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Vallon und Raul ruderten mit Snorri an Land, um eine Unterkunft zu suchen und ihr Interesse an Handelswaren bekannt zu machen. Wayland lungerte an Deck herum und beobachtete das Kommen und Gehen am Kai. Der Hafen wurde von Händlern aus ganz Nordeuropa angelaufen, und die Ankunft der Shearwater erregte keine Aufmerksamkeit. Unter den Schotten mit ihren Plaids waren einige prahlerische Nordmänner in pludrigen Kniehosen.

Es wurde Nachmittag, bis die Landgänger zurückkehrten. Sie hatten mit einem Vertreter des Statthalters gesprochen, der ihnen Unterkunft in einem Haus besorgt hatte, das für Händler reserviert war. Vallon berichtete den anderen, dass der Statthalter sie für den nächsten Tag zum Essen eingeladen hatte und dass die Aussichten auf Handelsgüter recht begrenzt waren. Um diese Jahreszeit gab es kaum Getreide. Sie würden vielleicht etwas Malz finden, und etwa fünf Meilen außerhalb der Stadt gab es eine Sägemühle, wo sie Holzbalken kaufen konnten. Raul und Wayland sollten sie am übernächsten Tag, wenn sie sich ausgeruht hätten, aufsuchen.

Bis auf Snorri und Garrick gingen alle an Land. Erschöpft von der Überfahrt, sanken sie früh ins Bett. Vallon hatte ganz oben im Haus ein Zimmer für sich allein. Die anderen teilten sich nach Gewohnheit oder Freundschaft einen Raum. Syth wurde zusammen mit dem Hund möglichst weit entfernt von den Zimmern in der Küche untergebracht, in der es von Ratten wimmelte. An dem Morgen, an dem Wayland zu der Sägemühle aufbrechen wollte, fand er sie zusammengerollt schlafend im Durchgang. Von der Tür her fiel Licht auf ihr Gesicht. Er betrachtete sie ausgiebiger, als er es gewagt hätte, wenn sie wach gewesen wäre, dann zog er ihr die Decke über die Schultern und ging zu Raul in den Morgensonnenschein hinaus.

Die Sägemühle lag auf einer Waldlichtung, die zu einem flachen See hin abfiel. Raul kannte sich mit Bauholz aus, erwies sich als gewitzter Verhandler und lehnte die Stämme ab, mit denen ihn der Mühlenbesitzer prellen wollte. Der eine war zu astig. Der andere war schwer auf den Boden aufgeschlagen und kernrissig. Wieder ein anderer wies eine weiche braune Rindenmaserung auf. «Das ist die Fäule», sagte Raul und betrachtete schlechtgelaunt die Kiefern, die am Rand der Lichtung standen. «Ehrlich gesagt taugt dieses Holz hier im Vergleich mit baltischer Eiche höchstens zum Feuermachen.»

Als Raul seine Wahl getroffen hatte, half ihm Wayland, die Vierkantstämme auf einen Zugschlitten zu hebeln. Ochsen zogen die Ladung zu einem Wagen, der an der Straße wartete. Während dieser Zeit suchte sich Wayland einen Scheit feinporiges Eschenholz und spaltete ihn mit einer Handaxt, um Pfeile zu machen. Bald kam ein Junge und bot Wayland einen Korb Forellen zum Kauf an, die er am Morgen im lochan gefangen hatte. Sie wogen drei oder vier für ein Pfund ab, und Wayland wickelte sie in Moos und garte sie in heißer Asche. Raul und er aßen sie mit Fladenbrot zum Mittagessen. Anschließend hingen sie am Wasser schweigend ihren Gedanken nach. Eine Brise fuhr durch die Baumwipfel. Nach Luft schnappende Fische zeichnete Kreise auf die Seeoberfläche. Am anderen Ufer stand ein weiß gekalktes Gehöft, das sich im Wasser spiegelte. Vor der Tür hackte ein Mann Holz, das Geräusch der Hiebe kam erst bei ihnen an, als er die Axt schon zum nächsten Schlag hob. Blaue Hügel mit dunkleren Ausläufern lagen westlich in der Ferne.

Raul nickte zu dem Gehöft hinüber. «Glaubst du, dass du dort mit Syth glücklich wärst?»

«Hm?»

«Irgendwann wirst du dich doch niederlassen wollen. Eine Familie gründen.»

Wayland war entsetzt. «So etwas ist mir noch nie in den Sinn gekommen.»

Raul gab dem Hund seine Essensreste. «Als ich von zu Hause weg bin, war ich nicht viel älter als du. Seitdem bin ich immer nur herumgezogen, war nie zweimal an demselben Ort. Das hat man irgendwann satt.»

