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Es kam immer näher. Knirsch-knarr, knirsch-knarr. Ich ging schneller, dann noch schneller, aber es hielt sich immer ein paar Schritte hinter mir. Hauptmann, ich habe in vielen Schlachten gekämpft, und ich schwöre, dass ich niemals vor dem Feind davongelaufen bin, aber dieses Ding, das mir an den Fersen klebte, jagte mir mehr Angst ein, als jeder sterbliche Mann mit einem Schwert oder einer Lanze es könnte. Dann gingen mir die Nerven durch, das gebe ich gerne zu, und ich begann so schnell zu rennen, wie ich es nur vermochte. Aber ganz gleich, wie schnell ich rannte, ich entkam dem Ding nicht. Ich hörte, wie es mit mir Schritt hielt, wie es näher kam, wie es wütend keuchte, und ich spürte seinen Atem im Nacken.

Und genau in dem Moment, in dem ich glaubte, es würde mich mit seinen Klauen packen, sah ich ein Feuer zwischen den Bäumen vor mir. Ein Holzfällerlager. Ich hetzte darauf zu, als wäre der Leibhaftige hinter mir her, was er ja wohl auch war, und dann ließ ich mich bei dem Feuer zu Boden fallen und faselte wie ein Schwachkopf vor mich hin. Der alte Holzfäller, Gott segne ihn, schaute auf mich herunter, und dann schaute er hinter mich, und zog ein sehr eigenartiges Gesicht.

‹Was ist es?›, schrie ich.

Langsam hob er seine knochige Hand und deutete hinter mich. Ich drehte mich kriechend um. Und dann sah ich es.»

«Was?», fragte Vallon, der immer noch den Wald beobachtete.

Raul blieb stehen, fiepende Töne kamen aus seinem Mund, so sehr wurde er von Gelächter geschüttelt. «Ein Tau, das sich aus meinem Bündel gelöst hatte und hinter mir herschleifte.»

Vallon lachte nicht und blieb auch nicht stehen. «Raul, du bist ein betrunkener Prahlhans.»

«Wartet. Es geht noch weiter.»

Vallon packte ihn am Arm. «Ich habe einen Schrei gehört.»

Raul musterte aufmerksam die Umgebung. «Wahrscheinlich ein Fuchs.»

Vallon drehte sich um. «Wayland kommt nicht. Wir müssen einen Weg durch diesen Wald finden.»

«Ohne Wayland laufen wir nur im Kreis. Schlagen wir ein Lager auf und gehen weiter, wenn es hell wird.»

Vallon spürte Wut in sich aufsteigen. «Was glaubt dieser dumme Kerl eigentlich? Wenn das eine richtige Kompanie wäre, würde ich ihn wegen Desertion aufhängen lassen.»

Raul legte ihm die Hand auf den Arm. «Kommt, Hauptmann, ich suche uns einen Lagerplatz.»

«Herr», sagte Hero und deutete den Weg entlang.

In einiger Entfernung nahm Vallon eine Bewegung wahr. Er zog sein Schwert. «Sucht Deckung im Wald.»

Sie stürzten zwischen die Bäume. Raul ließ sich auf ein Knie nieder und hob die Armbrust. Vallon behielt den sich nähernden Umriss im Blick. Schließlich sagte er: «Es ist Wayland. Wayland mit seinem Hund.»

Raul schlug ihm auf die Schulter. «Ich kann’s nicht leugnen, Hauptmann. Ich fühle mich wohler, wenn er bei uns ist. Wenn dann nämlich irgendwer denkt, er könnte uns überraschen, muss er viel früher aufstehen.»

«Er hat jemanden bei sich», sagte Hero.

«Das ist der Junge aus dem Gasthaus», sagte Vallon. Er sah in die andere Richtung den Weg entlang. «Bleibt in Deckung.»

Bei ihnen angekommen, blieb Wayland stehen. Er hatte den Jungen mit einem Strick an das Halsband des Hundes gebunden. Über seiner Schulter hing ein zerfetztes, mit Blattwerk und Zweigen übersätes Kleidungsstück.

«Raul, stell fest, was los ist.»

Vallon überwachte den Weg, während der Deutsche anfing, Fragen an Wayland zu stellen und seine Gesten zu deuten.

