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«Was in Dreiteufels…»

Zwischen den Bäumen brach eine brüllenden Auerochsenherde hervor. Angeführt wurde sie von einem gigantischen schwarzen Bullen, der geradezu über die Erde zu fliegen schien. Sie strömten die Wiese herab, wild entschlossen, die Furt zu erreichen. Gleb starrte Vallon fassungslos an, dann rief er einen Befehl und rannte zu den panischen Pferden.

«Rudern!»

Vallons Boot hatte schon vom Ufer abgelegt. Richard und Hero zogen ihn an Bord, und als er sich umdrehte, sah er, dass die Auerochsen die Hälfte der abschüssigen Wiese hinter sich hatten, während die Russen immer noch damit beschäftigt waren, ihre Pferde loszubinden. Einige begriffen, dass sie es nicht rechtzeitig schaffen würden, und begannen, zu Fuß zu flüchten. Anderen gelang es, ihr Pferd loszubinden, doch sie konnten nicht mehr aufsteigen. Zwei Männer hielten Glebs Pferd lange genug fest, damit er in den Sattel kam, doch die Auerochsen waren schon fast bei ihnen. Ein Russe stellte sich ihnen armeschwenkend in den Weg – ein sinnloser Versuch, die Herde umzulenken. Er wurde wie eine Kegelfigur niedergetrampelt. Glebs Pferd drehte sich und bäumte sich auf. Er schlug mit der Peitsche auf das Tier ein und nahm die Zügel kürzer. Einer seiner Füße war aus dem Steigbügel gerutscht. Der schwarze Bulle hielt geradewegs auf Ross und Reiter zu und rammte sein Horn durch Glebs Oberschenkel bis tief in den Pferdeleib hinein. Dann hob er Pferd und Reiter vom Boden und schleuderte sie zur Seite wie Puppenkörper. Vallon sah einen Mann vom Pferd springen, nur um vor den Hufen einer Auerochsen-Kuh zu landen, die ihn einfach zur Seite fegte, wo er mit verdrehten Gliedern liegen blieb. Ein Jungbulle kam mit wilden Sprüngen die Wiese herunter und zerschmetterte einem Mann mit dem Hinterhuf das Gesicht. Es herrschte vollkommenes Durcheinander. Brüllende Auerochsen, wiehernde Pferde, schreiende Männer, kläffende Hunde.

Der alte Bulle rannte in vollem Galopp in den Fluss und teilte das Wasser in zwei hohe Wellen, die sich wie Flügel zu seinen Seiten türmten. Beinahe die gesamte Herde folgte ihm, und einige Tiere preschten gefährlich nahe an den Booten ins Wasser und ließen Gischt auf die Insassen regnen.

«Rudert ans andere Ufer!», schrie Vallon.

«Was ist mit Wayland?»

«Macht euch um den keine Sorgen. Er ist derjenige, der diesen Sturm entfacht hat.»

Bis die Ruderer ihren Rhythmus gefunden hatten, saßen einige der Russen wieder in den Sätteln und nahmen die Verfolgung auf. Vom Pferderücken aus versuchten sie, Vallons Boote mit Pfeilen zu treffen. Ein paar Männer galoppierten zum Ende der Wiese, um besser zielen zu können, wenn die Boote vorbeikämen. Jeder Ruderschlag brachte die Boote weiter über den Fluss, und als sie auf der Höhe der Bogenschützen ankamen, war die Reichweite der Pfeile zu kurz. Am Ende der Wiese stand dichter Schilf bis ans Flussufer, sodass eine Verfolgung sehr schwierig war. Langsam wurden die Rufe hinter ihnen schwächer.

«Rudern einstellen», befahl Vallon. «Das Horn blasen.»

Dreimal ertönten die Klänge, bis am Ufer zwei hastende Gestalten auftauchten. Vallon fuhr zu ihnen hinüber. Wayland und Syth wateten ins Wasser und kletterten an Bord. Ihre Kleider waren verdreckt und zerrissen, ihre Haut von Gestrüpp zerkratzt und blasig von Nesseln. Sie setzten sich nebeneinander und rangen keuchend um Atem.

«Wo zum Teufel wart ihr? Warum seid ihr beim ersten Signal nicht gekommen?»

«Ich habe es nicht gehört», sagte Wayland.

«Nicht gehört? Was hast du denn getrieben?»

Syth biss sich auf die Faust, um ihr Lachen zu unterdrücken. Vallon und Hero wechselten einen Blick, nur ihre Augen bewegten sich, dann kamen sie gleichzeitig zu derselben Schlussfolgerung und starrten in die Ferne, als hätten sie dort soeben etwas unglaublich Interessantes entdeckt.

