfnassen Hosen. «Wenn es euch nichts ausmacht, essen wir hier etwas.»

Er drückte seinem Pferd die Fersen in die Flanken, und seine Leute ritten ihm grinsend nach. Etwa hundert Schritt entfernt saßen sie ab und banden ihre Pferde und Hunde an einen Baumstamm, den der Fluss bei einem Hochwasser auf die Wiese geschwemmt hatte. Ein paar von ihnen begannen, tote Zweige für ein Lagerfeuer abzubrechen. Als Gleb seine Anordnungen erteilt hatte, schlenderte er in Vallons Richtung zurück.

«Sie sind doppelt so viele wie wir», sagte Drogo. «Am besten schlagen wir zuerst zu.»

«Beherrsch dich lieber. Er könnte schließlich auch die Wahrheit sagen.»

Gleb lächelte Vallon an. «Das Essen ist schnell fertig. Bitte teile Brot und Salz mit uns.»

«Danke, aber wir haben schon gegessen. Ich will noch vor Sonnenuntergang ein gutes Stück den Fluss hinunter. Du hättest diese Wiese leer vorgefunden, wenn alle meine Leute schon zurück wären. Ich habe zehn Männer zum Jagen in den Wald geschickt. Du hast wahrscheinlich das Hornsignal gehört, mit dem wir sie zurückgerufen haben.»

Gleb sah höflich zum Wald hinüber und ließ seinen Blick dann über den kleinen Bootskonvoi wandern. «Dreißig Männer in diesen kleinen Booten. Mein Freund, ich mache mir Sorgen um dich. Du wirst nie in Kiew ankommen, wenn die Boote so schwer beladen sind.»

Vallon ballte die Fäuste an den Oberschenkeln. Wo zum Teufel waren Wayland und Syth?

Sie lagen sich im Halbschlaf in den Armen, und Syth drehte eine Locke von Wayland um ihren Zeigefinger. Über ihnen jagten sich zwei Eichhörnchen im Geäst einer Kiefer. Sie vollführten irrwitzige Sprünge und stoppten dann urplötzlich, als würde sie ein Magnet an die Äste bannen.

«Wach auf.»

Wayland stützte sich auf die Arme und spähte über den Baumstamm. «Die Auerochsen sind weg.»

Syth schüttelte sich vor unterdrücktem Lachen. «Ich frage mich, wovor sie sich erschreckt haben.»

Wayland lehnte sich gegen den Stamm, und Syth legte ihren Kopf in seinen Schoß.

Sie seufzte. «Caitlin ist wunderschön, findest du nicht auch?»

«Nicht halb so schön wie du.»

Syth tippte ihm an die Nasenspitze. Wieder seufzte sie. «Was würde ich für ihre großartigen Locken geben.»

Wayland richtete sich etwas auf. «Warum redest du immerzu von ihr? Man wird überhaupt nicht klug aus ihr. Du magst sie doch bestimmt nicht.»

«Sie ist nicht so schlecht, wenn man sie erst einmal kennengelernt hat.»

«Sie macht nur Ärger. Ich verstehe nicht, warum Vallon sie mitkommen lässt.»

«Sie ist in ihn verliebt.»

Wayland fuhr auf. «In Vallon? Aber sie hat versucht, ihn umzubringen!»

«Liebe und Hass liegen nicht so weit auseinander, wie du vielleicht denkst.»

«Wer hat dir denn das erzählt?»

«Niemand. Aber manchmal, wenn du deine Launen hast oder mich wegen der Falken vernachlässigst, werde ich böse auf dich, und dann begehre ich dich am meisten.»

«Caitlin wird bei Vallon überhaupt nichts erreichen. Nach der Erfahrung mit seiner Frau glaube ich nicht, dass es noch einmal einer gelingt, zu seinem Herzen vorzudringen.»

«Sei nicht so sicher. Er ist nicht so schrecklich, wie ich zuerst dachte, und mit der Liebe weiß man nie.»

Drei drängende Töne ließen sie auseinanderfahren. «Das ist der Alarm!» Wayland sprang auf und suchte seinen Schuh. Ein Dorn bohrte sich in seine Fußsohle. «Mist!» Er packte Syth an der Hand und zog sie hinter sich her. Sie stemmte sich dagegen.

«Wir werden in die Auerochsenherde hineinlaufen.»

Wayland starrte in Richtung Fluss. Er war weniger als eine Meile entfernt. Sein Blick zuckte auf der Suche nach einem anderen Weg herum. «Wir verlieren zu viel Zeit, wenn wir um sie herumgehen.» Er nahm Syth fest an der Hand und eilte geradeaus.

«Wayland!»

«Wir treiben sie vor uns her. Ich weiß nicht, was am Fluss passiert, aber ein Ablenkungsmanöver nutzt vielleicht sogar etwas. Du bleibst auf der rechten Seite hinter mir. Wenn du mich rufen hörst, dann schrei, so laut du kannst, und hör nicht auf damit. Und schlag mit einem Stock gegen die Bäume. Mach so viel Aufruhr wie möglich.»

«Und was ist, wenn sie uns angreifen?»