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«Prost, Herr.«

«Krahn. Peter Krahn.«

«Angenehm. - Torgau. Walter Torgau.«

«Ich bin Ihnen schon um zwei voraus.«»Sie irren sich, wir liegen gleichauf.«

«Nee, nee, ich kann doch zählen.«

«Sie sind also hergeschickt worden, um Karin zu holen. Von wem?«

«Von ihrem Vater«, erwiderte Peter.»Aber ich sage Ihnen doch, daß das für Sie uninteressant ist. Unterhalten wir uns lieber über Fußball. Wer wird Deutscher Meister?«

Also immer noch keine Bereitschaft zur Indiskretion auf Seiten Krahns. Aber lange hielt er nicht mehr stand.

Beim fünften Schnaps löste sich seine Zunge, und er erzählte alles, was der Mann mit der Nelke von ihm erfahren wollte.

Kapitel 9

Paul und Mimmi Fabrici saßen im Wohnzimmer ihres Hauses in Düsseldorf und führten ein kleines Streitgespräch. Der Grundstein dazu war gelegt worden, als Paul gesagt hatte:»Ich möchte nur wissen, warum wir von Peter nichts hören. Der müßte doch die Sache dort längst im Griff haben.«

Mimmi äußerte nichts, sie lächelte nur still vor sich hin.

«Was gibt's da zu grinsen?«fragte er sie grob.

«Darf ich mich nicht freuen?«

«Über was?«

«Über meine Tochter.«

«Unsere Tochter, meinst du wohl?«

«Sie wird, scheint mir, ganz schön fertig mit dem. Das hast du wohl nicht erwartet, was?«

«Erwartet habe ich, daß der sich als Mann entpuppt und nicht als Schlappschwanz.«

«Was will er denn machen gegen Karins kalte Schulter, wenn sie sie ihm zeigt?«

«Morgen rufe ich ihn an, falls sich noch nichts gerührt haben sollte.«

«Hast du seine Nummer?«

«Die erfahre ich von seinem Vater.«

«Hoffentlich.«

Mimmi sagte dies in einem gewissen Ton, der untrüglich darauf schließen ließ, daß sie das genaue Gegenteil erhoffte.

«Warum soll ich die von ihm nicht erfahren?!«brauste Paul prompt auf, verstummte jedoch dann, weil er spürte, daß er sich hier in der schwächeren Position befand. Er steckte sich eine Zigarre in den Mund und griff nach der Zeitung, deren Kreuzworträtsel er heute noch nicht gelöst hatte. Dies tat er nämlich sehr gern. Allerdings gelang es ihm nur selten, einer vollen Lösung nahezukommen. Meistens blieb er schon auf halber Strecke hängen, was seiner Leidenschaft freilich keinen Abbruch tun konnte. Das macht ja den wahren Kreuzworträtselfreund aus: seine Unverdrossenheit.

«Ein römischer Geschichtsschreiber mit fünf Buchstaben?«fragte er.

Mimmi überlegte.

«Cäsar«, sagte sie,»hat fünf Buchstaben, aber er war kein Geschichtsschreiber.«

«.sondern der Hund von unserem Nachbarn, als wir noch in Ra-tingen wohnten«, fiel Paul sarkastisch ein.»Wozu liest du eigentlich dauernd? Die Schreiberlinge sind doch deine Freunde?«

Mimmi würdigte ihn keiner Antwort mehr. Eine Weile blieb es still. Dann rührte sich Paul wieder.

«Ein Speisefisch mit drei Buchstaben?«

«Aal.«

«Eben nicht. So schlau wäre ich selbst auch gewesen. Der letzte Buchstabe ist ein i.«

Mimmi überlegte nur kurz.

«Hai.«

Paul schwankte, ob er aufschreien oder sanft ironisch reagieren sollte. Er entschied sich für letzteres. Sanfte Ironie ist oft viel wirksamer als Gebrüll.

«Meine liebe Frau«, sagte er,»der Hai hat schreckliche Zähne, die schrecklichsten überhaupt, und frißt andere Fische. Deshalb ist er ein. was?«

«Raubfisch, meinst du?«»Ja, meine liebe Frau, das meine ich nicht nur, sondern das weiß ich. Er ist ein Raubfisch und kein Speisefisch.«

«Aber so ganz unrecht habe ich nicht.«

«Wieso?«

«Ich erinnere dich an die Haifischflossensuppe und die Haifischsteaks.«

Nun blieb Paul Fabrici stumm.

«Außerdem ist doch der letzte Buchstabe ein i, sagst du«, bekräftigte Mimmi.

Zuletzt blieb ihrem Mann nur bohrender Zweifel an der Richtigkeit dieses i übrig, das er selbst zu verantworten hatte im Zuge der von ihm bereits niedergeschriebenen Lösungswörter.

