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Er ließ die Eule zu sich zurückkehren und veranlaßte, daß sie seinen Körper bis an die Treppe schaffte. Dann schob sie ihn so weit wie möglich in den Hohlraum unter die Stufen, bis er schließlich kaum noch sichtbar war.

Damit hatte der Vogel seinen Zweck erfüllt, deshalb ließ er ihn hoch in die Luft kreisen und dann fast senkrecht nach unten stürzen, so daß er gegen die Mauer des Farmhauses prallen mußte, die vermutlich härter als der Erdboden war. Er wußte, daß der Aufprall wahrscheinlich die beiden alten Leute aufwecken würde, aber das spielte keine Rolle; sie würden nach einiger Zeit wieder einschlafen, und während er darauf wartete, konnte er die Tiere im Stall genau untersuchen.

Während der letzten Sekunde des Sturzflugs der Eule trat ein unvorhergesehenes Ereignis ein. Der Vogel schloß unwillkürlich die Augen, als er bemerkte, daß er geradewegs auf eine Mauer zuflog. Der Parasit hätte diese Reaktion verhindern können, denn auch die Krähe hatte vor dem Aufprall die Augen geschlossen. Nur hatte er es damals kaum bemerkt weil es keine große Rolle spielte. Aber hier wirkte es sich doch entscheidend aus, denn die Eule, die in der letzten Sekunde blind flog, durchschlug die Scheibe eines Fensters im ersten Stock, anstatt gegen die Mauer des Hauses zu prallen.

Jetzt lag sie im Innern des Hauses, noch immer lebendig aber leicht betäubt und mit einem gebrochenen Flügel. Im Nebenraum wurde ein Schalter betätigt, dann öffnete sich die Tür und ließ einen breiten Lichtstrahl herein, der die Eule fast blendete – aber nicht völlig. Siegfried und Elsa Gross – beide in langen Nachthemden – standen in der Tür und starrten den Vogel an.

»Eine Eule«, sagte Gross überrascht. »Das Biest ist durch das Fenster hereingeflogen. Warte hier, Elsa, ich hole gleich meine Flinte und ...«

»Siegfried, warum willst du sie erschießen? Ich meine, Eulen fressen doch Mäuse und ...«

Der Vogel richtete sich mühsam auf und machte sich zum Angriff bereit, falls er die Menschen anfallen mußte, um erschossen zu werden.

Die Frau trat einen Schritt auf die Eule zu, aber der Mann hielt sie am Arm zurück. »Geh ins Bett, Elsa!« befahl er mit barscher Stimme. »Sie würde dich nur kratzen oder beißen wenn du sie aufhebst. Außerdem hat sie einen gebrochenen Flügel.«

Die beiden verschwanden, aber der Mann kam einen Augenblick später zurück und brachte einen Zimmerstutzen mit. Er legte an und zielte auf den Kopf des Vogels.

Die Eule wartete bewegungslos auf den Schuß.

Und dann befand der Parasit sich wieder in seinem eigenen Körper unter der Treppe. Aber er beobachtete die Ereignisse weiterhin – jetzt mit Hilfe seines Spürsinns, der innerhalb seiner Reichweite eine wesentlich genauere Beobachtung ermöglichte.

Gross stieß den toten Vogel mit dem Gewehrlauf an, um sicherzugehen, daß er nicht mehr lebte. Dann hob er die Eule auf und warf sie durch die zerbrochene Scheibe hinaus, bevor er in das Schlafzimmer zurückkehrte und den Stutzen neben das Bett stellte. Seine Frau lag bereits wieder im Bett, deshalb machte er das Licht aus und kroch ebenfalls unter die Decke.

»Verdammte Eule«, murmelte er dabei vor sich hin. »Muß glatt verrückt gewesen sein. Oder vielleicht blind.«

»Aber ihre Augen ...«

»Menschen oder Tiere können blind sein, obwohl ihre Augen normal aussehen. Erinnerst du dich an das Pferd, das wir vor fünf Jahren erschießen mußten, weil es völlig blind war? Seine Augen hatten sich äußerlich nicht verändert. Warum sollte das nicht auch bei einer Eule möglich sein?«

»Wahrscheinlich hast du recht. Hast du sie dort liegen gelassen?«

»Ich habe sie aus dem Fenster geworfen«, antwortete Siegfried. »Morgen früh muß ich sie noch eingraben. So ein Blödsinn, jetzt muß ich auch noch in die Stadt und eine neue Scheibe besorgen.«

