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Wenn er wieder nach Boston zurückfuhr, mußte er jemand finden, der die Katze bei sich aufnahm, aber das war bestimmt nicht allzu schwierig, wenn er sich für den Gefallen mit Geld erkenntlich erwies. Einem Farmer, der bereits mehrere Katzen besaß, konnte es auf eine mehr nicht ankommen, und normalerweise sorgten die Katzen recht gut für sich selbst, indem sie Mäuse fingen.

»Katze«, sagte er deshalb, »ganz im Ernst – möchtest du nicht eine Weile bei mir bleiben? Oh, und wie heißt du eigentlich?« Die Katze trank noch immer und gab keine Antwort.

»Schön, wenn du es mir nicht sagen willst ...« Doc lächelte. »In diesem Fall bekommst du einen brandneuen Namen, mit dem ich dich bereits angesprochen habe. Katze. Er paßt zu dir ... hoffe ich.«

Anscheinend hatte er ihr zuviel Milch gegeben, denn sie trank jetzt nicht mehr, sondern ging wieder an die Tür und setzte sich davor.

»Miau«, sagte sie.

»Ich verstehe, Katze«, antwortete Doc. »Eine ganz natürliche Regung, wenn man bedenkt, wie lange du jetzt schon hier bist. Aber die Tatsache, daß du unbedingt hinaus willst, beweist mir, daß du stubenrein bist. Einen Augenblick, das werden wir gleich haben.«

Er schob seinen Teller zurück, ging durch die Küche und die Kellertreppe hinunter. Dort lag in einer Ecke ein ziemlich großer Haufen Sägemehl, den die Handwerker zurückgelassen hatten, als sie das Haus renovierten. Doc suchte aus einem Stapel alter Pappkartons eine geeignete Schachtel aus, füllte sie mit Sägemehl und nahm sie mit in die Küche hinauf, wo er sie in eine Ecke stellte.

»Das ist für dich, Katze«, erklärte er dabei. »Leider kannst du die nächsten Tage nicht hinaus.«

Die Katze warf einen Blick auf die Schachtel, blieb aber an der Tür sitzen. »Miau«, sagte sie fast klagend.

»Hast du immer im Freien gelebt und kennst keine Schachtel mit Sägemehl?« fragte Doc. »Na, du wirst es schon noch lernen, wenn du nicht anders kannst.«

Er trug das Frühstücksgeschirr zum Spülbecken, um es abzuwaschen.

»Hör zu, Katze«, sagte er über die Schulter hinweg. »Ich finde, daß wir es ein paar Tage lang miteinander versuchen sollten. Während dieser Zeit muß ich eben saubermachen, wenn du dich nicht an das Sägemehl gewöhnst.

Und wenn wir uns gegenseitig mögen, dann lasse ich dir die Wahl – du kannst gehen und wiederkommen, wenn du den Wunsch danach hast, oder dich nie wieder sehen lassen. Ist das fair genug?«

Die Katze gab keine Antwort, wenn man nicht ihr Benehmen als Antwort bezeichnen wollte; sie blieb unbeweglich an der Tür sitzen.

Doc verrichtete seine tägliche Hausarbeit und beachtete die Katze dabei absichtlich nicht, um zu sehen, was sie tun würde.

Der Parasit, der hilflos in dem Körper der Katze gefangen war, aus dem er sich nicht befreien konnte, ohne dabei noch mehr Verdacht zu erregen, blieb an der Tür. Das natürliche Bedürfnis, das die Katze bereits seit einiger Zeit empfand, wurde immer dringender. Aber Staunton wollte sie offensichtlich nicht hinauslassen, sondern sogar noch mehrere Tage lang eingesperrt halten. In dieser Zeit mußte die Katze sich wie jede andere benehmen, denn sonst bestand die Gefahr, daß Staunton noch mißtrauischer wurde. Also blieb nur noch die Wahl zwischen Fußboden und Sägemehlschachtel. Würde Staunton die Katze vielleicht eher in Freiheit setzen, wenn sie so oft wie möglich auf den Boden machte, anstatt wie ein stubenreines Tier die Schachtel zu benutzen?

Plötzlich fiel ihm etwas ein. Es war durchaus möglich, daß Staunton sich danach erkundigte, wem die Katze gehörte, die ihm zugelaufen war. Und dann würde er wahrscheinlich auch andere Einzelheiten erfahren – zum Beispiel die Tatsache, wie stubenrein sie war. Jede Diskrepanz in diesem Punkt mußte seinen bestehenden Verdacht noch mehr verstärken. Der Parasit überlegte sich, daß er sich so benehmen mußte, wie es diese Katze unter den gleichen Umständen getan hätte.

