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Snorri schüttelte schon den Kopf, bevor Vallon zu Ende gesprochen hatte. «Ich verkauf die Shearwater zu keinem Preis.»

Nun machte Vallon sein äußerstes Angebot. «Also gut. Du musst dich nicht von ihr trennen. Wenn du damit einverstanden bist, uns auf unserer Reise zu begleiten, bekommst du die vierzig Pfund – und ein Drittel der Gewinne und dein Schiff zurück, wenn wir in Rus sind. Ein besseres Angebot kann sich niemand träumen lassen. Ich würde den Vertrag in jedem Hafen deiner Wahl amtlich bestätigen lassen. Was sagst du?»

Während er Snorri beim Kopfrechnen zusah, glaubte Vallon, ihn an der Angel zu haben. Er fragte sich, ob er nicht zu viel geboten hatte.

Doch dann verzog sich Snorris Gesicht zu einem höhnischen Grinsen. «Eure Lage is ziemlich verzweifelt, was? Jetzt ist Euch das Getue von oben herab vergangen.» Er stampfte mit dem Fuß auf. «Ich sage nein zu dem Angebot. Hätt mir’s vielleicht überlegt, wenn Ihr mich nich so schlecht behandelt hättet, mehr Respekt gezeigt hättet, Euer Wort mit dem Mädchen gehalten hättet.»

«Vielleicht gibt es ja noch einen anderen Grund», sagte Vallon und stand auf. «Als wir uns kennengelernt haben, dachte ich, du willst uns betrügen. Ich habe gehofft, du würdest deine Absichten mit der Zeit ändern, aber es fängt an so auszusehen, als wären meine Befürchtungen berechtigt.»

Das Brandmal auf Snorris Stirn wurde dunkelrot. Er schüttelte seinen guten Arm drohend gegen Vallon. «Ich weiß, was Ihr ausheckt. Ihr wollt mir mein Schiff abnehmen. Aber – damit kommt Ihr nicht durch. Ich habe schon eine Nachricht nach Orkney geschickt. Wenn die Shearwater ohne mich ankommt, werdet Ihr wegen Piraterie und Totschlag in Haft genommen. Egal, wie weit Ihr flüchtet, das Gesetz kriegt Euch doch.»

«Ich werde nicht derjenige sein, der unsere Vereinbarung bricht», sagte Vallon. «Wenn du uns sicher nach Orkney gebracht und uns geholfen hast, ein anderes Schiff zu finden, sind deine Verpflichtungen erfüllt, und ich zahle dir, was ich dir schulde.»

«Das will ich Euch auch raten.» Snorri trat von einem Fuß auf den anderen, er wusste, dass Vallon noch nicht fertig war.

Vallon starrte an ihm vorbei. «Aber wenn ich einen Beweis dafür finde, dass du nicht vorhast, deinen Teil der Abmachung einzuhalten …» Er lächelte, doch es war ein bedrohlicher Gesichtsausdruck..

Eine weitere Sorge – zumindest für Wayland und Syth – war der Hund. Seine Verletzungen waren schwerer, als es zuerst den Anschein gehabt hatte. Am dritten Tag verweigerte er das Fressen und lag schwer atmend auf der Seite. Am nächsten Morgen war sein Kopf stark angeschwollen, aus den halbgeschlossenen Augen lief ein weißliches Sekret. Hero verschrieb eine Flüssigdiät und Umschläge mit warmem Meerwasser. Vallon hatte wenig für das Tier übrig und wünschte es im Stillen dorthin, wo der Pfeffer wächst. Syth war sehr beunruhigt, verbrachte ihre gesamte freie Zeit mit der Pflege des Hundes und legte ihm feuchte Tücher auf den Kopf, um die Schwellungen zu mildern. Als es nicht besser wurde, löste sie einen Salzklumpen in kochendem Wasser auf. Sie ließ die Lösung kurz abkühlen, sodass man gerade eben die Hand hineintauchen konnte, dann hielt Wayland den Hund fest, während sie ein Tuch mit der heißen Lösung um seine Schnauze band. Der Hund gebärdete sich so wild, dass er seine beiden Pfleger über das Deck zog. Als der Wickel ganz abgekühlt war, erneuerte ihn Syth. Sie hatte das Tuch wohl ein Dutzend Mal um die Schnauze des Hundes gewickelt, bevor eine der Wunden aufbrach und eine eitrige Flüssigkeit zusammen mit einem von Dormarths abgebrochenen Fangzähnen freigab. Syth lief mit dem Zahn auf dem fleckigen Tuch übers ganze Schiff, um ihn jedem zu zeigen, als wäre er ein Stück vom Kreuze Christi.

