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»Wie ungemein großzügig«, sagte Mehmed spöttisch.

»Trotzdem: Ich fürchte, ich muss euer Geschenk ablehnen. Die Burg interessiert mich nicht. Sie hat keinen strategischen Wert für uns und der Aufwand, sie niederzureißen, wäre zu groß.«

»Und die Stadt?«, fragte Andrej.

»Petershausen?«

»Es ist, wie du sagtest«, antwortete Mehmed.

»Sie ist bedeutungslos. Viele meiner Männer würden sterben, wenn wir diese Stadt erobern, von der nie jemand etwas gehört hat. Mein Heer hat bereits angehalten. Sobald wir wieder zu ihm gestoßen sind, setzen wir unseren ursprünglichen Weg fort. Wir wollten den Pfähler, wir haben ihn.«

»Durch uns, ja«, sagte Andrej.

»Warum werden wir noch hier festgehalten? Wir haben unseren Teil der Abmachung eingehalten. Jetzt verlange ich, dass auch du deinen Teil einhältst.«

»Du verlangst?« Mehmed lächelte dünn.

»Ich wüsste nicht, was du zu verlangen hättest!«

»Das hat er auch nicht so gemeint«, sagte Abu Dun hastig.

»Verzeiht ihm, Herr, aber ich ...«

»Er hat es ganz genau so gemeint«, fiel ihm Mehmed ins Wort, leise und ohne Andrej aus den Augen zu lassen.

»Und er hat Recht. Was würde mich von einer Kreatur wie Tepesch unterscheiden, wenn ich mein Wort nicht hielte?«

»Niemand würde es merken«, sagte Andrej.

»Aber ich wüsste es.« Mehmed schüttelte den Kopf.

»Ihr dürft gehen. Es sei denn, ihr wollt bleiben, um Tepeschs Hinrichtung beizuwohnen.«

»Ich habe genug Blut gesehen.«

»Dann geht«, sagte Mehmed.

»Und nehmt noch einen letzten Rat von mir an. Geht nicht nach Westen. Wenn wir uns noch einmal gegenüberstehen sollten, dann als Feinde.« Er wandte sich mit erhobener Stimme an seine Männer. »Wir brechen auf! In die Sättel! Und bringt den Gefangenen!« Er sprach an Andrej gewandt weiter:

»Wartet, bis wir weg sind. Dann könnt ihr gehen, wohin ihr wollt.«

»Danke«, sagte Andrej.

»Ihr seid ein Mann von Ehre, Mehmed.«

»Und ein Mann, der zu seinem Wort steht«, fügte Mehmed hinzu. Da war etwas wie eine Drohung in seiner Stimme, die Andrej nicht mehr überhören konnte, so gerne er es auch gewollt hätte. Er drehte sich herum und ging zu seinem Pferd. Zwei seiner Männer hatten Tepesch aus dem Käfig gezerrt und stellten ihn grob auf die Füße, ein dritter ging, um ein Pferd zu holen, dass Mehmed offenbar schon für den Gefangenen mitgebracht hatte. Und plötzlich war eine kleine, schlanke Gestalt hinter ihnen. Abu Dun sog erschrocken die Luft zwischen den Zähnen ein und Andrej schrie verzweifelt:

»Frederic! Nein!«, aber es war zu spät. In Frederics Hand blitzte ein Messer, die grässliche, gezahnte Klinge, mit der Tepesch ihn im Keller gefoltert hatte. Andrej hatte es nicht einmal bemerkt, doch Frederic musste sie aufgehoben und unter seiner Kleidung versteckt haben, zweifellos, um sie genau in einem Moment wie diesem zu benutzen. Er tat es mit unglaublicher Präzision und Kaltblütigkeit. Einer der beiden Türken schrie auf, als Frederic die Klinge tief durch das Fleisch seiner Wade zog, der andere taumelte mit einer hässlichen Schnittwunde im Unterarm davon, noch bevor sein Kamerad ganz zu Boden gestürzt war. Dann warf sich Frederic mit einem Schrei auf Tepesch. Die Klinge sirrte mit einem Laut durch Luft und Fleisch, wie ihn vielleicht eine Feder verursachen mochte, die schnell durch ruhiges Wasser gezogen wurde. Tepesch fiel lautlos nach hinten. Sein Kopf war fast abgetrennt. Frederic ließ das Messer fallen. Seine Zähne gruben sich tief in Tepeschs Hals. Für die Dauer eines Herzschlages schien die Zeit einfach stillzustehen. Mehrere von Mehmeds Kriegern waren losgerannt, doch selbst diese abgehärteten Männer prallten entsetzt zurück, als sie sahen, was der junge tat. Einzig Andrej und Mehmed bewegten sich auf Frederic und Tepesch zu, so schnell sie konnten. Andrej war ihm deutlich näher, aber Mehmed saß bereits auf seinem Pferd und sprengte rücksichtslos durch die Reihe seiner eigenen Männer hindurch. Er erreichte Frederic und Dracul den Bruchteil eines Augenblicks vor Andrej. Sein Schwert fuhr in einem geraden, ungemein wuchtigen Stich nach unten und durchbohrte Frederic und Tepesch gemeinsam. Frederic hörte auf, sich zu bewegen, und lag plötzlich still. Tepesch bäumte sich noch einmal auf und öffnete den Mund zu einem Schrei, der lautlos verhallte. Im letzten Moment, bevor er starb, sah er Andrej noch einmal an, und in seinen Augen war ein Ausdruck, der Andrej einen eisigen Schauer über den Rücken laufen ließ. Dann sank sein Kopf zurück und er war tot. Mehmed sprang mit einem Fluch aus dem Sattel. Andrej ließ sich neben Frederic auf die Knie fallen und wälzte ihn von Tepesch herunter auf den Rücken. Frederics Augen standen weit offen und waren ohne Leben. Die tiefe Wunde in seiner Brust blutete noch, aber Andrej sah, dass das Schwert sein Herz verfehlt hatte.

