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Della lehnte sich zurück und betrachtete Fidelma genau. Sie schwieg.

»Es ist gewiß, daß sie das Kind erst nach dem Tod ihres Mannes empfangen hat. War das Kind Folge der Vergewaltigung?«

Della zögerte.

»Es ist wichtig, Della«, sprach Fidelma auf sie ein. »Ich frage das nicht einfach nur so. Ich glaube, daß der Vater dieses Kindes auch ihr Mörder ist.«

Della starrte sie entsetzt an. »Aber was ist mit den Ui Fidgente und dem Erpresserschreiben?«

»Eine kleine List, um uns auf die falsche Fährte zu locken. Dazu die zufällig auftauchenden Fremden, die das verlassene Baby im Wald fanden. Das alles hat mich tatsächlich eine Weile in die Irre geführt.«

Della schwieg wieder.

»Du vermutest richtig, Lady Fidelma. Das totgeborene Kind war die Folge der Vergewaltigung, und Sarait war dankbar dafür, daß es tot war.«

Fidelma atmete langsam aus. »Es ist schon traurig, wenn man froh ist, daß ein Leben verloschen ist. Aber ich verstehe sie. Wann hast du davon erfahren?«

»Ich habe dir bereits gesagt, daß mich Sarait wenige Tage nach der Vergewaltigung aufgesucht hat und meinen Rat wollte. Vielmehr wollte sie sich jemandem anvertrauen und hoffte auf Verständnis, statt verurteilt zu werden.«

»Warum hat sie nicht mit ihrer Schwester Gobnat darüber gesprochen?«

»Wegen Gobnats hohen moralischen Maßstäben, wie ich dir schon sagte. Es wäre nicht sehr hilfreich gewesen, sich ihr anzuvertrauen. Sarait fiel es leichter, mit mir zu reden. Zwei Monate nach dem Vorfall kam sie zu mir und gestand mir ihre Schwangerschaft.«

»Und sie hat dir erzählt, daß sie zuvor vergewaltigt worden war? Und dir nicht verraten, wer der Vater war?«

Della nickte. »Sie hat das alles nicht ertragen können. Sie wollte wissen, wie sie das Kind noch vor der Geburt loswerden könnte.«

»Und du hast sie beraten?«

»Du denkst wohl, als bé-tâide müßte ich selbstverständlich über solche Sachen Bescheid wissen!« Dellas Stimme klang ein wenig bitter.

»Das denke ich nicht«, erwiderte Fidelma streng. »Ich habe die Pharmacopoeia von Dioscorides studiert und könnte vermutlich acht Kräuter nennen, mit denen man eine ungewollte Schwangerschaft unterbrechen kann. Ich frage dich nur, ob du sie beraten hast.«

Della kniff rasch die Augen zusammen. »Ja, das habe ich getan. Ich gab ihr ein paar der Kräuter mit, die ich immer benutzt habe - Kräuter, die harntreibend und abführend wirken. Ich habe von Händlern aus Gallien Gartenraute gekauft und einen Aufguß hergestellt.«

»Aber diese Kräuter haben nicht gewirkt.«

» Offensichtlich nicht. Später riet ich Sarait davon ab, zu einem Arzt zu gehen, der ihren Körper nur verletzen und ihr Schaden zufügen würde. Da bekam sie das Kind.«

»Jemand in Cashel hat doch sicher aber etwas davon geahnt oder gar gewußt.«

Della verneinte. »Sie wirkte zu dem Zeitpunkt überhaupt nicht schwanger. Doch als sie merkte, daß sie es bald nicht mehr verbergen konnte, habe ich sie zu meiner Cousine in die Berge bei Araglin geschickt.«

Fidelma hob leicht den Kopf. »Araglin? Den Ort kenne ich.«

»Nun, dort ist sie eine Weile geblieben, bekam das tote Kind. Es ist im Gebirge begraben worden, und als es ihr wieder besser ging, ist sie nach Cashel zurückgekehrt. Sie konnte noch stillen, und als ich hörte, daß du auf der Suche nach einer Amme warst, schickte ich sie zu dir.«

»Sie hat mir nie erzählt, daß sie mit einer Empfehlung von dir kam.«

»Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen, Lady Fidelma. Ich habe ihr geraten, sich als Calladas Witwe vorzustellen, was in meinen Augen ausreichend schien.«

»So war es auch. Und deshalb hatte ich angenommen, daß das tote Kind von Callada war. Mir war nicht bewußt, wieviel Zeit verstrichen war ... Ach! Denken wir nicht weiter an zurückliegende Irrtümer. Jetzt wird alles klarer.«

»Das begreife ich nicht.«

»Vielleicht mußt du in die Burg kommen, Della, und vor dem Brehon aussagen. Wirst du das tun?«

»Wenn man dadurch denjenigen findet, der hinter Saraits Ermordung und dem Verschwinden deines Sohnes steckt, dann tue ich es.«

Fidelma erhob sich und lächelte. »Falls sich mein Verdacht erhärtet, werden wir den Täter bald kennen. Die Frage ist, ob wir ihn auch überführen können.«

Auf einmal neigte sie den Kopf zur Seite und lauschte. Draußen schnüffelte etwas vor der Tür. Sie hörte einen Hund winseln. Die beiden Frauen gingen zur Tür. Ein drahthaariger brauner Hund schaufelte wie besessen ein Loch in die Erde. Fidelma hatte ihn schon einmal gesehen.

