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Als er nach einer Viertelstunde zurückkam, stellte er erstaunt fest, daß die Katze seine Abwesenheit ausgenutzt hatte, um sich überall gründlich umzusehen. In dem dünnen Staubfilm, der den Arbeitstisch teilweise bedeckte, war zu erkennen, wo sie umhergewandert war.

Auf dem Tisch lag auch ein Handbuch über Elektronik, das jetzt an einer anderen Stelle als zuvor aufgeschlagen war. »Katze, hast du dich über Elektronik informiert?« fragte Willie und mußte dabei unwillkürlich lachen. Anscheinend hatte er sich doch mit der Seite geirrt.

Er ließ sich auf seinem Stuhl nieder, nachdem er das Paket geöffnet hatte, und klopfte einladend auf den Tisch. »Komm, wenn du mir bei der Arbeit zusehen willst. Ich würde dir gern alles erklären, aber dazu verstehe ich selbst nicht genug von Elektronik. Es reicht gerade für diese Art Reparaturen, aber darüber hinaus habe ich genauso wenig Ahnung wie du. Aber du darfst mir gern zusehen.«

Er klopfte noch einmal auf den Tisch, und diesmal folgte die Katze seiner Einladung. Sie saß bewegungslos da und beobachtete jeden Handgriff mit einer Konzentration, die für Katzen typisch ist. Willie erklärte ihr jeden Arbeitsgang, während er die Röhre einsetzte, einen Widerstand auswechselte und einige Drähte anlötete.

Die Katze erwies sich als ausgezeichneter Zuhörer. Als sie schließlich nach einiger Zeit auf den Boden sprang, an die Tür lief und dort miaute, schob Willie nur ungern den Stuhl zurück, um sie hinauszulassen.

»Schade, daß du schon gehen mußt, Katze«, sagte er freundlich. »Hoffentlich besuchst du mich bald wieder.«

Draußen regnete es nicht mehr. Willie sah der Katze bedauernd nach, als sie über die Straße rannte und in einem Torweg verschwand.

Willie erfuhr nie, daß er in dieser einen Stunde gewogen und als zu leicht befunden worden war; daß ihm ein Erlebnis erspart geblieben war, das unweigerlich mit seinem Tod geendet hätte.

12

Doc Staunton hatte den Morgen damit verbracht, daß er längere Aufzeichnungen über die beiden Selbstmorde und die damit verbundenen Phänomene machte. Trotzdem war er nicht ganz damit zufrieden, denn diese Aufzeichnungen allein waren nicht genug.

Andererseits wußte er, daß er eine Menge Arbeit vor sich hatte, wenn er alles niederschreiben wollte, denn er hatte keine Schreibmaschine mitgebracht und konnte auch auf einer Maschine nicht sehr viel schneller schreiben. Nach der ersten halben Stunde spürte er bereits die ersten Anzeichen eines Schreibkrampfes, obwohl er bisher nur drei Seiten geschrieben hatte. Und insgesamt würden es wohl vierzig oder fünfzig Seiten werden, wenn er alle Ereignisse detailliert wiedergeben wollte – ganz abgesehen von den dazugehörigen Schlußfolgerungen.

Aber irgendwie mußte er alles festhalten, solange er sich noch an Einzelheiten erinnern konnte. Er überlegte deshalb, ob er nicht nach Green Bay fahren sollte, um dort ein Tonbandgerät zu mieten oder zu kaufen. Aber diese Apparate waren ihm verhaßt, weil er gewöhnlich beim Diktieren auf und ab ging. Und dann mußte er jemand finden, der den diktierten Text abschrieb, deshalb war es vielleicht einfacher, wenn er sich gleich nach einer Stenotypistin umsah.

Wahrscheinlich mußte er auch dazu nach Green Bay fahren, aber zunächst konnte ein Versuch in Bartlesville nicht schaden. Aber an wen konnte er sich dort wenden? Vielleicht an Ed Hollis, den Herausgeber des Clarion? Doc kannte ihn, weil er bereits zweimal mit ihm Poker gespielt hatte. Ja, Hollis war der richtige Mann für diesen Zweck, denn er kannte unter Umständen sogar jemand in Wilcox.

Hollis hackte auf einer alten Underwood herum, als Staunton kurz vor Mittag in sein Büro kam. »Einen Augenblick, Doc«, sagte er und schrieb den angefangenen Satz zu Ende. »Was verschafft mir die Ehre? Spielen Sie heute abend mit?«

»Ich komme gern, Ed. Aber ich wollte Sie eigentlich etwas anderes fragen. Wissen Sie jemand in Bartlesville, der ein Diktat aufnehmen und es dann abschreiben kann?«

»Klar. Miß Talley. Miß Amanda Talley.«

»Arbeitet sie tagsüber? Hat sie nur abends Zeit?«

»Im Augenblick nicht, weil sie Englischlehrerin ist. Im Sommer macht sie nur zwei oder drei Wochen Urlaub und bleibt den Rest der Zeit hier und nimmt Gelegenheitsarbeiten an.

