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Aber in der Zwischenzeit arbeitete er auch gern auf einer Farm und war über diese Gelegenheit froh, weil er sich dadurch etwas Geld für sein Studium verdienen konnte. Sein Lohn war nicht allzu hoch, aber trotzdem angemessen. Und er arbeitete ganztägig, denn schon nach wenigen Tagen hatte sich herausgestellt, daß er seine gesamte Arbeitskraft auf der Gross-Farm einsetzen mußte, um das Land vor dem Verwildern zu bewahren. Sein Vater hatte dies ebenfalls eingesehen und keine Einwände dagegen erhoben.

Jim schnitt ein halbes Dutzend große Maiskolben ab, überlegte einen Augenblick und nahm noch zwei mit. Er kannte seinen Appetit und schätzte, daß Mrs. Gross nicht mehr als zwei essen würde, während er sechs vertragen konnte. Dann suchte er noch ein paar schöne Gurken aus und brachte alles zusammen in die Küche zu Mrs. Gross.

»Warte, Jim«, sagte sie, als er wieder gehen wollte. »Du kannst gleich hierbleiben, denn es lohnt sich nicht, wenn du noch einmal hinausgehst, bevor wir essen. Vielleicht ruhst du dich ein bißchen aus, du hast schwer gearbeitet.«

»Danke, gern«, antwortete er. »Ich bin drüben in der Scheune, wenn Sie mich suchen.«

»Warum willst du dich ins Heu legen, wenn im Wohnzimmer ein bequemes Sofa steht?«

Jim nickte zustimmend und ging in das Wohnzimmer hinüber. Dort setzte er sich auf das Sofa, zog die Stiefel aus, um die Polster nicht zu beschmutzen, und streckte sich aus. Er war nicht richtig müde, aber eine Viertelstunde Schlaf konnte nicht schaden. Jim gehörte zu den Glücklichen, die zu jeder Tageszeit und an jedem Ort einschlafen können, um bereits nach zehn Minuten völlig erholt aufzuwachen.

Er schloß die Augen und schlief – und spürte den kurzen Kampf kaum, der sich in seinem Innern abspielte.

Er blieb ruhig liegen – aber der Parasit untersuchte bereits sein Gedächtnis, um sich auf die Rolle vorzubereiten, die er als Jim Kramer zu spielen hatte. Wenigstens einen Tag lang.

»Alles fertig, Jim«, rief Mrs. Gross aus der Küche. »Bist du wach?«

»Klar«, antwortete er. »Ich komme gleich.« Er zog sich die Stiefel an und band die Schuhbänder zu.

Dann stand er auf und ging an die Küchentür. »Mmm, das riecht aber gut«, stellte er fest.

»Setz dich. Iß, solange alles noch heiß ist.«

Nach dem Essen ging Jim zu seiner Arbeit zurück und zupfte den ganzen Nachmittag weiter Bohnen. Morgen sollten sie in die Stadt zur Sammelstelle gebracht werden, von wo aus sie in die Konservenfabrik transportiert wurden. Aber – das wußte der Parasit genau – bestimmt nicht von seinem gegenwärtigen Wirt, morgen um diese Zeit würde Jim Kramer bereits tot sein.

Gegen Abend trieb er noch die Kühe von der Weide in den Stall und melkte sie. Dann war er für heute fertig und ging nach Hause.

Der Jim Kramer, der an diesem Abend mit seinen Eltern am Tisch saß, war vielleicht etwas stiller als sonst, aber trotzdem keineswegs verändert. Seltsam war nur die Art und Weise, wie er seinen Abend verbrachte, denn nach dem Essen holte er sich ein zehnbändiges Lexikon aus dem Bücherschrank und begann darin nachzuschlagen. Sein Vater sah ihm über die Schulter und stellte fest, daß der Junge die Eintragungen über »Radar«, »Elektronik« und »Datenverarbeitung« las.

»Willst du doch lieber Elektrotechnik anstatt Maschinenbau oder Chemie studieren, Jim?« fragte er.

