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»Helfen?«

»Es hätte auch geklappt, wenn du nicht dafür gesorgt hättest, das die Piraten alle wach und an Deck waren«, sagte Frederic. »Niemand hätte mich bemerkt.« Andrej riss die Augen auf.

»Du bist ...«

»... dir nachgeschwommen«, fiel ihm Frederic ins Wort.

»Und? Niemand hätte mich bemerkt!«

»Und was hattest du vor?«, wollte Andrej wissen.

»Warum hast du dem Piraten nicht einfach die Kehle durchgeschnitten?«, fragte Frederic. Seine Augen blitzten. »Wir hätten sie alle töten können! Sie haben geschlafen! Und jetzt erzähl mir nicht, das du nicht in der Lage gewesen wärst, die Wache an Deck zu überwältigen! Ich weiß, wie schnell du bist!« Andrej blickte den Jungen betroffen an.

»Du sprichst von zwanzig Männern, Frederic«, sagte er.

»Zwanzig Piraten«, erwiderte Frederic gereizt. »Hast du Skrupel? Auf diesem Schiff sind hundert von unseren Leuten! Ist ihr Leben vielleicht weniger wert? Ich glaube nicht, das Abu Dun Probleme hätte, sie zu töten.«

»Und genau das ist der Unterschied zwischen ihm und uns«, sagte Andrej leise. Er war nicht zornig, sondern nur betroffen. Er hatte Frederic eingeschärft, an Land zurückzubleiben und sich nicht von der Stelle zu rühren, ganz egal, was geschah. Aber er war nicht einmal besonders überrascht, das Frederic nicht gehorcht hatte. Er war ein Kind. Und er hatte in bester Absicht gehandelt. Er hatte ihm helfen wollen. Und sie damit beide zum Tode verurteilt.

»Es tut mir Leid«, sagte Frederic niedergeschlagen. »Ich wollte dir nur helfen.«

»Schon gut«, sagte Andrej.

»Es hätte sowieso nicht geklappt.« Dir Tür ging auf und Abu Dun kam herein. Andrej spannte sich instinktiv, ließ sich aber fast in der gleichen Bewegung wieder zurücksinken. Selbst wenn er Abu Dun überwältigen würde, was hätte er gewonnen? Der Pirat schloss die Tür hinter sich, lehnte sich dagegen und verschränkte die Arme vor der Brust. Einige Augenblicke lang sah er Andrej nur an, dann fragte er:

»Was macht dein Gesicht, Hexenmeister? Tut es weh?«

»Andrej«, bekam er zur Antwort. »Mein Name ist Andrej Deläny. Und die Antwort auf deine Frage ist nein, Sklavenhändler.« Abu Dun lachte.

»Schade«, sagte er.

»Obwohl ich es mir eigentlich hätte denken können. Aber diesen Schlag war ich dir einfach schuldig.« Er hob die Hand und berührte mit den Fingerspitzen die beiden dünn verschorften Linien an seinem Hals, dann lachte er, griff unter den Mantel und zog Andrejs Schwert hervor. Immer noch leise lachend, hielt er ihm die Klinge mit dem Griff voran hin. Andrej starrte verständnislos auf das schlanke Sarazenenschwert.

»Nimm es«, sagte Abu Dun.

»Es gehört dir.« Zögernd griff Andrej nach der kostbaren Waffe, immer noch sicher, das Abu Dun sich nur einen grausamen Scherz mit ihm erlaubte. Aber der Pirat ließ das Schwert los und sah schweigend zu, wie Andrej es einen Moment in der Hand drehte und dann in den Gürtel schob.

»Du ... gibst mir meine Waffe zurück?«, fragte er ungläubig.

»Wir haben eine Abmachung, oder?«, gab Abu Dun zurück.

»Nun, da wir Partner sind, geziemt es sich nicht, das du waffenlos vor mir stehst.« Er lachte leise.

»Du hast gedacht, ich verrate dich.«

»Ja«, gab Andrej ehrlich zu.

»Genau das solltest du«, erwiderte Abu Dun grinsend.

»Nach dem, was du mir angetan hast, tut dir ein kleiner Schrecken ganz gut, meine ich. Aber ich stehe zu meinem Wort.«

»Vor allem, wenn es dir einen hübschen Profit einbringt«, vermutete Frederic. Abu Dun würdigte ihn keines Blickes.

»Womit wir beim Thema wären«, sagte er.

»Unsere Vereinbarung. Bevor ich meinen Leuten Anweisung gebe, die Gefangenen loszuketten, würde mich eines interessieren, Deläny: Wie gedenkst du für ihre Überfahrt zu bezahlen? Du hast jedenfalls kein Geld bei dir, davon konnte ich mich überzeugen.«

»Wir haben genug Geld in unserem Dorf«, sagte Frederic.

»Ihr werdet großzügig entlohnt.«

»Frederic, sei bitte still«, sagte Andrej. Ihr Dorf war arm, wie die meisten Dörfer und Städte in diesen Kriegszeiten. Das wenige von Wert, was sie besessen hatten, hatten Vater Domenicus’ Männer geplündert und mitgenommen. Andrej war ziemlich sicher, das Abu Dun das wußte.

