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Die Katze erwachte und öffnete die Augen. Ja, sie sah nachts etwas schlechter als eine Eule, aber immer noch gut genug, um Einzelheiten in dem Raum zu erkennen, den das Mondlicht nur schwach erhellte. Der Parasit dirigierte das Tier auf ein offenstehendes Fenster zu und ließ sie hinausspringen. Draußen im Freien sah sie bereits erheblich besser.

Dann ließ er sie mehrere Male um das Haus laufen, wobei ihm auffiel, wie leise sie sich bewegte – selbst auf Kies war kaum ein Geräusch hörbar –, und stellte fest, wie schnell sie rennen konnte. Über kurze Strecken erreichte sie beachtliche Geschwindigkeiten und war schneller als ein Hund; aber wenn sie länger von einem gejagt wurde, konnte nur ein rascher Sprung auf einen Zaun oder einen Baum sie vor ihm retten.

Hinter dem Stall stand ein Baum, wo der Parasit die Kletterfähigkeit der Katze ausprobierte. Das Tier kletterte hervorragend.

Vom Wipfel des Baumes aus erkannte er, daß in dem nächsten Farmhaus noch immer Licht brannte. Eigentlich hatte er nicht die Absicht gehabt, die Katze so weit fortzuschicken und sie so lange als Wirt zu benützen, aber hier bot sich eine ausgezeichnete Gelegenheit, die Verwendbarkeit der Katze als Spion festzustellen.

Er ließ die Katze wieder zu Boden springen und über die Felder auf das andere Farmhaus zulaufen. Das Tier bewegte sich geräuschlos wie ein Schatten durch die Nacht.

Als er das Haus erreicht hatte, sah er, daß die beiden Fenster eines Zimmers im ersten Stock hell erleuchtet waren. Eines der Fenster lag etwa einen Meter über dem Dach der Veranda, das über einen in der Nähe stehenden Baum zu erreichen war. Die Katze sprang mit einem Satz vom Dach auf das breite Fensterbrett.

Ihre Augen gewöhnten sich rasch an das Licht. In der gegenüberliegenden Ecke stand ein Kinderbett, aus dem ein heiseres Husten ertönte. Eine Frau im Bademantel und Hausschuhen beugte sich über das Kind und ein Mann in einem zerknitterten Schlafanzug stand in der Tür. Aus ihrer Unterhaltung – die Katze verstand jedes Wort, obwohl die Fenster geschlossen waren – erfuhr der Parasit, daß das Kind Keuchhusten hatte. Der Mann fragte seine Frau, ob sie ohne fremde Hilfe auskommen könne oder ob er nicht doch lieber Dr. Gruen anrufen solle.

Die Vorgänge in dem Zimmer interessierten den Parasiten keineswegs, aber er wußte jetzt, daß er die Fähigkeiten der Katze richtig eingeschätzt hatte.

Wenn er nicht das Bedürfnis nach Nahrungsaufnahme empfunden hätte, wäre ihm die Katze auch weiterhin als Wirt willkommen gewesen. Mit ihrer Hilfe hätte er die übrigen Häuser zwischen hier und Bartlesville kennenlernen können; vielleicht hätte er sie sogar in die Stadt geschickt, damit sie dem Radiomechaniker abends nach Hause folgte, um zu erfahren, wo der Mann schlief. Aber zunächst galt es das Problem der Nahrungsaufnahme zu lösen. Außerdem bestand in dieser Gegend kein Mangel an Katzen, so daß er später beliebig viele zur Verfügung hatte.

Jetzt mußte er nur noch diese loswerden, nachdem er schon länger als zuerst beabsichtigt in ihr zugebracht hatte. Er ging also das Gedächtnis der Katze durch, um die schnellste und sicherste Methode zu finden, und brauchte nicht lange nach einer Antwort zu suchen.

Auf dieser Farm gab es einen sehr bissigen Hund, der in einer Ecke der großen Scheune an der Kette lag.

Er ließ die Katze wieder von dem Fensterbrett hinabspringen und über den Baum auf den Boden hinunterklettern. Dann schlich sie zu der Scheune hinüber und stellte fest, daß das Tor einen Spalt weit offenstand, so daß sie ohne weiteres hinein konnte. Der Hund begann wütend zu kläffen, als er die Katze witterte. Sie blieb einen Augenblick wartend stehen, bis ihre Augen sich an die hier herrschende Dunkelheit gewöhnt hatten. Dann rannte sie leichtfüßig auf den knurrenden Hund zu und sprang ihm mit einem Satz in die Fänge.

