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«Recht und schlecht. Wenn es hell ist, können wir uns besser einrichten.»

Vallon gab die Schale zurück, lehnte sich an den Vordersteven und sah zu den Sternen hinauf.

Hero drehte die Schale in den Händen. «Glaubt Ihr, dass wir nun Ruhe vor Drogo haben?»

Vallon lachte rau. «Wir sind wie ein Knochen, der ihm im Hals steckengeblieben ist. Er wird keine Ruhe geben, bis er ihn ausgespuckt hat.» Vallon musterte Hero genau. «Du hast gehört, was er über mich gesagt hat.»

«Seine Beleidigungen interessieren mich nicht.»

«Er hat die reine Wahrheit gesagt.» Vallon rutschte ein Stück zur Seite. «Setz dich. Vor uns liegt ein langer Weg, und du sollst ruhig erfahren, was für ein Mann es ist, der euch dabei anführt.»

Hero zitterte. Vallon zog eine Decke über ihn. Eine Weile saßen sie nur so da, das Schiff schaukelte über die Wellen, Snorri stand im Halbschlaf am Ruder, die Übrigen lagen schlafend über das Deck verstreut.

«Ich werde dich nicht mit einer langen Geschichte ermüden», sagte Vallon. «Meine Familie stammte aus niederem Adel und besaß eine kleine Landschenkung von Wilhelm, dem Herzog von Aquitanien und Grafen von Poitiers. Ich war an seinem Hof Page und habe im Alter von siebzehn Jahren unter seiner Fahne in meiner ersten Schlacht gekämpft. Ich habe mich gut gehalten und bin aufgestiegen. Meine Beförderung zum Hauptmann, noch bevor ich zwanzig war, hat bei einigen Rittern von edlerer Geburt zu Verstimmungen geführt. Ich habe meinen Feldzug in Spanien vor neun Jahren angetreten, da war ich einundzwanzig.»

Hero musste seine Überraschung irgendwie verraten haben.

«Du hast mich für älter gehalten», sagte Vallon. «Du wirst gleich erfahren, was mir diese Falten ins Gesicht geätzt hat. Aber zunächst noch einmal zurück zu dem Feldzug in Spanien. Der Papst hatte zu einem Kreuzzug gegen die Mauren aufgerufen. Wilhelm war einer von mehreren Adligen aus dem Frankenreich, die dem Aufruf gefolgt sind. Nachdem wir uns mit unseren spanischen Verbündeten zusammengeschlossen hatten, belagerte unsere Armee die Stadt Barbastro im muslimischen Königreich Lerida. Nach vierzig Tagen eroberten sie die Stadt. Ihre Bewohner wurden niedergemetzelt oder versklavt. Ich selbst habe an diesem Blutvergießen nicht teilgenommen – aber nur, weil ich losgeschickt worden war, um einen möglichen Gegenangriff aus Saragossa abzuwehren. Der Herrscher dieses Staates war der Bruder des Königs von Lerida, Emir al-Muqtadir. Merk dir diesen Namen. In Barbastro endete der Kreuzzug. Diejenigen, die bei dem Angriff mitgekämpft hatten, kehrten mit Unmengen von Beute und Sklaven zurück. Ich dagegen kam um keinen Deut reicher nach Hause. Im Jahr darauf heiratete ich ein Mädchen, das ich seit meiner Kindheit kannte. Sie war fünf Jahre jünger als ich. Es war eine vorteilhafte Verbindung, weil meine Braut eine gute Aussteuer mitbrachte.»

«War sie schön?»

Vallon lehnte sich zurück, um Heros Gesicht sehen zu können. «Ja, das war sie.» Er hatte den Faden verloren. «Wie dem auch sei. Obwohl mir mein Einsatz in Spanien nichts einbrachte, hatte ich doch genug von dem Land gesehen, um zu wissen, dass es einem unvermögenden Ritter Chancen bot. Das maurische Reich hatte sich in zwanzig Kriegsparteien aufgesplittert. Ich erbat von Wilhelm von Aquitanien meinen Abschied, um als Söldner nach Spanien zurückzukehren. Auf seinen Vorschlag trat ich bei König Ferdinand von Kastilien und Léon in Dienst. Mein erster Einsatz unter Ferdinand war eine Strafexpedition gegen al-Muqtadir von Saragossa. Der Emir hatte Barbastro zurückerobert und die Garnisonsbesatzung aus Franken und Spaniern getötet. Bis zu diesem Zeitpunkt war er in Kastilien tributpflichtig gewesen. Ferdinand und Al-Muqtadir hatten sogar als Verbündete gegen die Widersacher Kastiliens gekämpft. Doch ermutigt von seinem Erfolg in Barbastro, brach der Emir die Beziehungen zu Kastilien ab. Unsere Strafexpedition hatte allerdings keinen Erfolg, und binnen eines Jahres war Ferdinand tot. Sein Reich wurde zwischen seinen drei Söhnen aufgeteilt, und ich habe meinen Treueid auf Ferdinands ältesten Sohn, Sancho II. von Kastilien, übertragen.