Bald darauf kam der Hund unsicher wie ein neugeborenes Fohlen auf die Beine und schleckte an einer Schüssel Kleie, die mit Brühe angedickt war. Als sie am nächsten Abend an der Küste von Caithness auf den Strand setzten, war das Tier schon beinahe vollkommen wiederhergestellt, rannte Wassertropfen verspritzend durch die Brandung und scheuchte Möwenschwärme auf. Syth hastete mit ausgebreiteten Armen hinterher, und Wayland lief mit einem verlegenen Grinsen am Strand entlang.

Über Nacht ankerten sie in der Mündung des Flusses Berriedale. David sagte, bei gutem Wind würden sie am folgenden Tag Wick erreichen und wären noch einmal zwei Tage später in Orkney. Vallon beschloss, in Wick nicht anzuhalten, und befahl der Mannschaft, die Wasserfässer zu füllen. Als er früh am nächsten Morgen aufwachte, sah er Wayland mit einem Reh über den Schultern ankommen. Er war vor der Dämmerung aufgestanden und hatte den Bock in einem Wäldchen stromauf geschossen. Alle schlugen sich mit dem Rehfleisch die Bäuche voll, und dann ließen sie sich viel Zeit, um am Flussufer entlangzuwandern und in bernsteinfarbenen Seen unter schiefen Eichen zu baden. Es war, als wüssten sie, dass sie zum letzten Mal einen Fuß auf britisches Ufer setzten.

Die Mittagszeit war schon vorbei, als sie wieder absegelten. Sie hielten sich möglichst dicht an den zerklüfteten Küstenklippen, von denen Wildtauben mit rauschendem Flügelschlag flohen, um nach einer Kehre über dem Schiff wieder auf ihren Felsen herabzuflattern. Rußschwarze Vögel nicht größer als Schwalben flitzten über dem Kielwasser der Shearwater und trippelten mit den Krallenfüßen über die Wasseroberfläche, als seien sie zu schwach, um sich in der Luft zu halten.

«Mutter Careys Hühner», sagte Raul. Dann sah er, dass Vallon mit dem Ausdruck nichts anfangen konnte. «Mutter Carey ist die Meereskönigin. Sie sitzt auf dem Grund und kämmt ihr langes, grünes Haar mit den Rippenbögen ertrunkener Seemänner.» Raul nickte in Richtung des Lotsen, der im Bug stand und zu den hintereinander gestaffelten Landspitzen im Norden hinübersah. Leise fuhr er fort: «David hatte drei Söhne, und die See hat sich jeden einzelnen genommen. Zwei in einem Sturm, den anderen, als ein Fischerboot verunglückte. Sie haben nur einen der Toten wiedergefunden, und dessen Aussehen hatten die Krabben nicht gerade verbessert.»

Vallon sagte nichts darauf. Raul hockte sich so vor ihn, dass Snorri ihre Gesichter nicht sehen konnte. «Hauptmann, wir müssen bald handeln. Nickt mir einfach zu. Ich tue es heute Nacht. Niemand wird es mitbekommen. Morgen früh ist Snorri verschwunden, und am Abend haben ihn alle längst vergessen.»

«Ich werde kein Menschenleben aufgrund eines bloßen Verdachts geringschätzen.»

«Hauptmann, Ihr wisst, dass es mehr ist als ein Verdacht.»

«Wir müssen in Orkney unsere Vorräte auffüllen, und wir werden verhaftet, wenn Snorri nicht bei uns ist. Du tust nichts ohne meinen Befehl.» Vallon schob sich an Raul vorbei, um deutlich zu machen, dass die Diskussion beendet war.

Zwei Tage später setzten sie unter einzelnen Sonnenstrahlen, die durch die Wolkenlücken fielen, über die Meerenge zwischen dem Festland und den Orkney-Inseln. Auf der See türmten sich Wellenberge. Kurz waren über den Wellenkämmen Teile der Inselgruppe zu sehen, dann verschwanden sie wieder, während die Shearwater in das nächste Wellental hinabtauchte. David hatte die Überfahrt so geplant, dass sie den heftigsten Gezeitenströmungen, die durch die Passage zogen, nicht ausgesetzt waren. Doch auch so schlingerte und krängte die Shearwater in den Gegenströmungen und wechselseitig gegen das Schiff laufenden Brechern. Sie umfuhren einen Strudel, der David zufolge von einer Seehexe aufgepeitscht wurde, die auf einer riesenhaften Mühle das Salz für die Weltmeere mahlte. Im Osten glitt eine langgestreckte Insel vorbei. Tristes Sumpfland, unterbrochen von grünen Weiden, und gelegentlich eine Torfhütte. Vom Wind gebeugte Krüppelbäume. Zwei Jungen ritten ohne Sattel auf einem Pferd parallel zu ihnen am Strand entlang, bis hin zu dem Vorgebirge am Ende der Insel, von wo aus sie ihnen nachwinkten, bis sie außer Sicht waren.