»Wir besitzen nichts. Weder meine Leute noch ich.«

»Es ist gut, das du nicht versucht hast mich zu belügen«, sagte Abu Dun.

»Du hast also kein Geld, aber du bietest mir trotzdem einen Handel an.«

»Genau genommen hast du ihn mir angeboten«, antwortete Andrej. »Ich nehme an, du hast vergessen, das ich dein Leben in die Waagschale geworfen habe.«

»So viel ist das nicht wert«, sagte Abu Dun. Dann machte er eine Kopfbewegung zur Tür.

»Geh nach hinten zu deinen Leuten, Junge. Einige von ihnen sind krank. Vielleicht kannst du ihnen helfen. Kranke Sklaven will niemand haben. Sie sind nur Ballast, den wir über Bord werfen.« Frederic funkelte ihn an.

»Ich denke nicht daran ...«

»Geh«, sagte Andrej leise. Frederics Zorn drohte sich nun auf ihn zu konzentrieren, aber dann stand er doch auf und stürmte aus der Kabine. Abu Dun wartete, bis er die Tür hinter sich zugeworfen hatte, dann wandte er sich mit einem fragenden Blick an Andrej. »Du feilschst mit mir und hast nichts zu bieten, Deläny?« Er schüttelte den Kopf.

»Du enttäuschst mich.«

»Das hast du gewusst, als du mir diesen Vorschlag gemacht hast«, sagte Andrej.

»Vielleicht«, sagte Abu Dun. Seine Augen wurden schmal. Er musterte Andrej auf eine Art, die diesem nicht gefiel.

»Also, was willst du?«, fragte Andrej. »Ich habe nichts.«

»Du hast etwas«, behauptete Abu Dun. »Dich.«

»Mich?« Andrej blinzelte.

»Du verlangst mich? Als Sklaven?«.

»Das wäre ziemlich töricht«, antwortete Abu Dun. Er klang jetzt ein bisschen unruhig.

»Wer würde schon einen Sklaven halten, der fähig ist, Dinge zu tun, wie du sie tun kannst; und dich zu verkaufen wäre nicht sehr klug. Tote Kunden sind keine sehr zufriedenen Kunden.«

»Was willst du dann?«, fragte Andrej. Er hatte ein ungutes Gefühl. »Ich will so werden wie du«, sagte Abu Dun gerade heraus. Es dauerte einen Moment, bevor Andrej antwortete. Er wählte seine Worte sehr sorgfältig.

»Damit ich dich richtig verstehe, Abu Dun«, begann er. »Du hältst mich für einen Dämonen, aber du willst trotzdem, das ...«

»Du bist so wenig ein Dämon wie ich«, unterbrach ihn Abu Dun. »Ich glaube nicht an all diesen Unfug von Dämonen und Geistern, und ich glaube auch nicht, das ich mein Seelenheil aufs Spiel setze, wenn ich mich mit dir einlasse. Wenn es so etwas wie den Teufel gibt, so gehört ihm meine Seele ohnehin schon. Ich habe also nichts zu verlieren. Aber eine Menge zu gewinnen. Ich will deine Geheimnisse kennen lernen, Deläny.«

»Selbst wenn ich es wollte, könnte ich sie dir nicht verraten«, sagte Andrej.

»Wieso nicht?«, fauchte Abu Dun.

»Weil ich sie nicht kenne«, erwiderte Andrej.

»Ich bin, was ich bin. Aber ich weiß nicht, wer mich dazu gemacht hat. Oder warum. Oder gar wie.«

»Und wenn du es wüsstest, würdest du es mir nicht verraten«, sagte Abu Dun nickend.

»Ich verstehe.« Er schüttelte ein paar Mal den Kopf.

»Ich habe von Männern wie dir gehört, Andrej Deläny. Männer, die sich unsichtbar machen können. Die durchs Feuer schreiten und sich schnell wie der Wind zu bewegen vermögen und die unsterblich und unverwundbar sind. Ich habe gedacht, es wäre nur ein Märchen, aber nun stehe ich einem von ihnen gegenüber.«

»Das meiste von dem, was du gehört hast, ist zweifellos übertrieben«, sagte Andrej vorsichtig.

»Du bist zu bescheiden, Deläny«, sagte Abu Dun.

»Ich weiß, was ich gesehen habe.« Er kam näher, streckte die Hand aus und machte dann eine blitzartige Bewegung, sodass einer der mit schweren Edelsteinen besetzten Ringe an seinen Fingern Andrejs Wange aufriss. Der Kratzer tat nicht besonders weh, aber er blutete. Andrej wollte die Hand an die Wange heben, aber Abu Dun ergriff blitzartig sein Gelenk und zwang den Arm herunter. In seinen Augen war nicht die geringste Regung zu erkennen, als er dabei zusah, wie sich der Schnitt in Andrejs Wange schloss.