»Wird gemacht, Doc.« Hollis schrieb den Text nieder. »Da fällt mir übrigens ein, wem die Katze gehören könnte. Vergangene Woche war ich bei den Kramers – und dort lief eine nicht sehr große graue Katze herum. Die Kramer-Farm liegt bei Ihnen draußen, deshalb könnte es die gleiche Katze sein.«
»Wo wohnen die Leute genau?«
»Nur ein paar hundert Meter von der Gross-Farm entfernt in Richtung Osten. Sie müssen das Haus gesehen haben, als Sie mit dem Sheriff bei Mrs. Gross waren.«
»Ja, jetzt erinnere ich mich. Danke, Ed. Aber lassen Sie die Anzeige bitte trotzdem erscheinen, falls ich es mir nicht noch anders überlege.«
Doc überquerte die Straße und betrat den Drugstore, um von dort aus Miß Talley anzurufen, ob sie wie vereinbart bis Donnerstag mittag mit der Arbeit fertig sein würde und ob sie etwas Neues gehört hätte. Ja, sie würde bestimmt rechtzeitig fertig, wie sie versprochen hatte, und nein, sie hatte nichts erfahren. Das war allerdings auch nicht zu erwarten gewesen, solange sie noch mit der Schreibarbeit beschäftigt war.
Dann fragte sie, ob er eine Katze in dem Haus vorgefunden habe. Staunton gab einen kurzen Bericht und fügte hinzu, daß er sie vorläufig bei sich behalten wolle.
Auf der Heimfahrt hielt er vor dem Haus der Kramers an. Auf den Stufen vor dem Eingang sonnten sich zwei Katzen. Beide wiesen eine gewisse Ähnlichkeit mit der anderen auf und konnten ohne weiteres aus dem gleichen Wurf stammen.
Eine freundliche ältere Frau öffnete ihm, nachdem er an die Tür geklopft hatte.
»Mein Name ist Ralph Staunton«, stellte er sich vor. »Ich wohne in dem letzten Haus an der Bascombe Road. Ich wollte ...«
»Oh, ja«, unterbrach sie ihn. »Ich habe Sie schon öfters vorbeifahren sehen. Wollen Sie nicht einen Augenblick hereinkommen?« Sie trat einen Schritt zurück, um den Eingang freizugeben.
»Gern, aber nur für ein paar Minuten. Es handelt sich um folgendes, Mrs. Kramer – Sie haben eine graue Katze, wenn ich richtig informiert bin, und mir ist eine zugelaufen, die den beiden anderen dort draußen ähnlich sieht. Deshalb wollte ich fragen ...«
»Oh, ja. Ich dachte schon, daß ihr etwas zugestoßen sei, weil sie plötzlich verschwunden war.«
»Nein, zugestoßen ist ihr nichts, sie hat sich nur in mein Haus verirrt. Ich wollte sie eigentlich gern behalten. Würden Sie sie mir verkaufen?«
Sie lachte. »Verkaufen? Mein Gott, ganz bestimmt nicht! Aber Sie dürfen sie gern behalten, wenn sie Ihnen gefällt. Wir haben noch drei andere – und eine von ihnen bekommt schon wieder Junge.« Sie schüttelte den Kopf. »Wir können allmählich bereits mit Katzen handeln.«
»Danke, Mrs. Kramer«, sagte Doc. »Ich behalte sie gern. Wenn ich wieder nach Boston zurück muß, werde ich sie irgendwo unterbringen oder sie mitnehmen, wenn es nicht anders geht. Natürlich unter der Voraussetzung, daß sie bei mir bleiben will.«
»Aber Sie sagten doch eben ...«
»Vorläufig habe ich sie noch im Haus eingesperrt, um zu sehen, ob sie sich an mich gewöhnt. Aber in einigen Tagen werde ich sie wieder hinaus lassen – und dann sehen wir ja, ob sie bei mir bleibt oder zu Ihnen zurückläuft. Ich kann sie nicht gut gegen ihren Willen bei mir behalten; Katzen sind sehr selbständig.«
»Sie haben recht, Mr. Staunton. Aber ich hoffe trotzdem, daß sie bei Ihnen bleibt. Sie heißt übrigens Pat.«
»Von jetzt ab nicht mehr, wenn sie bei mir bleibt«, sagte Doc. »Ich habe ihr einen neuen Namen gegeben und nenne sie Katze.«
Mrs. Kramer lachte.