»Warum hat er das getan?«, brüllte Mehmed. Er war außer sich vor Zorn.

»Hast du es ihm gesagt? War es dein Befehl?« Andrej hob Frederics leblosen Körper auf die Arme und stand auf.

»Tepesch hat ihn gefoltert«, sagte er leise.

»Unten, in seinem Keller. Ich wusste, dass es schlimm war, aber ich wusste nicht, dass ... dass er ihn so sehr hasst. Er war noch ein Kind.« Mehmeds Blick tastete über Tepeschs aufgerissene Kehle, dann über Frederics blutverschmierte Lippen und dann wieder hinab zu Tepeschs Gesicht.

»Ein Kind«, murmelte er.

»Ja, vielleicht. Aber vielleicht ist es gut, dass aus diesem Kind niemals ein Mann wird.«

»Gewährt Ihr mir noch eine letzte Bitte?«, fragte Andrej. Mehmed sah ihn fragend an.

»Ich möchte ihn begraben«, sagte Andrej.

»Drüben im Wald, nicht auf diesem blutgetränkten Boden. Er hat getötet, aber er war noch ein Kind. Vielleicht hat Gott ein Einsehen mit seiner Seele und lässt Gnade vor Recht ergehen.« Mehmed verzog angewidert die Lippen.

»Tu, was du willst«, sagte er. Er steckte sein Schwert ein, sprang in den Sattel und zwang das Pferd mit einer so brutalen Bewegung heran, dass das Tier ein erschrockenes Wiehern ausstieß und auszubrechen versuchte.

»Wir brechen auf!«, rief er.

»Bringt Tepeschs Kopf mit! Ich will ihn morgen auf meiner Zeltstange haben, wenn wir unser Lager aufschlagen!« Seine Männer schwangen sich rasch in die Sättel. Einer der Krieger trennte mit einem Hieb Tepeschs Kopf ab und stieg dann ebenfalls auf sein Pferd, wobei er Tepeschs abgeschlagenes Haupt wie eine Trophäe an den Haaren schwenkte, zwei andere gossen Öl über Tepeschs kopflosem Leib aus und steckten ihn in Brand. Die Flammen brannten so hoch und heiß, dass Andrej einige Schritte zurückweichen musste. Der Gestank von brennendem Fleisch stieg ihm in die Nase und weckte Übelkeit in ihm. Trotzdem blieb er reglos stehen, während sich die Männer vor ihm zu langen Reihen formierten und dann in scharfem Tempo aus dem Tor ritten. Als die letzten Hufschläge verklangen, öffnete Frederic die Augen und sagte:

»Du kannst mich jetzt runterlassen.« Andrej setzte ihn behutsam zu Boden und trat einen Schritt zurück. Er versuchte, in Frederics Augen zu lesen, aber es gelang ihm nicht.

»Du Wahnsinniger!«, keuchte Abu Dun.

»Warum hast du das getan? Du hättest uns alle umbringen können, ist dir das klar?«

»Habe ich aber nicht, oder?«, Frederic drehte sich mit einem Achselzucken um und sah in die Flammen, die Tepeschs Körper verzehrten. Rotes Licht spiegelte sich auf seinem Gesicht und verlieh ihm das Aussehen eines Gehäuteten.

»Der Einfall mit dem Begraben war nicht schlecht«, sagte er spöttisch.

»Einen Moment lang hatte ich wirklich Angst, dass sie mich auch verbrennen würden - oder ob er nicht noch Platz für einen zweiten Kopf auf seiner Zeltstange hätte. Aber ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann, Deläny.« Andrej zog sein Schwert. Die Bewegung war sehr vorsichtig, aber sie verursachte trotzdem ein winziges Geräusch, das Frederics übermenschlich scharfe Sinne wahrnahmen, denn er drehte sich langsam zu ihm herum, betrachtete erst das Schwert und sah dann zu Andrej hoch. Er lächelte.