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«Zweifellos.»

«Und jetzt zu Mrs. Shane.» Mr. Goby rieb sich die Nase und machte sich daran, seiner linken Manschette von Mrs. Shane zu berichten. «Sie sagt, sie war beim Einkaufen. Einkaufen ...» Mr. Goby warf der Decke einen skeptischen Blick zu. «Frauen und Einkaufen . die reine Verschwendungssucht, was anderes kann man da nicht sagen. Und am Tag vorher hatte sie von der Erbschaft erfahren. Da gab’s natürlich kein Halten. Sie hat ein oder zwei Kundenkonten, aber die sind beide überzogen, und sie wurde aufgefordert, Zahlungen zu leisten, deswegen hat sie nichts mehr anschreiben lassen. Es ist absolut denkbar, dass sie in ein paar Läden ging, Kleider anprobierte, Schmuck anschaute, Preise verglich - und tatsächlich nichts kaufte! Es ist leicht an sie ranzukommen, das muss man sagen. Ich hab eine meiner jungen Damen, die sich in der Theaterszene auskennt, auf sie angesetzt. Blieb in einem Restaurant an ihrem Tisch stehen und sagte, wie man das wohl so macht: <Schätzchen, ich hab dich seit Unter der Höhe nicht mehr gesehen. Du warst großartig. Hast du in letzter Zeit mal Hubert gesehen?) Das war der Produzent, und Mrs. Shane war in dem Stück ziemlich schlecht -aber deswegen lief das Gespräch umso besser. Im Handumdrehen reden sie vom Theater und mein Mädel lässt die richtigen Namen fallen und sagt dann: <Ich glaube, ich habe dich neulich im Blabla gesehen) und nennt den Tag - und die meisten Frauen fallen darauf rein und sagen: <Nein, da war ich da und da .. .>, und erzählen, wo immer sie gewesen sind. Aber nicht Mrs. Shane. Sie macht nur ein ausdrucksloses Gesicht und sagt: <Ach ja?> Was kann man mit so einer machen?» Mr. Goby bedachte den Heizkörper mit einem missbilligenden Kopfschütteln.

«Nichts», antwortete Hercule Poirot mitfühlend. «Als kennte ich das nicht. Nie werde ich den Mord an Lord Edgware vergessen. Ich wurde beinahe bezwungen - ja, ich, Hercule Poirot - durch die extrem schlichte Gerissenheit eines einfältigen Gemüts. Äußerst simple Menschen sind oft klug genug, einen unkomplizierten Mord zu begehen und die Sache dann auf sich beruhen zu lassen. Hoffen wir nur, dass unser Mörder - wenn es denn in unserem Fall einen Mörder gibt - ein intelligenter, anmaßender und durch und durch selbstgefälliger Mensch ist, dem Prahlerei das Salz des Lebens ist. Enfin - aber fahren Sie doch bitte fort.»

Erneut blickte Mr. Goby in sein Heft.

«Mr. und Mrs. Banks - sie behaupten, sie seien den ganzen Tag zu Hause gewesen. Bei Mrs. Banks stimmt das auf jeden Fall nicht! Ging zur Garage, holte den Wagen und fuhr gegen ein Uhr weg. Ziel unbekannt. War um fünf Uhr wieder zu Hause. Zurückgelegte Kilometer unbekannt - sie ist seitdem jeden Tag mit dem Wagen unterwegs gewesen, und niemand hatte in der Zwischenzeit Grund, sich dafür zu interessieren.

Was Mr. Banks betrifft, da haben wir etwas Merkwürdiges herausgefunden. Als Erstes sage ich gleich, dass wir nicht wissen, was er am fraglichen Tag getan hat. Er war nicht bei der Arbeit. Offenbar hatte er wegen der Beerdigung zwei Tage Urlaub genommen. Inzwischen hat er gekündigt - ohne jede Rücksicht auf die Firma. Nette, gut eingeführte Apotheke. Die sind nicht mehr allzu gut auf ihn zu sprechen. Offenbar hat er immer wieder seltsame Erregungszustände bekommen.

