Skar deutete mit einem spöttischen Lächeln auf den Säbel, der zwischen ihnen auf dem Boden lag. »Heb ihn auf«, sagte er, »wenn du dich nicht traust, unbewaffnet gegen mich anzutreten.« Er wich einen Schritt zurück, löste seinen Waffengurt und warf ihn mit einer beiläufigen Bewegung von sich. »Ich brauche kein Schwert«, sagte er.
Mergells Gesicht verzerrte sich vor Haß. »Wenn du es so willst«, flüsterte er mit bebender Stimme. »Aber verlange keine Gnade von mir, Skar. Du hast mich gefordert, nicht ich dich!« Er duckte sich, stieß einen krächzenden Schrei aus und kam mit weit ausgebreiteten Armen auf Skar zugestürmt.
Skar wartete, bis er dicht vor ihm war, federte aus dem Stand hoch und setzte mit einem eleganten Salto über Mergell hinweg. Sein Ellbogen stieß zurück und landete mit grausamer Wucht in Mergells Rücken. Mergell schrie auf, krümmte sich und stürzte auf die Knie. Skar riß ihn mit einer brutalen Bewegung hoch, schlug ihm drei-, viermal hintereiander die flache Hand ins Gesicht und versetzte ihm einen Fauststoß vor die Brust, der ihn meterweit zurücktaumeln ließ. Sein Fuß kam hoch, beschrieb einen blitzschnellen Halbkreis und krachte gegen Mergells Brust. Mergell brüllte, diesmal nicht vor Zorn, sondern vor Schmerz. Er taumelte gegen die Wand, rang keuchend nach Atem und riß in einer instinktiven Bewegung die Arme hoch, als Skar mit einem gellenden Kampfschrei nachsetzte. Skars Faust durchbrach seine Dekkung und traf seine Schläfe. Mergells Kopf flog mit dumpfem Krachen gegen die Wand. Er stöhnte. Seine Augen wurden glasig. Skar packte ihn beim Kragen, riß ihn von der Wand zurück und versuchte ihm die Arme auf den Rücken zu drehen.
Aber diesmal war Mergell schneller. Er bäumte sich auf, entschlüpfte Skar mit überraschender Gewandtheit und duckte sich unter einem nachgesetzten Fausthieb weg. Seine Faust zuckte hoch und traf Skar in den Magen. Skar stöhnte, taumelte einen halben Schritt zurück und fing einen zweiten wütenden Hieb mit dem Unterarm ab. Mergell knurrte wie ein verwundetes Tier, warf sich mit weit ausgebreiteten Armen auf ihn und trieb ihn allein durch die ungestüme Wucht seines Angriffes zurück. Seine Finger tasteten nach Skars Hand und suchten die Schlagader.
»Idiot!« zischte Skar so leise, daß nur Mergell das Wort verstehen konnte. »Kämpf endlich richtig! Schlag zu!« Er sprenge Mergells Griff mit einer wütenden Bewegung, trat ihm die Beine unter dem Leib weg und warf sich auf ihn, als er zu Boden stürzte. Seine Handkante krachte gegen Mergells Hals und lähmte ihn für Sekunden. Er rollte herum, riß den schlaffen Körper vom Boden hoch und schmetterte ihn wuchtig vor die Wand. Mergell stöhnte gequält. Skar setzte blitzschnell nach und fing ihn auf, ehe er erneut zu Boden stürzen konnte. Er preßte ihn gegen die Wand, griff mit einer Hand nach seinem Hals und versuchte ihn mit der anderen zu stützen, ohne daß einer der anderen es bemerkte. »Wehr dich endlich!« flüsterte er gehetzt. »Ich kann dieses Theater nicht ewig spielen, ohne daß sie es merken!«
Ein Ausdruck unendlicher Verblüffung trat in Mergells Augen. Seine Hände kamen in einer schwächlichen Abwehr hoch und tasteten ziellos über Skars Gesicht. Skar knurrte wütend, wich zurück und hackte mit der Handkante nach Mergells Hals. Mergell wehrte den Hieb kraftlos ab und tauchte zur Seite weg. Er wankte und schien kaum mehr kräftig genug, sich auf den Füßen zu halten. Skar setzte ihm nach, packte ihn und warf ihn noch einmal vor die Wand. Mergell schrie auf, brach in die Knie und ließ sich vornüberfallen. Seine Arme schlangen sich um Skars Fußgelenke und rissen ihn aus dem Gleichgewicht. Skar keuchte überrascht, kämpfte einen Herzschlag lang mit wild rudernden Armen um seine Balance und fiel schwer auf den Rücken. Sekundenlang blieb er benommen liegen, dann rollte er sich zur Seite, stemmte sich auf Hände und Knie hoch und stand schwankend auf.