Unter anderem auch Buchhaltung. Wenn einer der Geschäftsinhaber nicht mehr weiter weiß, bringt sie ihm seine Bücher wieder in Ordnung.«

»Stenographiert sie schnell?«

»Aber sicher«, beteuerte Ed. »Früher war sie schließlich Lehrerin für Stenographie, Maschinenschreiben und Buchführung in einer Handelsschule, bevor sie hier an die Oberschule kam. Das ist jetzt schon lange her, aber sie ist nicht aus der Übung gekommen.«

»Klingt ideal«, gab Doc zu. »Wissen Sie zufällig, ob sie jetzt Zeit hat?«

»Nein, aber ich kann sie anrufen.« Ed Hollis griff nach dem Hörer, ließ den Arm aber wieder sinken. »Wieviel Arbeit haben Sie zu erledigen? Eine Stunde oder eine Woche oder was?«

»Ungefähr vier Stunden Diktat, vielleicht etwas länger. Und dann einen oder zwei Tage zur Übertragung in die Maschine.«

Hollis nickte und wählte eine Nummer. »Miß Talley? Ein Freund von mir möchte etwas diktieren und es dann abschreiben lassen. Haben Sie Zeit ... Ausgezeichnet, einen Augenblick.«

Er hielt die Hand über das Mundstück und wandte sich an Staunton. »Sie kann jederzeit anfangen. Aber jetzt ist es schon fast zwölf Uhr. Soll ich ihr sagen, daß Sie um ein Uhr zu ihr kommen?«

»Einverstanden.«

Hollis sprach wieder in den Apparat. »Schön, Miß Talley. Er kommt gegen ein Uhr zu Ihnen ... Er heißt Staunton ... Okay, auf Wiederhören.«

Hollis sah zu Staunton auf. »Ich soll Ihnen noch sagen, was sie normalerweise verlangt.« Er grinste. »Wahrscheinlich hat sie Angst, daß Sie einen Schreck bekommen könnten. Zehn Dollar pro Tag. Oder eineinhalb pro Stunde, wenn es sich um einen kürzeren Auftrag handelt.«

»Völlig angemessen. Wollen Sie nicht mit mir zum Essen gehen, Ed, damit ich ein bißchen Gesellschaft habe?«

»Tut mir leid, Doc, aber heute höre ich bereits um zwei Uhr auf, wenn ich rechtzeitig fertig werde. Ich habe gerade zu Hause angerufen, daß ich dann zum Essen komme.«

Er gab Doc Miß Talleys Adresse und begleitete ihn zur Tür, um ihm den Weg zu zeigen.

Als Staunton gegen ein Uhr die Straße hinunterging, fand er, daß Miß Talley in einem hübschen kleinen Haus wohnte, vor dem ein Volkswagen parkte.

Miß Talley war fast einen Kopf größer als Doc, aber gleichzeitig so schlank, daß sie vermutlich weniger wog als er. Staunton schätzte sie auf etwa sechzig, obwohl sie genauso gut fünf Jahre jünger oder älter sein konnte. Sie wirkte wie eine typische Lehrerin, aber Doc tröstete sich mit dem Gedanken, daß er schließlich nicht die Absicht hatte, sie als Partygirl in seine Dienste zu nehmen.

»Dr. Staunton?« Als er nickte, trat sie in den Flur zurück. »Kommen Sie doch bitte herein.«

»Danke, Miß Talley«, antwortete Doc und betrat das Haus.

»Setzen Sie sich doch, Doktor. Ich hole nur noch meinen Schreibblock und ...«

»Äh – Miß Talley, ich könnte natürlich auch hier diktieren, aber ich möchte doch vorschlagen, daß wir zu mir fahren. Ich wohne ungefähr fünfzehn Kilometer außerhalb von Bartlesville an der Bascombe Road. Wäre es möglich, daß ich Ihnen dort diktiere, wenn Sie die Schreibarbeit hier erledigen können? Es ist nur dumm, daß ich ganz allein dort lebe und ...« Er zuckte mit den Schultern.

Miß Talley lächelte verständnisvoll. »Hier wären wir ebenfalls allein, Doktor, deshalb dürfte das keine Rolle spielen. Ich komme gut ohne Anstandswauwau aus. Aber die Zeit, die durch die Fahrt verlorengeht ...«

»Selbstverständlich«, unterbrach Doc sie, »rechnen wir gleich von jetzt ab. Wenn Sie nur noch Ihren Block und Bleistifte holen ...«