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Gobnats haßerfüllte Augen schauten zu Della hinüber.

»Diese Hure sollte nicht hier unter uns sein!« rief sie. »Wie scheußlich! Sie ist doppelt so alt wie Gorman. Ich schätze, daß sie ihn dazu angetrieben hat, meine Schwester umzubringen.«

Fidelma ignorierte ihren Zwischenruf.

»Ja, es gab einen Plan, Sarait umzubringen. Der war nicht einfach, denn derjenige, der sie umgebracht hat, wollte jeglichen Verdacht von sich ablenken. Das Motiv für den Mord war Haß, denn Sarait war unabsichtlich für den Krieger zum Objekt der Lust und für den Mörder zum Objekt der Eifersucht geworden.« Sie blickte Della rasch an. »Hinter diesem Plan steckte eine Frau.«

Della erwiderte ihren Blick, sie war ganz bleich. Gorman stöhnte erneut auf. Totenstille herrschte in der Halle.

»Der Plan sah vor, eines Abends Sarait aus der Burg zu locken und sie zu töten. Aber wie sollte man das machen, ohne daß ihr Mörder die Aufmerksamkeit auf sich zog? Die Frau, die das Ganze schlau eingefädelt hat, stellte sich in den Schatten des Gasthauses, um nicht erkannt zu werden. Sie fragte ein Kind, ob es für sie zur Burg laufen und die Nachricht überbringen würde, daß Gobnat unbedingt ihre Schwester zu sehen wünschte. Nur solch eine Nachricht würde Sarait bei Anbruch der Dunkelheit hinauslocken. Aber das Kind konnte diesen Gang nicht übernehmen, weil sein Vater gerade das Gasthaus verlassen und so viel corma getrunken hatte, daß er ohne Hilfe den Weg nach Hause nicht schaffte. O ja« - Fidelma lächelte in die Menge - »ich habe dieses Kind gefunden und mich mit ihm unterhalten.«

Sie schwieg einen Moment; doch in der großen Halle war es ganz still.

»Die Frau hatte aber Glück«, erklärte Fidelma weiter. »Ein Fremder näherte sich dem Gasthaus, ein Schauspieler aus einer Wandertruppe - ein crossan -, der die Stadt erkunden wollte, weil sie beabsichtigten, hier eventuell eine Vorstellung zu geben. Es war ein Zwerg namens Forindain. Die Frau bot ihm einen screpall an, wenn er die Botschaft zur Burg brächte. Forindain zeigte sich nicht abgeneigt. Aber die Frau kannte die Wachen der Burg nur zu gut und wußte, daß sie lästige Fragen stellen würden. Also riet sie dem Zwerg, so zu tun, als sei er stumm. Sie nahm aus ihrem marsupium ein Stück Birkenrinde, auf die sie schon die Worte >Man schickt mich zu Sarait< geschrieben hatte. So würde niemand weiter nachfragen. In diesem Moment fiel jedoch etwas Licht auf die Frau. Forindain sah, daß sie einen ganz besonderen Umhang trug. Er hat ihn mir beschrieben.«

Auf einmal meldete sich Caol zu Wort.

»Das kann nicht sein, Fidelma«, protestierte er. »Der Zwerg wurde bei Cnoc Loinge umgebracht, ehe man ihn verhören konnte. Du kannst doch einem Toten nicht irgendwelche Worte in den Mund legen!«

Fidelma hielt inne und wartete, bis sich das Gemurmel in der Halle wieder legte.

»Der arme Zwerg, der bei Cnoc Loinge umgebracht wurde, war Forindains Bruder Iubdan, der zufällig Forindains Kostüm trug. Man hat ihn mit seinem Bruder verwechselt. Das hat ihn das Leben gekostet.«

Capa blickte zu dem Zwerg, der ganz in der Nähe saß.

»Willst du damit sagen, daß dieser ...?« begann er.

»Dort sitzt der wahre Forindain.« Fidelma zeigte auf den kleinen Komödianten, der an jenem Abend die Botschaft zu Sarait gebracht hatte. »Er ist derjenige, der mir einen gewissen Umhang beschrieben hat. Ich wußte sofort, wem er gehört. Man wollte Forindain für immer zum Schweigen bringen, hat ihn aber mit Iubdan verwechselt.«

Capa zeigte auf Gorman. »Gorman hat den Zwerg gefunden, als wir in Cnoc Loinge waren.«

»Ja, ich habe die Leiche gefunden«, murmelte Gorman, »aber ich habe es Capa sofort mitgeteilt.«

»Daran erinnere ich mich«, sagte Fidelma. »Kehren wir noch einmal zu dem Kleidungsstück zurück.« Sie hielt den grünen Seidenumhang mit der roten Stickerei hoch. In der großen Halle kam wieder Gemurmel auf.

»Das ist der Umhang der Hure dort!« schrie Gob-nat auf einmal, und einen Moment lang herrschte ein ziemliches Durcheinander, so daß Brehon Baithen die Menge zur Ruhe rufen mußte.

»Du erkennst ihn, Gobnat?« fragte Fidelma.