Mergell kam im gleichen Augenblick auf die Füße wie er. Er keuchte. Aus seiner Nase lief Blut über Gesicht und Kinn, und auf seiner Stirn prangte eine dunkel unterlaufene Beule. Er täuschte mit der Faust an, ließ sich dann zur Seite kippen und trat Skar wuchtig in den Leib. Skar schrie auf und wankte zurück. Zwei, drei Fausthiebe trafen ihn an Brust und Kopf, dann versetzte Mergell ihm einen wütenden Stoß und sprang mit einem verzweifelten Satz nach seiner Waffe. Er kam mit einer Rolle wieder auf die Füße, schwang seinen Säbel und drang mit einem gellenden Schrei auf seinen vermeintlich wehrlosen Gegner ein.
Skar sprang zurück, als Mergells Säbel niedersauste. Die Klinge schnitt mit häßlichem Geräusch dicht vor seinem Gesicht durch die Luft und hackte in den Boden. Skar trat Mergell in die Kniekehlen, flankte zur Seite und riß seinen Waffengurt vom Boden hoch. Das Tschekal schien ihm regelrecht in die Hand zu springen. Er warf Mergell die leere Scheide ins Gesicht, parierte einen Säbelhieb und setzte mit einem wütenden Schrei nach. Ihre Waffen krachten aufeinander und rutschten funkensprühend ab. Mergell wurde von der Wucht des Hiebes zurückgetrieben und prallte gegen den Tisch. Aber er erwies sich als hervorragender Fechter. Immer wieder zuckte sein Säbel hoch und parierte Skars Schläge, und Skar mußte mehr als nur einmal zur Seite springen oder sich blitzschnell ducken, um nicht von der dünnen, gekrümmten Klinge verletzt oder getötet zu werden. Seine Arme begannen allmählich zu erlahmen, aber auch Mergell schien die Wirkung seiner mit brutaler Kraft geführten Hiebe zu spüren. Er schwankte, und seine Konter und Finten waren längst nicht mehr so elegant wie zu Beginn des ungleichen Kampfes. Schließlich endete der Kampf so abrupt, wie er begonnen hatte. Skar holte zu einem mächtigen, beidhändig geführten Schlag aus und sprang vor, aber Mergell verzichtete auf eine Abwehr und duckte sich statt dessen blitzschnell zur Seite weg. Seine Klinge ruckte hoch und riß eine lange, blutige Schramme in Skars Seite. Skar schrie überrascht auf, verlor das Gleichgewicht und stürzte auf den Tisch. Mergells Klinge sauste herab, krachte gegen seinen Handschutz und prellte ihm die Waffe aus der Hand.
»Hört auf!«
Seshars Stimme schnitt hart und befehlend durch den Raum, und Mergell erstarrte mitten in der Bewegung. Das Schwert in seiner Hand zitterte, und seine Brust hob und senkte sich in schnellen, hektischen Stößen. Skar richtete sich langsam auf, massierte seine schmerzenden Handgelenke und wich rückwärtsgehend vor Mergell zurück. Der Säbel folgte jeder seiner Bewegungen, die tödliche Spitze nur mehr wenige Millimeter von Skars Kehle entfernt. »Laß ihn, Mergell«, sagte Seshar. »Das reicht.«
Einen Moment lang hatte Skar beinahe den Eindruck, als ob Mergell den Befehl ignorieren und ihm kurzerhand das Schwert in den Leib rammen wollte; dann drehte er sich mit einer ruckhaften Bewegung, hob seinen Stuhl vom Boden auf und ließ sich erschöpft darauf niedersinken.
Skar blieb sekundenlang reglos gegen die Wand gelehnt stehen. Seshar starrte ihn aus brennenden Augen an. Sein Gesicht war nun nicht mehr so unbewegt wie zu Anfang, aber der Ausdruck darauf war jetzt nur noch bloße Verachtung. »Vielleicht«, sagte er mit mühsam beherrschter Stimme, »ist es besser, wenn du jetzt gehst, Skar.«
Skar rieb sich über die schmerzenden Rippen, reckte trotzig das Kinn vor und trat auf Seshar zu. »Begeht jetzt keinen Fehler«, sagte er. Seine Stimme schwankte, vor Aufregung oder Anstrengung, ganz wenig nur, aber doch so, daß jeder der im Raum Versammelten es bemerkte. »Der Kampf war nicht fair, und Ihr wißt es. Ich hatte praktisch schon gewonnen. Hätte er nicht zur Waffe gegriffen ...«
»Genug«, unterbrach ihn Seshar. »Ich will nichts mehr hören, Skar. Es ist nicht gerade ein Zeichen dafür, ein großer Krieger zu sein, wenn man einen Mann zusammendrischt, der fünfzig Pfund weniger wiegt und zwei Handspannen kleiner ist.«
»Aber es war ein Zufall!« begehrte Skar auf. »Ich ...«