Als es Zeit für die >Drehscheibe< wurde, fragte Mimmi:»Hast du etwas dagegen, daß ich den Fernseher einschalte?«

Paul brütete noch über dem verdammten i, er blickte nicht auf. Mimmi erntete aber von ihm einen Brummlaut, der als Zustimmung gelten konnte.

Der erste Bericht im Fernseher handelte von Hilfsmaßnahmen, die für die Opfer eines Erdbebens in Anatolien eingeleitet wurden.

«Guck mal«, sagte Mimmi,»die hat eine neue Frisur.«

Sie meinte die Moderatorin.

Das Erdbeben hatte mehr als 3.000 Tote gefordert.

«Ich komm' nicht drauf«, ärgerte sich Paul.»Erinnere mich an die Auflösung in der morgigen Nummer.«

«Vorher hat mir die besser gefallen, was meinst du? Jetzt finde ich den ganzen Schnitt einfach zu kurz. So jung ist die auch nicht mehr.«

Im Fernsehen sang dann ein Kinderchor aus Japan, der auf EuropaTournee war.

«Niedlich!«rief Mimmi entzückt.»Wenn die noch klein sind, gefallen mir sogar die Schlitzaugen! Dir nicht auch, Paul?«

«Den römischen Geschichtsschreiber«, antwortete Paul,»habe ich bis auf einen Buchstaben, den letzten. Die anderen vier sind: n-e-p-o-. Er muß also heißen: Nepom oder Nepon oder Nepor oder Nepos oder Nepot — «

«Paul!«schrie Mimmi.

Der Ruf war so laut, daß Mimmis Gatte aufblickte.

«Was denn?«

«Die Karin!«

Pauls Blick folgte dem Fingerzeig Mimmis auf den Bildschirm und saugte sich an diesem fest. In der dritten Reportage der Drehscheibe< war >Miß Nickeroog< an der Reihe.

Die Moderatorin sagte:»Urlaubszeit — Zeit der Miß-Wahlen<. Das erleben wir jedes Jahr. An jedem besseren Ort, dessen Haupteinnahmequelle der Fremdenverkehr ist, finden solche Konkurrenzen statt. Den Gästen muß etwas geboten werden. Tagsüber steigen sie auf die Berge oder schwimmen im Meer — je nach der Region, in der sie sich aufhalten; abends aber droht ihnen die Langeweile. Und das darf nicht sein. Die Leute in den Verkehrsämtern zerbrechen sich die Köpfe über Vorbeugungsmaßnahmen, sie werden dafür auch bezahlt — und sie kommen immer wieder auf dasselbe: die Wahl einer Miß oder — auf deutsch — einer Königin. So ziemlich den höchsten Bekanntheitsgrad haben schon die diversen Weinköniginnen erreicht, etwa die fränkischen oder pfälzischen; die Hopfenkönigin der Hallertau folgt ihnen auf dem Fuße. Zahlreich sind also die alljährlichen Schönheitsköniginnen. Trotzdem gibt es aber auch noch bedauerliche Lücken, die nicht zu übersehen sind. Um nur zwei Beispiele zu nennen: es fehlt immer noch die regelmäßige Wahl einer Reeperbahnkönigin< oder einer Miß Oktoberfest<. Worüber wir uns jedoch schon seit Jahren freuen dürfen, ist die Miß Nickeroog<. Eine ganze Reihe schöner junger Damen ist schon in die Geschichte jener kleinen Insel vor unserer Nordseeküste eingegangen. Wie alle Jahre fand auch heuer wieder die Wahl statt, die jeder Saison die Krone aufsetzt. Ein Kamerateam des ZDF war dabei. Der folgende Bericht ist von Wilhelm Wedemeyer.«

Ein schwerer Laut des Ächzens drang aus dem Mund Paul Fabricis. Mimmi hingegen strahlte. Hektische rote Flecken waren auf ihren Wangen erschienen. Sie konnte kaum atmen vor innerer Spannung. Gebannt starrte sie auf den Bildschirm, auf dem während des gan-zen Textes der Moderatorin ein statisches Bild von der gekrönten Karin zu sehen war. Als die Moderatorin verstummte, setzte der Film, den man gedreht hatte, ein, und die Bilder mit Karin als Mittelpunkt wurden lebendig.

«Ich werde wahnsinnig«, stöhnte Paul Fabrici.

Mimmi guckte fasziniert.

«Hast du dir das angehört, was die von sich gab?«war Paul zu vernehmen.

«Wer?«

«Die Ansagerin. Das war doch ein einziger Kübel voll Hohn und Spott von der.«