»Ich will mich nur ein bißchen darüber informieren, Dad«, antwortete sein Sohn. »Das Gebiet ist ganz interessant und bestimmt aussichtsreich. Vielleicht versuche ich es damit, wenn ich daraus schlau werde.«

»Hm, gar nicht dumm. Aber du hast doch noch ein ganzes Jahr Zeit, mein Junge.«

»Stimmt, aber ich muß mir überlegen, welche Fächer ich im letzten Jahr Oberschule nehmen will. Und die Schule fängt nächsten Monat wieder an ...«

Mr. Kramer zuckte mit den Schultern. »Okay, Jim. Das kannst du selbst am besten entscheiden; du weißt mehr darüber als ich.«

»Noch etwas, Dad. Kann ich morgen früh ein paar Stunden lang den Lieferwagen haben?«

»Von mir aus; ich brauche ihn nicht. Aber wie steht es mit deiner Arbeit bei Mrs. Gross?«

»Keine Angst, ich kann für sie arbeiten und trotzdem etwas für mich erledigen. Morgen soll ich eine Ladung Bohnen für sie nach Bartlesville bringen und bei der Sammelstelle abliefern. Aber mit dem Auto kann ich in derselben Zeit nach Green Bay und zurück fahren, die ich sonst brauchen würde, um mit Pferd und Wagen nach Bartlesville zu kommen. Und in Green Bay bekomme ich bestimmt mehr für die Bohnen – und kann etwas für mich besorgen.«

»Das wäre?«

»Ich möchte nur in die Stadtbücherei und ein paar Bücher ausleihen. In dem Lexikon hier muß ich an verschiedenen Stellen nachschlagen und habe trotzdem keinen einigermaßen zusammenhängenden Text. Ein wirklich gutes Fachbuch über die Grundlagen der Elektrotechnik wäre bestimmt besser.«

»Das sehe ich ein, Jim. Wenn du in der Bücherei kein Glück hast, gehst du einfach in eine Buchhandlung. Ich bezahle dir das Buch – auch mehrere.«

»Vielen Dank, Dad. Ich nehme an, daß ich in der Bücherei ein Fachbuch darüber finde, aber wenn das nicht klappt, nehme ich dich bestimmt beim Wort.«

Er stellte das Lexikon an seinen Platz zurück. Der Parasit, der den gedruckten Text durch Jim Kramers Augen wahrgenommen hatte, konnte jetzt jede Seite auswendig, die der Junge anscheinend nur überflogen hatte. Später wollte er das Gelernte in aller Ruhe auswerten.

Den Rest des Abends verbrachte Jim damit, daß er die letzte Ausgabe der Zeitschrift Popular Mechanics las, die er abonniert hatte. Seine Eltern gingen schon gegen zehn Uhr zu Bett, aber er hatte sie allmählich davon überzeugen können, daß er weniger Schlaf brauchte; deshalb blieb er wie üblich noch eine Dreiviertelstunde länger auf. Kurz vor elf aß er noch etwas – ebenfalls wie üblich – und ging dann die Treppe hinauf in sein Zimmer. Aber er schlief nicht, sondern zog nur die Schuhe aus und blieb ruhig auf dem Bett liegen, bis er auf dem Leuchtzifferblatt seiner Uhr sah, daß es halb drei war. Dann schlich er sich aus dem Haus, wobei er seine Schuhe in der Hand trug.

Draußen schien der Mond, was einerseits vorteilhaft war, weil Jim dadurch besser sehen konnte, aber andererseits den Nachteil hatte, daß er selbst gut zu sehen war. Und das mußte er unbedingt vermeiden. Wenn er morgen auf der Fahrt nach Green Bay einen Unfall hatte – der Parasit wollte noch so lange warten, weil Jim nachts nicht ums Leben kommen konnte, ohne beträchtliches Aufsehen zu erregen –, durfte es nicht geschehen, daß später jemand berichtete, er habe Jim Kramer in der Nacht vor seinem Tod da und da gesehen. Er schlich sich an die Gross-Farm heran, holte den Körper des Parasiten unter der Treppe hervor und verwischte sorgfältig alle Spuren.

Dann verbarg er den Körper unter dem Hemd, damit niemand erzählen konnte, er habe etwas getragen, falls er doch beobachtet wurde, und machte sich auf den Weg zu Stauntons Haus. Dabei umging er alle Farmen in der Nachbarschaft in einem weiten Bogen, so daß er unverhältnismäßig lange brauchte, bis er das dunkle Gebäude vor sich liegen sah. Auch hier führte eine Treppe zu der Hintertür hinauf, unter der er den Körper des Parasiten versteckte. Dabei gab er sich besondere Mühe, um nach Möglichkeit keinerlei Spuren zu hinterlassen.

Nachdem er seine Arbeit beendet hatte, ging er nach Hause zurück und schlich sich in sein Zimmer hinauf. Auftrag ausgeführt. Diesmal zog er seinen Schlafanzug an, weil seine Mutter zum Wecken hereinsehen würde, und brachte dann das Bett so in Unordnung, als habe er wirklich darin geschlafen. Kurze Zeit später kam seine Mutter an die Tür und rief nach ihm. Er antwortete mit verschlafener Stimme und setzte sich gähnend auf.