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»Ich muß noch einige Untersuchungen durchführen, aber in meinen Räumen.«

Brehon Dathal drehte sich um und schnaufte.

»Das ist überflüssig. Ein ganz klarer Fall von Vergiftung. Aber wenn du Zeit verschwenden willst, so habe ich nichts dagegen. Ich gehe davon aus, daß er vergiftet wurde und daß es sich hier um einen Mordfall handelt.«

Erstaunt blickte Fidelma ihn an. »Ist das nicht ein bißchen ... ein bißchen voreilig?« fragte sie ruhig.

Brehon Dathal schaute sie verärgert an.

»Ich dachte, daß du mit diesem Fall nichts zu tun hast.«

»So ist es auch.«

»So will ich dich nicht aufhalten.« Er wandte sich abrupt den beiden Mönchen zu. »Wann habt ihr den Bischof entdeckt?«

»Erst vor kurzem. Als wir ihn zum Essen begleiten wollten, haben wir ihn so vorgefunden. Ich bin sofort Bruder Conchobar holen gegangen. Mein Gefährte blieb hier.«

»Wann habt ihr ihn zum letztenmal lebend gesehen?«

»Kurz nachdem er die morgendliche Audienz abgehalten hat. Er sagte, daß er müde sei, denn er sei erst vorgestern von seiner Reise zur Westküste zurückgekehrt.«

»Abgesehen davon, daß ihn die Reise erschöpft hatte, war er doch bei guter Gesundheit?«

»Bischof Petran war immer bei bester Gesundheit. Nie war er müde. Heute vormittag habe ich zum erstenmal gehört, daß er sich matt fühlte.«

»So, so«, murmelte Brehon Dathal. »Dann können wir davon ausgehen, daß ihm das Gift verabreicht wurde, nachdem er in seine Gemächer zurückkehrte, nicht wahr?«

Bruder Conchobar protestierte laut.

»Ich habe bisher noch nicht die Todesursache festgestellt. Ich muß ihn erst untersuchen .«

Brehon Dathal winkte ab.

»Das ist doch nur eine reine Formalität, nichts weiter.« Er blickte auf ein paar Tonbecher, die auf einem kleinen Tisch standen. Er nahm sie in die Hand und roch daran. Hinter seinem Rücken sah Finguine zu Fidelma, blickte dann achselzuckend zur Decke hoch.

Der Richter fuhr sich nachdenklich über das Kinn. »Er kam herein, trank ahnungslos das Gift und starb.« Auf einmal drehte er sich zu den beiden Mönchen um.

»Hatte der Bischof irgendwelche Feinde? Hat er sich in letzter Zeit mit jemandem gestritten?«

Einer der beiden jungen Männer blickte Fidelma an, dann schaute er zu Boden. »Bei unserer Rückkehr nach Cashel waren wir Zeuge einer heftigen Auseinandersetzung«, sprach er leise.

»Mit wem?« wollte Brehon Dathal sogleich wissen.

»Mit dem Sachsen. Mit dem gleichen Sachsen, mit dem er schon vor fast einem Monat einen schlimmen Streit hatte.«

»Mit dem Sachsen?« fragte Brehon Dathal.

»Er meint Eadulf«, warf Fidelma ein. Sie fröstelte bei dem Gedanken, daß man ihn verdächtigte.

»Das ist richtig. Mit Bruder Eadulf«, bestätigte der Mönch.

»Worum ging es in dem Streit?«

»Das kann ich dir sagen ...«, fing Fidelma an, doch Brehon Dathal fuhr ihr über den Mund.

»Es soll ein unvoreingenommener Zeuge sprechen. Du bist mit diesem Sachsen verheiratet, daher würdest du zu seinen Gunsten aussagen.«

»Ich glaube, es ging um religiöse Meinungsverschiedenheiten«, sagte der Mönch. »Sie tauschten harte Worte aus, und ich weiß, daß der Bischof beide Male hinterher sehr aufgebracht war und dann sogar äußerte, daß Cashel ärmer sei seit der Heirat der Schwester des Königs mit einem .«

»Das kann ich mir nicht länger mit anhören!« brauste Fidelma auf.

Brehon Dathal sah sie mißbilligend an.

»Ich habe schon gesagt, daß deine Anwesenheit hier nicht nötig ist. Du darfst gehen und Bruder Eadulf ausrichten, daß er sich bereithalten soll, mir ein paar Fragen zu beantworten.«

Finguine sah sie mitfühlend an, als sie den Raum verließ. Er hörte, wie Conchobar um Erlaubnis bat, Bischof Petrans Leiche zu entfernen, um sie in seinen Räumen ordnungsgemäß untersuchen zu können.

