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Er schaffte es mit letzter Kraft. Ein prüfender Blick auf Miß Talleys Arbeit, dann seufzte Doc zufrieden und sank zurück. Eine Sekunde später war er eingeschlafen.

Miß Talley beobachtete ihn einige Minuten lang. Dann griff sie nach der Schrotflinte und öffnete die Haustür, weil sie feststellen wollte, ob der Feind bereits von Dr. Staunton Besitz ergriffen hatte und ihn nur weiterschlafen ließ. Ein großer schwarzer Vogel stürzte sich auf sie herab, aber sie sah, daß noch Zeit genug war, in das Haus zurückzutreten, anstatt einen Schuß zu wagen, der vielleicht sein Ziel verfehlte. Sie schloß die Tür hinter sich, als draußen etwas Schweres auf die Treppe aufschlug.

Der Parasit war überrascht und verärgert gewesen, als Miß Talley plötzlich auf der Bildfläche erschien. Zu diesem Zeitpunkt hatte er sich in einem Vogel befunden, aber er hatte das Tier rasch auf die Erde stürzen lassen, als er den Volkswagen kommen sah. Dann hatte er von dem Stier Besitz ergriffen und war dem Auto nachgerannt, um es anzugreifen. Staunton hatte ihn daran gehindert, als er absichtlich zu niedrig schoß, um den Stier nur zu verwunden. Deshalb hatte er die Richtung geändert und den Mann attackiert, der nun besser treffen mußte, um sein Leben zu retten.

Aus der Unterhaltung der beiden Menschen, die er von seinem Platz unter der Treppe aus belauschte, hatte er erfahren, daß Miß Talley den Sheriff verständigt hatte. Gewiß, der Sheriff wollte erst morgen kommen, aber vielleicht überlegte er es sich doch und schickte zumindest einen Deputy, der noch heute erscheinen konnte. Der Parasit überlegte, daß es nicht schaden würde, wenn er rechtzeitig davon erfuhr, ob sich ein Auto auf der Straße näherte, um rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Vielleicht war es sogar besser, wenn er den Fahrer des Wagens tötete, bevor dieser die Besatzung des belagerten Hauses verstärkte.

Aus diesem Grund unternahm der Parasit regelmäßige Kontrollflüge über dem Haus und der Straße – so wie Miß Talley und Staunton immer wieder alle Fenster kontrollierten. Nach jedem Flug ließ er seinen Wirt zu Boden stürzen und befand sich sofort wieder in seinem eigenen Körper unter der Treppe.

Von einem dieser Flüge kehrte er eben zurück und wollte seinen Wirt – einen Bussard – auf den Erdboden aufprallen lassen, als zu seiner Überraschung Miß Talley allein, aber mit der Schrotflinte bewaffnet vor der Haustür erschien. Selbstverständlich stürzte er sich sofort auf sie, wobei sein Wirt den Tod fand.

Er befand sich also wieder in seinem eigenen Körper, so wie Miß Talley sich in dem Haus befand, und machte von dort aus die sogar noch überraschendere Feststellung, daß sein zukünftiger Wirt gefesselt auf dem Sofa im Wohnzimmer schlief. Daß er schlief, war keine Überraschung, wohl aber, daß er an Händen und Füßen gefesselt war!

Ein geschickter Schachzug! Keiner der beiden hatte diesen Plan in den Gesprächen erwähnt, die der Parasit belauscht hatte. Einer von ihnen mußte ihn sich plötzlich überlegt haben, und dann hatten sie ihn ohne Zögern ausgeführt.

Wenn er jetzt von Staunton Besitz ergriff, war er hilflos, bis Stauntons Körper wieder von den Fesseln befreit war. Er überlegte und kam dann zu dem Schluß, daß er es doch wagen konnte. Die Frau konnte Staunton nicht ewig gefesselt halten. Und wenn er jetzt von Staunton Besitz ergriff, konnte er die Zeit gut nützen. Wenn er Stauntons Gedächtnis genauestens untersucht hatte und ihn dann aufwachen ließ – am besten erst gegen morgen früh – konnte er Stauntons Rolle so überzeugend spielen, daß Miß Talley ihn ahnungslos befreien würde. Und dann ... Nun, alle weiteren Einzelheiten ließen sich auch später noch planen, wenn er wartete, bis er Staunton aufwachen lassen konnte.

Er ergriff Besitz von dem Mann.

