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Poirot sagte leicht salbungsvolclass="underline" »Es gibt wahrlich viele seltsame Dinge im Leben.«

»Ich habe heute Vormittag gar nicht richtig mitbekommen, wer Sie sind«, sagte Miss Pierce und presste die Hände zusammen. »Dabei sind Sie doch dieser ungemein berühmte Privatdetektiv! Ich habe alles über den ABC-Fall gelesen. War das aufregend! Ich hatte damals nämlich eine Stelle als Gouvernante in der Nähe von Doncaster.«

Poirot murmelte etwas. Miss Pierce fuhr mit wachsender Erregung fort: »Und darum hatte ich das Gefühl — dass ich mich geirrt hatte — heute Vormittag. Man muss doch immer alles sagen, nicht wahr? Selbst die kleinste Kleinigkeit, und mag sie einem auch noch so unwichtig erscheinen. Denn wenn Sie sich mit dieser Sache befassen, dann muss die arme Mrs. Boynton ermordet worden sein! Das ist mir jetzt klar! Es wäre doch möglich, dass Mr. Mah Mut — ich kann mir seinen Namen einfach nicht merken —, also der Dragoman —, ich meine, er könnte doch ein bolschewistischer Agent sein? Oder Miss King vielleicht? Ich glaube, dass heutzutage viele wohlerzogene junge Mädchen aus gutem Hause zu diesen schrecklichen Kommunisten gehören! Und darum habe ich mich gefragt, ob ich es Ihnen nicht vielleicht doch sagen sollte — denn, wissen Sie, es war schon ziemlich merkwürdig, wenn man es richtig bedenkt.«

»Ganz recht«, sagte Poirot. »Und darum werden Sie mir jetzt alles erzählen.«

»Nun, eigentlich ist es ja nichts weiter. Nur dass ich am Morgen nach der Entdeckung des tragischen Ereignisses ziemlich früh auf den Beinen war und aus meinem Zelt schaute, um den Sonnenaufgang zu sehen — nur dass es natürlich gar nicht Sonnenaufgang war, weil die Sonne bestimmt schon eine Stunde früher aufgegangen war. Jedenfalls war es noch sehr früh und — «

»Ja, ja. Und was sahen Sie da?«

»Das ist ja das Komische — obwohl es mir damals nichts Besonderes zu sein schien. Es war nur so, dass ich sah, wie die Boynton-Tochter aus ihrem Zelt kam und etwas in das Wadi warf — da ist zwar weiter nichts dabei, aber es glitzerte in der Sonne! Als es durch die Luft flog. Es glitzerte, wissen Sie?«

»Welche Boynton-Tochter war das?«

»Ich glaube, es war die, die Carol heißt — ein hübsches junges Ding — hat große Ähnlichkeit mit ihrem Bruder — die beiden könnten Zwillinge sein. Aber es könnte natürlich auch die Jüngste gewesen sein. Die Sonne schien mir in die Augen, und da konnte ich sie nicht genau sehen. Allerdings glaube ich nicht, dass das Haar rot war — eher bronzefarben. Ich finde diesen bronzenen Kupferton ja so attraktiv! Bei roten Haaren muss ich nämlich immer an Karotten denken!« Sie kicherte.

»Und sie warf einen glitzernden Gegenstand weg?«, sagte Poirot.

»Ja. Und wie ich bereits sagte, habe ich mir damals natürlich nichts weiter dabei gedacht. Aber als ich später am Wadi entlangging, war Miss King dort. Und zwischen all den Dingen, die da nun wirklich nicht hingehörten — sogar Blechbüchsen lagen da! —, sah ich etwas aus Metall schimmern — eine Art Dose, nicht direkt quadratisch, eher länglich oder so, wenn Sie verstehen, was ich meine — «

»Ja, ja, ich verstehe vollkommen. Etwa so lang?«

»Genau! Was sind Sie doch für ein kluger Mann! Und da dachte ich bei mir: >Die hat wahrscheinlich die kleine Boynton weggeworfen, und dabei ist das so eine hübsche kleine Dose.< Und da habe ich sie aus purer Neugier aufgehoben und geöffnet. Innen lag eine Spritze — mit genau so einer hatten sie mich in den Arm gepiekst, als ich mich gegen Typhus impfen ließ. Komisch, dachte ich noch, so etwas einfach wegzuwerfen, weil sie nämlich gar nicht kaputt zu sein schien. Aber noch während ich darüber nachdachte, sprach mich von hinten Miss King an. Ich hatte sie gar nicht kommen hören. Und sie sagte: >Oh, vielen Dank — die gehört mir. Ich habe sie schon gesucht.< Also gab ich sie ihr, und sie ging damit zurück ins Camp.«

Miss Pierce hielt kurz inne und fuhr dann hastig fort: »Bestimmt hat das überhaupt nichts zu besagen — aber ein wenig seltsam fand ich es doch, dass Carol Boynton eine Spritze von Miss King weggeworfen hatte. Ich meine, es war irgendwie merkwürdig, wenn Sie verstehen, was ich meine. Obwohl es natürlich bestimmt eine sehr gute Erklärung dafür gibt.«

Sie hielt inne und sah Poirot erwartungsvoll an.

Sein Gesicht war ernst. »Ich danke Ihnen, Mademoiselle. Was Sie mir mitgeteilt haben, mag, für sich betrachtet, nicht von Belang sein, aber so viel kann ich Ihnen versichern: Damit ist mein Fall komplett! Jetzt ist alles klar und logisch.«

»Ach, wirklich?« Miss Pierce errötete vor Freude wie ein kleines Kind.

Poirot begleitete sie zurück zum Hotel.

Als er wieder in seinem Zimmer war, fügte er seinem Memorandum einen weiteren Punkt hinzu: 10. — »Ich vergesse nichts. Merken Sie sich das gut. Ich vergesse niemals etwas...«

»»Mais oui«, sagte er. »Jetzt ist alles klar!«

Fünfzehntes Kapitel

»Meine Vorbereitungen sind komplett«, sagte Hercule Poirot.

Mit einem kleinen Seufzer trat er einige Schritte zurück und betrachtete die Vorkehrungen, die er in einem unbewohnten Zimmer des Hotels getroffen hatte.

Colonel Carbury, höchst unelegant an das Bett gelehnt, das an die Wand geschoben worden war, paffte lächelnd seine Pfeife. »Sie sind schon ein komischer Kauz, Poirot«, sagte er. »Mögen es gern dramatisch, was?«

»Nun, vielleicht ist es so«, räumte der kleine Privatdetektiv ein. »Aber es geschieht gewiss nicht nur zu meiner persönlichen Befriedigung. Wer eine Komödie spielen will, muss zuerst für die richtige Kulisse sorgen.«

»Ist das Ganze denn eine Komödie?«

»Selbst wenn es eine Tragödie ist — das decor muss stimmen, unbedingt!«

Colonel Carbury sah ihn neugierig an.