«Du kannst dich doch mit deinem Anteil am Gewinn irgendwo niederlassen.»

«Ja, früher oder später finde ich einen Platz zum Bleiben.» Raul stand auf, verschränkte die Hände über dem Kopf und streckte sich. «Ach, na ja. Man darf eben nicht schwächer werden.»

Wayland warf einen letzten Blick zu den Hügeln hinüber und folgte Raul zurück zur Arbeit.

Im warmen Abendrot kamen sie in die Stadt zurück und suchten sich ihren Weg durch Gassen, die kaum mehr als offene Abwässergräben waren. Vor ihnen tranken eine magere Sau und ihr Wurf gestreifter Ferkel schmatzend aus einem Schmutzwasserrinnsal. Die Sau hob den Kopf, und die Nasenlöcher in ihrem Rüssel weiteten sich. Wayland blieb stehen und legte Raul warnend die Hand auf die Brust.

«Das ist doch nur ein Schweinchen», sagte Raul.

Einen Augenblick später ergriffen sie die Flucht vor der grunzend angreifenden Muttersau, hasteten die ersten Schritte rückwärts, drehten sich um und liefen in die erstbeste Gasse hinein.

«Was für ein Drecksloch», sagte Raul, als sie die nächste matschige Einmündung einer Gasse erreicht hatten. Er sah sich um. «Was glaubst du, wo ein Mann in diesem Kaff was zu trinken bekommt?»

«Vergiss es. Vallon hat gesagt, wir sollen gleich zurückkommen.»

«Nur einen Becher, um uns das Sägemehl aus den Kehlen zu spülen.»

«Ohne mich.»

Ein Mann kam aus einem Haus und ging die Straße hinunter. Raul lief ihm rufend hinterher. Dann drehte er sich um und kam ein paar Schritte zurück. «Bist du sicher, dass du nicht mitkommen willst?»

Wayland nickte und kehrte zu ihrer Unterkunft zurück.

An diesem Abend blieb Syth kurz neben ihm stehen, als sie das Essen brachte. Er sah zu ihr auf. Ihre Blicke trafen sich und versenkten sich ineinander. Dann ging sie weiter, und Wayland blickte verstohlen in die Runde. Er war sicher, dass die anderen die knisternde Erregung bemerkt haben mussten, die in seinem Blickwechsel mit Syth gelegen hatte.

Vallon kam spät von seiner Verabredung mit dem Statthalter zurück. Das Treffen war in guter Stimmung verlaufen. Der Statthalter wusste, dass sich die Normannen an der Grenze sammelten, und er war dankbar für die Informationen, die ihm Vallon über ihre Taktik geben konnte.

«Werden die Schotten kämpfen?»

«Der Statthalter bezweifelt es. Sie sind zu sehr damit beschäftigt, sich gegenseitig zu bekriegen.»

Vallon brachte beruhigende Neuigkeiten über die Lage in der Grafschaft Orkney mit. Nach generationenlanger Blutfehde war der Titel an zwei Brüder namens Thorfinnson übergegangen. Sie waren bei Stamford Bridge gefangen genommen, aber gut behandelt worden und hegten keine feindseligen Gefühle gegen die Engländer oder gegen Fremde im Allgemeinen.

Als er zu Ende gesprochen hatte, sah sich Vallon in der Runde um. «Wo ist Raul?»

Wayland hielt den Blick gesenkt.

«Ich habe eine Frage gestellt.»

«Wir haben uns bei Sonnenuntergang in der Stadt getrennt.»

Vallon zog ein finsteres Gesicht, doch er sagte nichts weiter.

In den frühen Morgenstunden wurde Wayland von betrunkenem Gegröle geweckt. Er stemmte sich auf die Ellbogen hoch. Dann hörte er einen dumpfen Schlag, dem gelallte Flüche folgten. Leise schimpfend stand er auf und tastete sich auf die Straße hinaus. Raul lag rücklings vor der Tür. Seine Saufkumpane schwankten Richtung Hafen weiter, ihr misstönender Gesang hallte durch die Nacht. Wayland schleppte Raul ins Haus und lehnte ihn an eine Wand.

«Bischt du das, Wayland? Willscht du nischt wasch mit dem alten Raul trinken?»

«Vallon zieht dir bei lebendigem Leib die Haut ab.»

Raul blinzelte zu Wayland hinauf. «Der kann misch mal.»

Wayland ließ Raul sitzen, wo er war, und ging wieder schlafen. Am nächsten Morgen weckte er ihn, indem er ihm einen Kübel Wasser ins Gesicht schüttete. Raul stürzte sich hustend auf den Falkner, aber davon ließ sich Wayland nicht beeindrucken.