Als Fidelma in ihre Gemächer zurückkehrte, war Eadulf nicht da. Sie eilte den grauen Steingang entlang, versuchte aber, nicht zu rennen. Als sie den Hof überquerte, entdeckte sie Caol, der ein Pferd abrieb.

»Caol, hast du meinen Mann gesehen?« fragte sie ihn etwas außer Atem.

Der Krieger lächelte sie an, als er sich aufrichtete. Er hatte einen Striegel in der Hand.

»Ja, es ist noch nicht lange her. Ich hatte gerade sein Pferd abgerieben, als er wieder damit losritt.«

Sie starrte ihn an.

»Wieder losritt?«

Der Krieger nickte. »Es war früh am Morgen, nach dem Frühstück, als er mir mitteilte, daß er ausreiten wolle. Ich glaube, er wollte zu Conchoille, dem Holzfäller. Dann kehrte er zurück, anscheinend ganz in Eile, und bat mich, sein Pferd für einen neuen Ritt fertigzumachen. Er verschwand kurz, kehrte mit einer vollen Satteltasche zurück und war auch schon auf und davon.«

Fidelma war so erstaunt, daß sie regungslos dastand. »Mit einer vollen Satteltasche?«

»Es sah aus, als hätte er eine weite Reise vor.«

»Hast du gesehen, in welcher Richtung er Cashel verlassen hat?«

»Nein. Ich habe gerade mein Pferd gestriegelt.« Er zeigte auf das Pferd, mit dem er beschäftigt war.

Fidelma blieb noch eine Weile stehen, ehe sie wieder in die Burg zurückeilte. Nun sah sie sich genauer in ihren Gemächern um. Auf ihrem Kopfkissen lag eine Nachricht, und zwar so, daß sie sie auf Anhieb hätte entdecken müssen. Sie stammte von Eadulf.

Ich konnte nicht warten. Ich habe eine Spur, die meines Erachtens so wichtig ist, daß ich ihr nachgehen muß. Ich reite zur Abtei von Colmän im Westen. Ich bin vielleicht mehrere Tage fort.

Sie mußte sich setzen, stützte den Kopf auf und stöhnte laut.

Den Rest des Tages über schossen Fidelma viele verwirrende Gedanken durch den Kopf. Nun machte sie sich nicht nur Sorgen um Alchu, sondern auch um Eadulf. Sie ertappte sich sogar bei der Frage, ob Eadulf wirklich einer Spur folgte oder nicht Brehon Dathal recht hatte mit seinen Verdächtigungen und er geflohen war? Sie hatte Eadulfs zorniges Wortgefecht mit dem alten Petran miterlebt. Und sie hatte ihn überhaupt bei mehreren Gelegenheiten ungewöhnlich aufbrausend kennengelernt. Hatte er etwas mit dem Tod des alten Bischofs zu tun? Warum war er ausgerechnet jetzt aus Cashel verschwunden?

Als Brehon Dathal in ihren Gemächern erschien, um Eadulf und sie zu verhören, hatte sie ihm Eadulfs Brief gezeigt. Darauf hatten die Augen des Richters triumphierend aufgeleuchtet. Sie wußte genau, was er dachte. Der alte Brehon war mit den Worten gegangen, daß er nach Eadulf suchen lassen werde. Das ließ nur eine Schlußfolgerung zu: Brehon Dathal glaubte an Eadulfs Schuld. Daraufhin hatte sie ihren Bruder aufgesucht, der die Angelegenheit nun mit Finguine besprach.

Colgu sah seine Schwester voller Mitgefühl an.

»Ich kann die Anordnungen eines Brehon nicht außer Kraft setzen, Fidelma, das weißt du sehr gut.«

»Brehon Dathal hätte Bruder Conchobars Bericht abwarten sollen, ehe er sich so auf Giftmord versteift«, sagte nun Finguine.

»Warum ist Bruder Conchobar noch nicht fertig mit der Untersuchung der Leiche?« fragte Fidelma wütend.

»Bruder Conchobar ist soeben nach Lios Mhor gerufen worden, um dort zu helfen. Die Lebenden benötigen seine medizinischen Fähigkeiten ebenso wie die Toten«, erwiderte Colgu. »Er richtete seinem Assistenten aus, daß er mit der Leichenschau fertig sei, doch niemand scheint zu wissen, zu welchen Ergebnissen er gekommen ist.« Betroffen schaute der König zu seinem Tanist. »Ich habe mit Finguine darüber gesprochen. Wir billigen Dathals Verhalten in jüngster Zeit durchaus nicht und denken über seine Pensionierung nach. Zu häufig zieht er voreilige Schlüsse. Ich glaube, daß das mit dem Alter zu tun hat. Außerdem springen er und Bischof Ségdae einander ständig an die Gurgel. Derartige Konflikte sollte man bei der Landesführung vermeiden.«