Einen Augenblick später hatte er das Gedächtnis seines Wirts durchforscht und einen Hinweis gefunden. Er ging zu der Schachtel mit Sägemehl hinüber.

Staunton, der immer noch abwusch, warf einen kurzen Blick in die Ecke. »Ausgezeichnet«, meinte er beifällig. »Brave Katze.«

Der Parasit wußte jetzt, daß er diese Methode schon von Anfang an hätte benutzen sollen – das Gedächtnis des Wirts überprüfen und sich dann so benehmen, wie dieser es unter den gegebenen Umständen getan hätte. Warum war ihm das nur nicht schon gestern eingefallen, als die Frau ihn entdeckt hatte – er hätte einfach in die Küche kommen sollen, anstatt sich so auffällig zu verstecken ...

Dann überlegte er sich, was er als nächstes tun mußte, um seine Rolle wirklich täuschend echt zu spielen. Vielleicht irgendwo schlafen? Katzen mochten dazu eine weiche Unterlage. Zum Beispiel das Sofa im Wohnzimmer. Er ging durch die Tür, sprang auf die Polster und rollte sich bequem zusammen.

Staunton kam an die Tür. »Okay, Katze«, sagte er. »Ich freue mich, daß du es dir gemütlich machst. Warum hast du dich gestern und heute nacht eigentlich versteckt?«

Der Parasit ließ die Katze schlafen und sich ausruhen, dachte aber selbst darüber nach, wie ungeschickt es von ihm gewesen war, sich verborgen zu halten, nachdem die Frau ihn gesehen hatte und Staunton durch die Spuren im Mehl von seiner Anwesenheit wußte.

Erst jetzt nahm er sich die Zeit, das Gedächtnis seines Wirts genau zu untersuchen. Es war zwar ärgerlich, daß er hier ein paar Tage verlieren würde, aber schließlich konnte er später alles wieder einholen. Staunton hatte offenbar nicht die Absicht, ihn psychologischen Tests zu unterziehen, sondern wollte ihn nur unter Beobachtung halten. Nun, davor brauchte der Parasit keine Angst zu haben, wenn er seine Rolle gut spielte ...

Kurze Zeit später betrat Staunton das Wohnzimmer. »Katze«, sagte er, »ich fahre jetzt in die Stadt; du mußt unterdessen hier die Festung halten. Ich werde dir Katzenfutter in Dosen oder Leber mitbringen, damit du siehst, was für ein perfekter Wirt ich bin.«

Der Parasit hätte sich fast durch eine überraschte Bewegung verraten, bevor ihm einfiel, daß Staunton das Wort »Wirt« in einem völlig anderen Zusammenhang gebraucht hatte. So blieb die Katze ruhig liegen und sah den Mann schläfrig an.

Als Staunton zur Tür ging, sprang die Katze zu Boden und lief ihm nach, um in ihrer Rolle zu bleiben. Aber er hielt sie am Nackenfell fest – dabei faßte er sie zum erstenmal an – und schob sie dann von der Tür fort, bis er sie von außen schließen konnte.

In Bartlesville ging Doc zuerst in die Redaktion des Clarion.

Hollis sah von seiner Schreibmaschine auf. »Tag, Doc, was gibt es Neues?«

»Nichts Außergewöhnliches, Ed, ich wollte Sie nur etwas fragen. Wissen Sie zufällig, ob jemand seit gestern seine Katze vermißt?«

Hollis lachte. »Eine Katze? Die gibt es hier doch haufenweise. Wenn eine fortläuft, dann ist sie eben weg. Warum? Haben Sie eine gefunden?«

»Ja. Und ich möchte sie vielleicht behalten, wenn sie bei mir bleiben will. Aber nur dann, wenn ich weiß, daß ihr Besitzer keinen Wert mehr darauf legt. Es könnte ja sein, daß sie einem Kind gehört.«

»Hm, Sie haben recht. Warum geben Sie nicht einfach eine Anzeige unter der Rubrik ›Verloren/gefunden‹ auf? Ich müßte sie allerdings bis Freitag haben, das heißt vor Redaktionsschluß.«

Staunton überlegte einen Augenblick. Wenn er die Anzeige gleich jetzt aufgab, mußte er nicht noch einmal hierher kommen. »Okay, Ed, dann gebe ich Ihnen den Text gleich«, sagte er deshalb. »›Mittelgroße graue Katze zugelaufen.‹ Setzen Sie eine Chiffre dazu; ich komme dann nächste Woche vorbei und erkundige mich, ob eine Antwort eingegangen ist.«