Also, wie gesagt, wir wissen nicht, was er an dem Tag von Mrs. L.s Tod getan hat. Mit seiner Frau ist er nicht mitgefahren. Es ist gut möglich, dass er wirklich den ganzen Tag zu Hause in der kleinen Wohnung gehockt hat. Es gibt dort keinen Pförtner, und niemand weiß, ob die Mieter da sind oder nicht. Aber seine Vorgeschichte ist bedenkenswert. Bis vor etwa vier Monaten - kurz bevor er seine Frau kennen lernte - war er in einer Nervenklinik. Er wurde nicht zwangsweise eingeliefert -nur das, was man einen Nervenzusammenbruch nennt. Offenbar ist ihm beim Zusammenstellen eines Medikaments ein Fehler unterlaufen. Er arbeitete damals bei einer Apotheke in May-fair. Die Frau hat sich wieder erholt, und die Apotheke hat sich überschlagen mit Entschuldigungen und es ist nicht zur Anklage gekommen. Schließlich kann das mal vorkommen, und den meisten Leuten, die etwas Anstand im Leibe haben, tut der Junge Leid, dem das passiert ist - das heißt, solange kein bleibender Schaden entsteht. Die Apotheke hat ihm nicht gekündigt, aber er ist von selbst gegangen - sagte, die Sache hätte ihn zu sehr erschüttert. Aber offenbar ist es ihm danach sehr schlimm ergangen, und er hat dem Arzt gesagt, er würde von Schuldgefühlen geplagt - er hätte es absichtlich gemacht - die Frau sei arrogant und grob zu ihm gewesen, als sie in die Apotheke kam - und er hätte sich über sie geärgert und ihr deswegen absichtlich eine fast tödliche Dosis von einem Medikament gegeben. Er sagte: <Sie hat eine Strafe verdient dafür, wie sie mit mir gesprochen hat!> Und dann hat er geheult und gesagt, er wäre zu verderbt, um noch am Leben bleiben zu dürfen, und derlei Schmonzes mehr. Die Ärzte haben ein langes Wort für so was - Schuldkomplex oder so ähnlich - und sind davon überzeugt, dass er es nicht absichtlich getan hat, sondern dass er alles nur aufbauschen und sich wichtig machen wollte.»

«Ça se peut», warf Hercule Poirot ein.

«Wie bitte? Auf jeden Fall ist er in diese Klinik gekommen und sie haben ihn behandelt und als geheilt entlassen, und dann hat er Miss Abernethie kennen gelernt, wie sie damals hieß. Und er hat eine Stelle in dieser angesehenen, aber kleinen Apotheke bekommen. Hat gesagt, er sei eineinhalb Jahre im Ausland gewesen, und nannte ihnen als Referenz eine Apotheke in Eastbourne. Dort liegt nichts gegen ihn vor, aber einer seiner damaligen Kollegen sagte, er sei manchmal sehr merkwürdig gewesen und habe seltsame Launen gehabt. Offenbar sagte ein Kunde mal im Scherz zu ihm: <Ich wünschte, Sie könnten mir was geben, um meine Frau zu vergiften, haha!> Und darauf soll Banks ganz leise und ruhig geantwortet haben: <Das ließe sich schon machen ... würde Sie zweihundert Pfund kosten.> Dem Mann wurde ein bisschen mulmig und er lachte nur. Es kann natürlich alles ein Scherz gewesen sein, aber mir kommt Banks nicht wie jemand vor, der gerne scherzt.»

«Mon ami», sagte Hercule Poirot. «Es überrascht mich immer wieder, wie Sie an Ihre Informationen herankommen. Der Großteil ist doch medizinisch und höchst vertraulich!»

Mr. Gobys Augen wanderten durchs Zimmer, dann sah er erwartungsvoll zur Tür und murmelte, es gebe immer Mittel und Wege .

«Kommen wir zur Fraktion der Landbewohner. Mr. und Mrs.

Timothy Abernethie. Schönes Haus, das aber dringend renoviert gehört. Das kostet Geld. Finanziell sind sie knapp dran, sehr knapp. Steuern und unkluge Investitionen. Mr. Abernethie erfreut sich schlechter Gesundheit, und ich meine wirklich, er erfreut sich. Jammert ständig, lässt alle für sich laufen, holen und besorgen. Hat einen herzhaften Appetit und ist körperlich gut bei Kräften, wenn er nur will. Wenn die Haushaltshilfe gegangen ist, ist niemand mehr im Haus, und Mr. Abernethies Zimmer darf nur betreten werden, wenn er klingelt. Am Morgen des Tags nach der Beerdigung war er sehr schlechter Laune. Keifte Mrs. Jones an. Aß nur ein bisschen zum Frühstück und wollte kein Mittagessen - sagte, er hätte schlecht geschlafen. Er sagte auch, das Abendessen, das sie für ihn hingestellt hatte, sei ungenießbar gewesen und Ähnliches mehr. Er war allein im Haus und wurde von 9.30 Uhr an dem Tag bis zum folgenden Morgen von niemandem gesehen.»