Als Raul zu Vallon zurück kam, war er tiefernst. «Ihr hattet recht, Hauptmann. Ein Stück weiter vorn lauern uns bei einer alten Eiche sieben Halsabschneider auf. Es waren noch zwei mehr, aber um die hat sich Wayland gekümmert.»

«Hat er sie getötet?»

«Der Hund hat einen getötet. Den anderen hat er an einen Baum gefesselt.»

«Er hätte ihn auch umbringen sollen.»

«Ich weiß, aber der Kerl hat eben manchmal ein zu weiches Herz.»

«Und welche Rolle spielt der Junge bei der ganzen Sache?»

«Er ist uns nachgeschlichen, um Bescheid zu sagen, falls wir irgendwo im Wald ein Lager aufgeschlagen hätten. Sein Vater ist der Anführer. Die Banditen in dieser Gegend lernen ihre Kinder ziemlich früh an.»

«Was machen wir jetzt?», flüsterte Hero.

«Wayland weiß, wo sie im Hinterhalt liegen», erklärte ihm Raul. «Wir sind längst über alle Berge, wenn ihnen auffällt, dass wir einen anderen Weg genommen haben.»

Vallon sah den Falkner an. «Kannst du uns um die Falle herumführen?»

Wayland warf einen zweifelnden Blick auf Hero und Richard.

«Das schaffen sie jetzt nicht», sagte Raul. «Sie sind halb tot vor Schlafmangel.»

«Dann sind sie bald ganz tot. Wir müssen vor Tagesanbruch aus dem Wald heraus sein.»

Wayland deutete auf den Jungen, dann auf den Hund, und anschließend machte er eine streichende Bewegung den Weg hinunter. Dann deutete er auf die Flüchtenden und machte noch einmal die gleiche Geste.

Vallon runzelte die Stirn. «Ich glaube, er will sagen, dass wir auf dem Weg weitergehen und den Jungen als Geisel benutzen sollen.»

Nun deutete Wayland auf sich selbst, dann auf die Bäume, und beschrieb mit der Hand einen Halbkreis, um anzuzeigen, dass er einen Bogen durch den Wald schlagen würde, um den Banditen in den Rücken fallen zu können.

Vallon sah den Jungen an. «Finde heraus, wie sein Vater heißt.»

Als Raul auf ihn zuging, wich der Junge so weit zurück, wie es der Strick zuließ, und atmete flach und hörbar durch die Nase. Raul packte den Jungen am Kragen und hob ihn vom Boden. «Sag uns, wie dein Vater heißt, du kleiner Mistkäfer.»

Der Junge würgte eine Silbe hervor.

«Was war das? Ash? Hast du Ash gesagt?»

Der Junge ruckte mühsam mit dem Kopf auf und ab. Raul stellte ihn wieder auf die Füße. «Klang wie Ash.»

Wayland nickte.

Vallon musterte den dunklen Weg. «Wie viele Reisende hier wohl schon den Tod gefunden haben?», sagte er. Dann wandte er sich an Raul. «Ich finde, wir sollten Ash ein bisschen von den Schrecken zurückgeben, die er so großzügig verteilt hat.»

Auf die Banditen, die bei der Eiche auf der Lauer lagen, mussten sie wie eine Erscheinung aus dem Märchen wirken. Der Junge saß rittlings auf dem riesenhaften Hund, Vallons Schwertklinge ruhte glitzernd auf seiner Schulter, und die Übrigen scharten sich dicht um die beiden.

Einen Pfeilschuss von der Eiche entfernt blieben sie stehen.

«Ash?», rief Raul. «Ash? Deine Augen trügen dich nicht. Das ist dein Sohn auf dem Hund, und er wird ihn genauso erbarmungslos zerfleischen, wie er Siwards Kehle zerfleischt hat. Leofric ist auch tot. Der Wolfsjunge hat ihn getötet. Willst du wissen, wo der Wolfsjunge steckt? Er ist näher bei dir, als du denkst. Er beobachtet dich. Er trägt den Umhang und die Kapuze deiner eigenen Leute. Sieh dir genau an, wer neben dir steht. Sieh ganz genau hin. Bist du sicher, dass du wirklich weißt, welchen Mann du vor dir hast? Bist du sicher, dass es überhaupt ein Mann ist? Der Wolfsjunge kann sich nämlich in jede Gestalt verwandeln. Und jetzt hör genau hin.»