XL

Vallon quälte sie wie Galeerensklaven, die Frauen genauso wie die Männer. Über Nacht legten sie in einem Seitenarm des Flusses an, und noch bevor sie richtig wach waren, mussten sie schon wieder an die Riemen. Nur die Wikinger waren dieser Anstrengung gewachsen. Das Rudern war ihre Lebensaufgabe, und ihre Hände waren so schwielig wie Hundepfoten.

Für alle anderen war es mehr, als Muskeln und Gelenke verkraften konnten. In Richards Rücken riss irgendetwas, sodass er nur noch einhändig rudern konnte. Hero fuhr auf, als Vallon seinen Namen rief, und ihm wurde klar, dass er im Schlaf gerudert war. Beim Dunkelwerden humpelten sie an Land, die Hände zu Klauen gebogen und die Rücken so steif wie Plankenbretter. Jede Bootsbesatzung kochte für sich. Gelegentlich klangen vom Lagerfeuer der Wikinger ein paar Gesprächsfetzen oder ein Lachen herüber, doch alle anderen schwiegen. Wayland und Syth hielten Wache am Ufer. Hero und Vallon saßen ermattet am Feuer.

Da tauchte Drogo aus der Dunkelheit auf. Er zog Asa, Caitlins Magd, hinter sich her. «Zeig’s ihm.»

Das Mädchen hielt Hero wimmernd ihre Hände hin. Als er die Verbände abgewickelt hatte, sah er, dass ihre Handflächen mit Blutblasen übersät waren und sich die Haut in Fetzen abschälte. Er hielt sie an den Handgelenken fest. «Sehen die Hände deiner Herrin genauso schlimm aus?»

Asa nickte mit Tränen in den Augen.

Vallon sah nicht einmal auf. Er schob sich nur einfach weiter Essen in den Mund. «Ich habe ihr vorher gesagt, dass es kein Spaziergang wird.»

«Es besteht kein Grund, dass wir uns so beeilen», sagte Drogo. «Sie werden uns nicht verfolgen, nicht, nachdem Gleb tot ist. Sie haben ja nicht einmal Boote.»

Vallon sah ihn aus rotgeäderten Augen an. «Sie können sich in Smolensk Boote besorgen. Wir haben höchstens drei Tage Vorsprung, und wir sind noch mindestens zwölf Tage von Kiew entfernt.»

«Aber du wirst morgen um diese Zeit nur noch ein paar Krüppel befehligen, wenn du uns weiter so antreibst.»

Hero unterbrach die beiden. «Ich behandle deine Hände mit Salbe», erklärte er Asa.

Das Mädchen konnte kaum älter als zwölf Jahre sein. Er trug eine Salbe aus Lanolin und Seetang auf ihre Handflächen auf. Als sie gegangen war, sah er Vallon an. «Drogo hat recht. Richard kann vor Schmerzen nicht schlafen.» Er hob seine eigenen aufgescheuerten Handflächen hoch. «Und ich kann kaum einen Becher halten, von einem Riemen ganz zu schweigen.»

Vallon starrte in die Flammen. «Glaubst du etwa, mir geht es gut?»

«Das macht es nur schlimmer. Eure Wunde könnte wieder aufplatzen.»

«Wir müssen uns beeilen. Mein Albtraum ist, dass die Russen nachts an uns vorbeifahren. Stell dir nur vor, wir kommen um eine Flusskehre und sie warten schon auf uns.»

«Nein, das werden sie nicht. Nicht, wenn Wayland die Flusswache übernimmt. Ich meine es ernst, Herr. Noch einen Tag wie heute, und wir sind zu gar nichts mehr zu gebrauchen.»

Als Vallon nicht antwortete, stand Hero auf, streckte sich und stemmte die Fäuste in den unteren Rücken. Dann zog er die Schultern gegen die Kälte hoch und machte sich auf den Weg in die Dunkelheit.

«Behandelst du Caitlins Hände?», sagte Vallon.

«Ich will gerade zu ihr.»

«Danke. Du wirst einmal ein guter Arzt, falls du diese Reise überlebst.»

Nebel driftete von den Hügeln herab, als sie sich am nächsten Morgen am Flussufer versammelten. Das Licht wurde vom Dunst verschluckt, warf keine Schatten und ließ alle Umrisse diffus erscheinen. Auf dem Wasser lag ein bleifarbener Glanz. Der wilde Schrei eines Fischadlers hing noch lange in der Stille.

Die meisten sahen mit dumpfer Abscheu zu den Booten hinüber, während die Wikinger lachend und scherzend in ihres sprangen.

«Wulfstan», rief Vallon. «Heute fahren wir in zwei Booten. Teile deine Leute zwischen ihnen auf.»

Wulfstan gab seinen Männern einen Befehl. Die Wikinger stiegen widerwillig aus ihrem Boot.

Sie legten ab. Vallon gestattete Richard, seinen Riemen wegzulegen und sich zu erholen. Mit hochgezogenen Augenbrauen fragte er Hero: «Besser?»