Die Katze mußte gehört haben, daß Staunton zurückkam, denn sie wartete an der Tür und versuchte zu entwischen, aber er hielt sie zurück. »Nein, Katze«, sagte er, nahm sie diesmal in den Arm und stieß die Tür mit dem Fuß zu. »Ich habe dir doch erklärt, daß du vorläufig unter Arrest stehst. Dann kannst du dich entscheiden, ob du als Katze bei mir bleiben, oder als Pat zu den Kramers zurückgehen willst. Ich kenne dich nämlich jetzt, mußt du wissen.«
Er setzte sie auf das Sofa und sah nachdenklich auf sie hinunter. »Oder vielleicht doch nicht?« fügte er dann leise hinzu.
Erst als er ein Fenster öffnen wollte und es gerade noch rechtzeitig unterließ, fiel ihm ein, daß er die Fliegengitter nicht bestellt hatte. Nun, morgen mußte er ohnehin wieder nach Bartlesville; ein Tag mehr oder weniger spielte bestimmt keine Rolle.
16
Ein Tag mehr oder weniger spielte tatsächlich keine Rolle, wie er erfuhr, als er am Donnerstag die Gitter bestellten wollte. Hand Purdy, der einzige wirklich gute Schreiner der Stadt, hatte bereits mehr Arbeit, als er in dieser Woche bewältigen konnte. Aber er versprach an einem der nächsten Tage zu dem Haus hinauszufahren, um die Fenster auszumessen und einen Kostenvoranschlag zu machen. Doc hätte sich nach einem anderen umsehen können, aber er wollte Hank den Auftrag geben, weil sie schon mehrmals zusammen Poker gespielt hatten. Schließlich hatte er nicht die Absicht, die Katze für ewige Zeiten eingesperrt zu halten, so daß er ohne weiteres warten konnte.
Er parkte den Kombiwagen vor Miß Talleys kleinem Haus. Sie mußte ihn dabei beobachtet haben, denn sie öffnete die Tür, bevor er sie erreicht hatte.
»Kommen Sie herein, Doktor. Alles bereits fertig. Hier, setzen Sie sich, ich hole gleich meinen Schreibblock.«
»Danke, Miß Talley, aber ich möchte die beiden Briefe doch nicht schon heute diktieren. Ich will noch ein paar Tage lang über die Angelegenheit nachdenken, bevor ich sie abschicke. Und vielleicht erfahre ich in der Zwischenzeit noch etwas, das ich dann gleich in den Briefen erwähnen kann.«
»Wenn Sie wirklich meinen ...« Sie schob einen dicken braunen Umschlag über den Tisch. »Wollen Sie es gleich hier durchlesen?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, erst später. Aber ich möchte mich ein paar Minuten mit Ihnen unterhalten, wenn Sie nichts anderes zu tun haben.«
Miß Talley nickte. Er erzählte ihr von der Katze. »Zuerst hatte ich richtig Angst vor ihr.« Er lachte. »Wahrscheinlich war daran vor allem Ihr Gerede von Besessenen und Dämonen schuld. Aber jetzt bin ich völlig anderer Meinung und hoffe sogar, daß sie bei mir bleibt. Sie ist bestimmt völlig normal, Miß Talley.«
»Und Buck war ein völlig normaler Hund, bis er vor Ihren Wagen sprang. Ich finde es nicht richtig, daß die Katze bei Ihnen bleiben soll, Doktor. Sie werden vielleicht darüber lachen – aber ich mache mir wirklich Sorgen deswegen.«
»Alles ist in bester Ordnung, Miß Talley. Ich fürchte, daß wir beide die Sache etwas zu tragisch genommen haben.«
»Möglich, Doktor ... Versprechen Sie mir, daß Sie die Berichte und die Briefe an die beiden Freunde schicken werden, wie Sie es vorhatten?«
Staunton seufzte resigniert. »Schön, dann schicke ich das Zeug eben ab. Aber zuerst möchte ich noch darüber nachdenken.«
»Einverstanden. Diese Woche bin ich jeden Nachmittag zu Hause, wenn Sie also kommen wollen, um die Briefe zu diktieren ...«
An diesem Abend setzte er sich nach dem Essen auf das Sofa im Wohnzimmer. Die Katze lag bereits dort und schnurrte laut, als er sie streichelte.
»Na, gefällt es dir allmählich bei mir, Katze? Rechnen wir einmal nach; jetzt ist Donnerstagabend. Wir müssen uns auf den Tag und die Stunde einigen, wann du deine Wahl treffen kannst. Wie paßt die Montag? Bisher habe ich dich nach dem Mittagessen gefüttert, deshalb werde ich dich am frühen Morgen hinaus lassen – wenn du immer noch hinaus willst. Dann hast du Zeit zum Überlegen, bevor du wieder hungrig bist.
Wenn ich in die Stadt fahren muß, bleibe ich nicht lange und bin jedenfalls bis Mittag wieder zurück, damit ich dich füttern kann, wenn du willst. Einverstanden?«