»Das hat keine Eile, wenn das Wetter so bleibt«, beruhigte ihn seine Frau. »Ich werde einfach ein Stück Stoff mit Reißzwecken davor befestigen. Wenn du die Fliegengitter bereits angemacht hättest ...«

»Warum sollte ich, nachdem wir das Zimmer nie benutzen, so daß das Fenster immer geschlossen bleiben kann? Außerdem hätte das Fliegengitter die Eule auch nicht aufgehalten – ich hätte nur noch etwas mehr reparieren müssen. Hast du zufällig auf die Uhr gesehen?«

»Ja. Kurz nach Mitternacht.«

»Okay, gute Nacht.«

Dann herrschte Stille, so daß der Parasit seine Aufmerksamkeit anderen Dingen zuwenden konnte. Selbst wenn der Mann sofort einschlafen sollte, mußte er doch warten, bis die Frau wirklich fest schlief, damit sie möglichst nicht aufwachte, wenn Gross in die Küche hinunterging. Deshalb konzentrierte der Parasit sich vorläufig auf den Stall und die darin schlafenden Tiere.

An entgegengesetzten Enden des länglichen Gebäudes befanden sich ein Schweinekoben und ein mit Maschendraht begrenzter Raum, in dem einige Hühner schliefen. Der Parasit wußte, daß ein Schwein ihm kaum jemals als Wirt nützlich sein konnte, denn diese Tiere waren fast immer eingesperrt. Für Hühner galt das gleiche, und beide Arten hatten gemeinsam, daß sie kaum Selbstmord begehen konnten. Es war immer ärgerlich und gelegentlich sogar gefährlich, von einem Wirt Besitz zu ergreifen, den man später nur unter Schwierigkeiten loswerden konnte, wenn er seinen Zweck erfüllt hatte.

Außer einigen Mäusen enthielt der Stall noch drei Kühe, ein Pferd und eine Katze. Der Parasit hielt sich nicht mit der Untersuchung der Mäuse auf, mit denen bestimmt nicht mehr anzufangen war als mit den gewöhnlichen Feldmäusen, die er überall zur Verfügung hatte.

Die Kühe schienen etwas besser geeignet, deshalb nahm er sich die Zeit, eine von ihnen eingehend zu untersuchen. Zumindest verfügten sie über beträchtliche Kraft. Mit intelligenter Anleitung konnte eine Kuh bestimmt aus jedem Stall entkommen, indem sie den Riegel mit dem Horn anhob oder die Tür einfach aufsprengte. Falls das Tor sich als zu stark erweisen sollte, konnte sie sich bei dem vergeblichen Ausbruchsversuch selbst umbringen, so daß nichts verloren war. Außerdem ließ eine Kuh sich ohne weiteres in eine tödliche Angriffswaffe verwandeln, die jederzeit zur Verfügung stand, denn irgendwo ließ sich immer eine finden, die gerade auf der Weide schlief. Und die allgemein gebräuchlichen Weidezäune waren bestimmt nicht stabil genug, um eine Kuh zu behindern, wenn sie sich entschlossen dagegen warf.

Der Parasit untersuchte auch das Pferd. Es konnte sich ebenfalls als nützlich erweisen. Wahrscheinlich war es für manche Zwecke sogar besser geeignet als eine Kuh. Es konnte wesentlich schneller laufen, über niedrige Zäune hinwegsetzen und höhere durch Hufschläge aus dem Weg schaffen. Und seine Hufe waren ebenso tödlich wie die Hörner einer Kuh.

Zuletzt war die Katze an der Reihe. Während er sie untersuchte und die Ergebnisse dieser Untersuchung mit dem verglich, was er durch Tommy über Katzen erfahren hatte, stellte er fest, daß er hier für einen bestimmten Zweck einen beinahe perfekten Wirt gefunden hatte.

Sie konnte für ihn spionieren. Eine Katze konnte sich überall aufhalten, ohne dabei besonderes Aufsehen zu erregen. Sie bewegte sich schnell und fast unhörbar, sah nachts nicht viel schlechter als eine Eule und tagsüber sogar noch besser. Ihr Gehör war ausgezeichnet. Und nachdem es auf dem Weg zur Stadt Dutzende von Katzen geben mußte – ganz abgesehen von den anderen in Bartlesville selbst –, die häufig für kurze Zeit schliefen, hatte er jederzeit eine als Wirt zur Verfügung.

Da er noch genügend Zeit hatte, entschloß er sich zu einem Versuch, um festzustellen, ob sie sich wirklich in diesem Maß für seine Zwecke eignete. Er ergriff Besitz von der Katze, die im Stall schlief.