Zwei Jahre später belagerten wir Saragossa ein zweites Mal. Dieser Feldzug war ein Erfolg, und al-Muqtadir wollte Frieden, bezahlte ein hohes Lösegeld und musste sich durch Eid zu Tributzahlungen an Sancho verpflichten. Er war als Verbündeter sehr wichtig, denn zu dieser Zeit kämpfte Kastilien an drei Fronten zugleich – gegen Aragon im Osten und gegen Léon und Galicien im Westen und Norden.

Die nächsten drei Jahre kämpfte ich gegen Sanchos Feinde. Nach jeder Kampfsaison kehrte ich nach Aquitanien zurück. Meine Ehe war glücklich, und wir hatten drei Kinder. Das jüngste war noch nicht geboren, als ich meine letzte Reise nach Spanien antrat. Ich hatte einen Neffen des Herzogs von Aquitanien dabei, er hieß Roland. Wilhelm hatte mich gebeten, ihn unter meine Fittiche zu nehmen, damit er die Kriegskunst erlernte. Ich kannte ihn. Seine Besitzungen lagen einen Tagesritt von meinen entfernt, und er war häufig bei uns zu Besuch gewesen. Roland war neunzehn Jahre alt, ungewöhnlich schön, ein guter Sänger und Tänzer, jeder Zoll der vornehme Adlige. Kurz gesagt: Die Natur hatte ihn mit allen Talenten ausgestattet, die mir versagt geblieben waren.»

Vallon sah sich um. «Und außerdem war er heimtückisch und feige. Es hat eine Weile gedauert, bis ich seinen wahren Charakter erkannte. Mir gegenüber gab er sich charmant und respektvoll, aber hinter meinem Rücken spottete er über meine niedrigere Geburt und ließ sich über die Erniedrigung aus, unter meinem Kommando dienen zu müssen. Das Ereignis, das meinen Ruin nach sich zog, war banal. Sancho hatte erfahren, dass Emir al-Muqtadir das Friedensabkommen mit Kastilien brechen wollte. Ich wurde damit beauftragt, einen kleinen Aufklärungstrupp an die Grenze von Saragossa zu führen. Wir waren nur zu zwölft, einschließlich Roland und zweier seiner Freunde. Wir sollten feststellen, ob es Anzeichen dafür gab, dass der Emir einen Einmarsch plante. Aber wir sollten auf keinen Fall für Provokation sorgen.

Du kannst dir wahrscheinlich schon denken, was passiert ist. Gegen Ende eines ermüdenden Tages, an dem wir außer ein paar Schäfern keine Menschenseele gesehen hatten, kamen wir um eine Wegbiegung und überraschten zwei maurische Späher. Sie galoppierten sofort durch ein ausgetrocknetes Flussbett davon. Bevor ich ihn aufhalten konnte, machten sich Roland und seine Freunde an die Verfolgung. Ich rief ihnen nach, dass sie es lassen sollten. Ich rief, dass dies eine Falle sei. Aber sie reagierten nicht.

Darauf sind wir anderen ihnen hinterhergejagt, aber wir kamen zu spät. Weniger als eine Meile den Flusslauf hinunter war Roland auf einen Trupp maurischer Reitersoldaten getroffen. Seine Freunde hatten sie schon getötet, und er selbst lag auf den Knien und bettelte um Gnade. Der Feind war zu stark für uns. Die Mauren töteten meine gesamte Patrouille, mit Ausnahme von Roland und mir. Ihn verschonten sie, weil er der Neffe eines Herzogs war und ein hohes Lösegeld einbringen würde, und mich nur deshalb, weil mich einer der maurischen Offiziere wiedererkannte.

Wir wurden nach Aljafería, in den Sommerpalast des Emirs in Saragossa, gebracht. Al-Muqtadir kannte meinen Ruf – er wusste, dass ich in der Armee gekämpft hatte, von der die Untertanen seines Bruders in Barbastro massakriert worden waren. Er hatte keinen Grund, mir gegenüber Gnade walten zu lassen, es sei denn, es bestünde Aussicht auf ein Lösegeld. Allerdings konnte ich die hohen Forderungen nicht erfüllen, und ich wusste, dass Sancho sich nicht für einen Glücksritter – denn nichts anderes war ich – einsetzen würde, der in einem kritischen Augenblick ein wichtiges Friedensabkommen aufs Spiel setzte. Roland versicherte mir, dass sein Onkel und mein Herr, der Herzog von Aquitanien, beide Lösegelder bezahlen würde. Er schrieb selbst den Brief an ihn, der bald auf den Weg gebracht wurde. Den darauffolgenden Monat verbrachten wir gemeinsam in einer komfortablen Unterkunft im Palast. Dann wurde Roland eines Morgens in den Thronsaal des Emirs gerufen. Er kehrte vollkommen bestürzt zurück. Sein Lösegeld war eingetroffen, meines aber aus unerfindlichen Gründen nicht. Er schwor, dass er meine Freilassung bewirken oder aber zurückkehren werde, um mein Schicksal zu teilen.»