8

Der Parasit befand sich wieder in seinem eigenen Körper unter der Treppe und untersuchte von dort aus sorgfältig das Haus, um sicherzugehen, daß sich dort außer Gross und seiner Frau kein anderes lebendes Wesen mehr befand – wie zum Beispiel ein Hund, dessen Gebell die Frau hätte aufwecken können, wenn Gross nach unten in die Küche ging. Er fand keinen Hund vor; nur einen Kanarienvogel, der in einem zugedeckten Bauer im Wohnzimmer schlief. Sein Wirt brauchte diesen Raum nicht zu betreten.

Siegfried und Elsa Gross schliefen beide friedlich.

Der Parasit ergriff von Gross Besitz – und wieder ereignete sich der schreckliche, aber kurze Kampf, der sich jedesmal abspielte, wenn er sich ein intelligentes Lebewesen als Wirt nahm. Zu seiner großen Enttäuschung dauerte es diesmal weniger lange als bei Tommy Hoffmann. War sein neuer Wirt sogar noch weniger intelligent als der Junge, der in der Schule durchgefallen war und keinerlei Interesse für wissenschaftliche Dinge zeigte? Von diesem älteren Mann hatte er mehr erwartet, aber anscheinend war dies ein Trugschluß gewesen. Gross, das erkannte er sofort, interessierte sich für dergleichen Dinge sogar noch weniger als Tommy Hoffmann. Er hatte die Schule bereits nach der sechsten Klasse verlassen und wußte wenig über das, was außerhalb seiner Farm vorging. Er besaß nicht einmal ein Radiogerät und las nur eine Wochenzeitung und ein Mitteilungsblatt für Farmer – beide allerdings mit erheblichen Schwierigkeiten.

Der Parasit ließ seinen Wirt noch eine Weile unbeweglich liegen, bis er sich in Gross' Verstand orientiert hatte, wodurch er auch die Antwort auf zwei entscheidende Fragen zu finden hoffte.

Beide Antworten fielen zufriedenstellend aus. Erstens – Elsa Gross schlief sehr fest; kein Geräusch, das nicht ebenso laut war wie das der Eule, als sie durch das Fenster flog, würde sie aufwecken. In der Küche, die nicht direkt unter dem Schlafzimmer lag, brauchte er also nicht übertrieben leise zu sein solange er nichts zu Boden fallen ließ. Zweitens – im Kühlschrank stand ein Topf mit etwa einem Liter Fleischbrühe, aber auch eine Schüssel fetter Soße. Aus diesen Zutaten ließ sich eine ideale Nährlösung herstellen, wenn man sie erwärmte, damit die Nahrungsaufnahme schneller vor sich gehen konnte.

Mehr brauchte er im Augenblick nicht zu wissen; alles andere – was ihn aus dem Gedächtnis des Farmers noch interessierte – konnte er später in aller Ruhe in sich aufnehmen. Dazu hatte er mindestens eine Stunde Zeit, während sein Körper in der Nährlösung lag.

Nachdem der Parasit ihm einen kurzen Befehl dazu erteilt hatte, stand Siegfried Gross leise auf und schlich barfuß auf Zehenspitzen an die Schlafzimmertür. Er öffnete und schloß sie so leise wie möglich, tastete sich die Treppe hinunter und machte erst Licht, als er die Küche erreicht hatte.

Dann holte er den Topf und die Schüssel aus dem Kühlschrank, schüttete den Inhalt der beiden Gefäße in einen Topf, der groß genug war, um später den Körper des Parasiten aufzunehmen, und stellte ihn auf den Herd. Nun riß er ein Streichholz an und setzte den Propangasbrenner in Betrieb. Er rührte die Mischung öfters um und kostete von Zeit zu Zeit mit einem Teelöffel, ob sie bereits warm genug war.

Als sie die richtige Temperatur erreicht hatte – ziemlich heiß, denn der Parasit vertrug ohne weiteres erhebliche Temperaturunterschiede, die von minus fünfzig Grad Celsius bis zu plus hundert Grad reichten –, drehte er die Flamme ab.

Daraufhin verließ er das Haus durch die Hintertür, griff unter die Treppe und fand dort den Körper des Parasiten. Er trug ihn in die Küche und legte ihn vorsichtig in die heiße Flüssigkeit.

Nach einem Blick auf die Küchenuhr, damit er den Vorgang nicht zu früh abbrach, ließ Siegfried Gross sich auf einem Stuhl nieder, um dort zu warten. Während dieser Zeit durchforschte der Parasit das Gedächtnis und die Erinnerungen seines Wirts.

Was er dadurch erfuhr, war keinesfalls ermutigend, falls er die Absicht hatte, Gross weiterhin als Wirt zu gebrauchen, nachdem er diese Aufgabe zufriedenstellend erfüllt hatte.