»Ich kann bezeugen, daß diese Hure ihn getragen hat. Also stecken beide unter einer Decke. Sie haben meine Schwester ermordet!«

Fidelma legte den Umhang beiseite. Sie nahm die beiden Babyschuhe in die Hand.

»Als wir einen Beweis für Alchus Entführung verlangten, wurde uns ein Babyschuh geschickt. Den anderen fand ich gestern zusammen mit dem Seidenum-hang. Beide waren auf Dellas Hof vergraben worden.«

Wütende Rufe drangen aus der Menge, einzelne Personen sprangen auf und gestikulierten heftig. Ihr Zorn richtete sich gegen Gorman und die ehemalige bé-taide. Wieder mußte Brehon Baithen eingreifen und in aller Strenge zur Ruhe mahnen. Als sich der Lärm gelegt hatte, fuhr Fidelma fort: »Ein Hund brachte mich schließlich auf die Lösung. Della, es tut mir leid, daß ich dich derart auf die Probe gestellt habe. Verzeih auch du mir, Gorman. Della und Gorman haben nichts mit der ganzen Sache zu tun, auch wenn sie durch verschiedene Dinge mein Mißtrauen erregten. Mein Argwohn wuchs, weil die wahren Täter -oder wenigstens einer von ihnen - alles dafür taten, eine falsche Spur zu Della legen. Della und Gorman lieben sich . Aber diese Liebe ist die einer Mutter zu ihrem Sohn und umgekehrt. Nicht wahr?«

Dieser Hinweis wäre nicht nötig gewesen. Die Gesichter von Mutter und Sohn verrieten alles. Das Schweigen, das sich nun in der großen Halle ausbreitete, war beinah unheimlich. Die Menge schien den Atem anzuhalten.

Brehon Baithen beugte sich auf seinem Amtsstuhl vor. »Willst du uns nicht vielleicht endlich den Schuldigen nennen, Fidelma?« fragte er ein wenig sarkastisch.

»Ist nicht ohnehin klar, wer das ist?« fragte Fidelma.

»Gobnat hat ihre eigene Schwester umgebracht, weil ihr Mann Capa in sie verliebt war. Capa hat Callada bei Cnoc Äine getötet und Sarait vergewaltigt. Als er entdeckte, daß seine Frau Sarait ermordet hatte, tat er alles, um den Verdacht von ihr abzulenken. Er ging sogar so weit, den Zwerg Iubdan zu ermorden, den er fälschlicherweise für Forindain hielt.«

Gobnat protestierte mit schriller Stimme und rief, Fidelma sei schlimmer als eine Hure, wenn sie ihre Hurenfreundin schützte. Erst als ein paar Wachleute, die nun von Caol ihre Befehle entgegennahmen, hart durchgriffen, kehrte wieder Ruhe ein.

»Für jene, die eine nicht so rasche Auffassungsgabe haben wie du, erkläre doch bitte, was dich zu diesen Anschuldigungen bewegt«, bat Brehon Baithen Fidelma.

»Das mache ich gern. Ich habe zu Beginn von den beiden Schwestern Gobnat und Sarait gesprochen. Sie waren im Charakter grundverschieden, auch wenn sie beide mit Kriegern verheiratet waren. Obwohl Capa mit Gobnat verheiratet war, gelüstete es ihn nach ihrer jüngeren Schwester. Bei Cnoc Äine brachte er Callada dann um. Sarait aber wies ihn weiterhin ab. Da vergewaltigte er sie. Den Rest der Geschichte habe ich schon vorgetragen.

Sarait hat nicht nur Della ihr Leid geklagt - ohne Capas Namen zu nennen -, sie beging den Fehler, sich auch ihrer Schwester anzuvertrauen, von der sie sich wahrscheinlich Mitgefühl und Verständnis erhoffte. Gobnat, vor der Capa sich nicht verkneifen konnte damit zu prahlen, wie abhängig Sarait von ihm war, geriet in rasende Wut und faßte den Plan, Sarait zu ermorden und die Tat Della in die Schuhe zu schieben, die sie verabscheute. Der Gegenstand von Capas Eifersucht, Gorman, den Gobnat allerdings für Dellas Liebhaber hielt, würde so auch hineingezogen werden.«

Brehon Baithen rieb sich das Kinn. »Wie bist du darauf gekommen, daß Gorman Dellas Sohn ist?«

»Bei unserer ersten Begegnung erzählte Gorman Eadulf und mir, daß er der Sohn eine Prostituierten sei. Und als ich Della aufsuchte, erwähnte sie zufällig, daß auch sie Mutter sei. Der Zusammenhang war leicht herzustellen. Gorman hatte uns gesagt, daß er annähme, Capa könne ihn nicht leiden, weil seine Mutter eine Prostituierte sei. Das war aber nur die halbe Wahrheit. Capa wußte, daß Sarait Gorman sehr zugetan war, wohingegen sie seine Avancen zurückwies. Deshalb versuchte er den Verdacht zu erwecken, Gorman hätte etwas mit dem Mord an dem Zwerg zu tun. Capa mußte Forindain töten, weil er befürchtete, der Zwerg könnte seine Frau wiedererkennen, deren Gesicht er womöglich im Schein der Laterne vor dem Gasthaus kurz gesehen hatte.«