Und dann machte er eine neue Erfahrung – nicht der Art nach, aber in bezug auf die Intensität. Jedes Lebewesen, von dem er bisher Besitz ergriffen hatte, hatte sich zumindest Sekundenbruchteile lang dagegen gewehrt. Die Gegenwehr war kurz in den Fällen, wo es sich um ein Tier handelte; etwas heftiger, aber trotzdem nicht sehr ausdauernd bei den drei Menschen – den beiden Schuljungen und dem alten Farmer.

Auch dieser Kampf unterschied sich eigentlich nicht von den vorhergegangenen, aber er dauerte um Sekunden länger – und Staunton verlor nicht sofort die Beherrschung über seinen Körper. Er brachte es sogar fertig, sich mit einer geradezu übermenschlichen Anstrengung halbwegs aufzurichten und die Worte hervorzustoßen: »Unter den Stufen. Ein Ding wie ...«

Aber dann war alles vorüber; der Parasit war Sieger.

Doc Staunton ließ sich zurücksinken und atmete tief, bevor er die Augen öffnete. Er sah Miß Talley an, die neben dem Sofa stand und ihn anstarrte. »Ich muß wohl schlecht geträumt haben, Miß Talley«, meinte er beiläufig. »Wahrscheinlich war ich zu übermüdet. Habe ich im Traum etwas gesagt?«

Miß Talley antwortete erst nach einer kurzen Pause. »Ja, Sie haben etwas gesagt, Doktor – wenn Sie wirklich Dr. Staunton sind. Ich wiederhole: ›Unter den Stufen. Ein Ding wie ...‹ Das war alles. Wovon haben Sie geträumt?«

»Mein Gott, Miß Talley, wie soll ich das noch genau wissen! Oder doch – es war irgend etwas mit einem Stier, der ... Ach, ja, ich habe geträumt, daß ich von einem wütenden Stier verfolgt wurde und mich unter der Treppe vor dem Haus verstecken wollte – im Traum hatte ich keine Waffe. Jetzt kann ich wohl wieder einschlafen, ohne schlecht zu träumen, hoffe ich jedenfalls.« Er schloß die Augen.

»Dr. Staunton, Sie haben mir selbst erzählt, daß Sie das gesamte Haus von oben bis unten durchsucht haben, weil Sie glaubten, daß der Feind sich darin verborgen halten könnte. Dazu gehört auch der Raum unter der Treppe. Außerdem sagten Sie nicht ›Treppe‹, sondern ›Stufen‹. Drei Stufen führen vor dem Haus zur Tür hinauf; vor der Hintertür sind es noch einmal drei. Ich werde jetzt darunter suchen. Solange es draußen noch hell ist.«

»Miß Talley, das ist doch lächerlich! Ich habe nur schlecht geträumt und ...«

Aber er sprach ins Leere. Miß Talley öffnete bereits die Haustür und hatte die Pistole und die Schrotflinte mitgenommen. Und die Taschenlampe, falls es unter den Stufen bereits zu dunkel war.

Sie sah sich nur einmal kurz um, obwohl sie nicht glaubte, daß ein Angreifer auftauchen würde, und bückte sich dann, um den Hohlraum unter den Stufen mit der Taschenlampe auszuleuchten. Auf den ersten Blick war nichts zu erkennen, aber vielleicht mußte sie den Boden aufgraben, nachdem sie zunächst unter den anderen drei Stufen gesucht hatte. Sie ging um das Haus herum.

Auch dort war nicht gleich etwas zu erkennen, aber dann zeigte sich eine Stelle im Lichtschein der Taschenlampe, an der die feuchte Erde etwas dunkler erschien – als sei sie festgeklopft worden. Und dann – der Abdruck einer menschlichen Hand!

Sie achtete nicht darauf, daß ihre Kleidung schmutzig wurde, sondern ließ sich auf Hände und Knie nieder und kroch halb unter die Stufen, bis sie den dunkleren Fleck mit einer Hand erreichen konnte. Die Erde lag dort nur locker aufgehäuft und ließ sich leicht bewegen. Sie fühlte – etwas. Es hätte der Panzer einer Schildkröte sein können, aber Schildkröten graben sich nicht auf diese Weise ein. Miß Talley kroch rückwärts aus dem Hohlraum heraus und nahm dabei dieses Etwas mit. Es sah wirklich wie der Panzer einer Schildkröte aus, obwohl es weder Öffnungen für Kopf, Beine noch Schwanz aufwies ... Und auf den zweiten Blick wirkte es entschieden – fremdartig.

Sie ließ es entsetzt fallen, hielt die Mündung der Pistole dagegen und drückte ab.

Im Wohnzimmer schrie Dr. Staunton laut auf. Sie ließ die Pistole fallen, vergaß die Schrotflinte mitzunehmen und rannte um das Haus herum auf den Eingang zu.