Della öffnete den Mund und wollte ihn fortjagen, doch Fidelma hielt sie davon ab. Der Hund schnupperte und suchte fieberhaft nach etwas. Mit einem triumphierenden Laut holte er plötzlich mit der Schnauze etwas aus dem Loch hervor. Dann sprang er wild im Kreis herum und stupste den Gegenstand aus lauter Freude in die Luft und schnappte wieder danach.

Fidelma hockte sich hin und lockte den Hund heran. Er sprang zu ihr und ließ den Fund vor ihre Füße fallen. Dann rannte er zurück, zog den Kopf ein, stellte die Vorderpfoten auseinander und erwartete offensichtlich, daß sie ihn wieder fortwarf, damit er ihn apportieren konnte. Doch Fidelma stand auf und besah sich den mit Erde verschmutzten Gegenstand.

Es war ein Babyschuh, ebenjener Schuh, der den anderen ergänzte, den ihr Gorman damals gebracht hatte. Es war Alchus fehlender Schuh.

Fidelma hatte noch etwas anderes in dem Loch aufblitzen sehen, sie lief hin und blickte genauer hin. Der aufgeregt bellende Hund sprang hinter ihr her. Sie bückte sich und zog einen Fetzen Stoff aus der Erde. Es handelte sich um grüne Seide, es war ganz offensichtlich ein Umhang mit Kapuze. Sie drehte sich um und sah zu Della.

Die starrte den Umhang an. Sie wurde ganz bleich.

Fidelma blickte sie lange und durchdringend an.

»Ich glaube, daß du besser gleich mit mir in die Burg kommst, Della. Wir haben da noch etwas zu besprechen.«

Kapitel 19

In der großen Halle der Burg von Cashel drängten sich viele Leute. Brehon Baithen war aus Lios Mhor eingetroffen. Colgu hatte nach Absprache mit Fidelma verkündet, daß wegen Alchus Entführung und der Ermordung von Sarait eine Gerichtsverhandlung anberaumt worden sei. Es schien, als ob ganz Cashel und Umgebung verfolgen wollte, wie der neue oberste Bre-hon von Muman in dieser Angelegenheit Recht sprach.

Man hatte alle Zeugen zusammengerufen. Forindain, den Zwerg, Corb und Corbnait, Nessan und Muirgen, Conchoille, den Holzfäller. Alle, die mit den Ereignissen zu tun hatten, befanden sich in der überfüllten Halle. Della war gekommen und saß mit etwas düsterem Gesicht auf ihrem Platz, neben ihr saß Gorman, der ebenso verdrießlich dreinschaute. Auch Saraits Schwester Gobnat war da, die Della finstere Blicke zuwarf. Neben Capa saß Caol. Selbst der alte Apotheker Conchobar, der sonst nie solchen Veranstaltungen beiwohnte, wenn es nicht unbedingt erforderlich war, war zu dieser Gerichtsverhandlung erschienen.

Die Krieger hatten auch Fiachrae von Cnoc Loinge herbeigeschafft, der nun Gefangener von Cashel war. Er würde sich später dem Vorwurf des Verrats an den Eoghanacht und der Verschwörung mit den Ui Fid-gente stellen müssen. Inzwischen hatten sich reichlich Zeugen eingefunden, die seine heimlichen Machenschaften belegen konnten.

Auf besondere Einladung des Königs hin war Conri mit seinen Kriegern erschienen. Viele Bewohner von Cashel warfen ihnen abschätzige Blicke zu und stießen unflätige Drohungen aus. Auch der alte Brehon Dathal hatte die Halle betreten und war sofort auf den Sitz des obersten Brehon zugesteuert. Ein Diener hatte ihn zu einem seitlich stehenden Stuhl führen müssen.

Fidelma und Eadulf hatten sich links von den Stühlen des Königs, seines Tanist und des obersten Bre-hons niedergelassen. Cerball, der Chronist und Barde, und Bischof Ségdae hatten ebenfalls ihre Plätze eingenommen. Dann klopfte der Gerichtsdiener mit seinem Amtsstab auf den Boden, woraufhin sich alle Anwesenden erhoben. Colgu, Finguine und Brehon Baithen betraten die Halle und schritten zu ihren Sitzen.