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An einem Samstagnachmittag nahm Kelly an einer Modenschau in einem eleganten Salon teil, in dem sich die gesamte Pariser Hautevolee versammelt hatte. Sobald sie auf den Laufsteg trat, brandete wie üblich Beifall auf. Kelly folgte einem Model, das ein schickes Tageskostüm mit Handschuhen trug. Einer der Handschuhe entglitt ihr und fiel auf den Laufsteg. Als Kelly es bemerkte, war es bereits zu spät. Sie trat darauf, rutschte aus und fiel der Länge nach hin. Das Publikum keuchte laut auf. Kelly blieb einen Moment lang liegen und hatte das Gefühl, sie hätte sich bis auf die Knochen blamiert. Sie musste sich zusammenreißen, um nicht in Tränen auszubrechen, atmete dann tief durch, rappelte sich auf und rannte vom Laufsteg.

Als Kelly in den Umkleideraum kam, sagte die Garderobiere: »Ich habe das Abendkleid für Sie bereit gelegt. Sie sollten lieber .«

Kelly schluchzte laut auf. »Nein. Ich . ich kann nicht mehr vor diese Leute treten. Sie lachen mich aus.« Sie wurde immer hysterischer. »Ich bin erledigt. Ich werde nie wieder da rausgehen. Niemals!«

»Aber selbstverständlich.«

Kelly fuhr herum und sah Mark in der Tür stehen.

»Mark! Was ... was machen Sie hier?«

»Ach, ich . ich habe mich in letzter Zeit ein bisschen hier und dort herumgetrieben.«

»Haben Sie ... haben Sie gesehen, was da draußen passiert ist?«

Mark lächelte. »Es war wunderbar. Ich bin froh, dass es passiert ist.«

Kelly starrte ihn an. »Was?«

Er trat zu ihr, zückte ein Taschentuch und trocknete ihre Tränen. »Kelly, bevor Sie da rausgegangen sind, hielt Sie das Publikum nur für eine wunderschöne, unberührbare Traumfrau, ein Fantasiewesen, unerreichbar. Als Sie aber gestolpert und hingefallen sind, wurde den Leuten klar, dass Sie ein Mensch sind, und deswegen verehren Sie sie umso mehr. Gehen Sie jetzt wieder raus, und machen Sie die Leute glücklich.«

Sie schaute Mark in die Augen und sah seinen mitfühlenden Blick, und mit einem Mal wurde Kelly klar, dass sie in ihn verliebt war.

Die Garderobiere wollte das Abendkleid wieder an die Stange hängen.

»Geben Sie mir das«, sagte Kelly. Sie schaute Mark mit tränennassen Augen an und lächelte.

Als Kelly fünf Minuten später voller Selbstvertrauen den Laufsteg entlangschritt, empfing sie das Publikum mit donnerndem Applaus und stehenden Ovationen. Von Rührung überwältigt blieb sie stehen und blickte in die Gesichter. Sie fand es einfach wunderbar, dass Mark wieder bei ihr war. Und ihr fiel wieder ein, wie nervös sie am Anfang gewesen war .

Kelly war verkrampft gewesen und hatte ständig darauf gewartet, dass Mark einen Annäherungsversuch machte, aber er benahm sich stets höflich und tadellos. Als sie spürte, wie schüchtern er war, fasste sie allmählich Selbstvertrauen. Kelly war es, die meistens das Gespräch begann, und sie stellte fest, dass Mark stets amüsant war und sich gut auskannte, egal, um welches Thema es ging.

»Mark«, sagte sie eines Abends, »morgen findet ein großes Symphoniekonzert statt. Mögen Sie klassische Musik?«

Er nickte. »Ich bin damit groß geworden.«

»Gut. Dann gehen wir hin.«

Das Konzert war brillant gewesen, und dementsprechend begeistert war das Publikum.

Als sie zu Kellys Apartment kamen, sagte Mark: »Kelly, ich ... ich habe Sie angelogen.«

Ich hätte es wissen müssen, dachte Kelly. Er ist genau wie alle anderen. Es ist vorbei. Sie wappnete sich für seine Antwort. »Aha?« »Ja. Ich ... ich mag eigentlich gar keine klassische Musik.«

Kelly musste sich auf die Lippen beißen, um nicht laut loszulachen.

Als sie das nächste Mal miteinander ausgingen, sagte Kelly: »Ich möchte mich bei Ihnen für Angel bedanken. Sie ist großartig.« Genau wie du, dachte sie. Mark hatte die strahlendsten blauen Augen, die sie je gesehen hatte, und dazu ein bezauberndes schiefes Lächeln. Sie fühlte sich in seiner Gesellschaft ungemein wohl und .

Das Wasser wurde allmählich kalt. Kelly stellte die Dusche ab, trocknete sich ab, schlüpfte in den vom Hotel zur Verfügung gestellten Frotteebademantel und ging ins Schlafzimmer.

»Jetzt sind Sie an der Reihe.«

»Danke.«

Diane stand auf und ging ins Badezimmer. Es sah aus, als wäre es von einem Sturm verwüstet worden. Der Boden war voller Wasser, und überall waren Handtücher verstreut.

Wütend kehrte Diane ins Schlafzimmer zurück. »Das Badezimmer ist ein einziges Chaos. Sind Sie es etwa gewöhnt, dass andere Leute Ihren Dreck wegräumen?«

Kelly lächelte liebenswürdig. »Ja, Mrs. Stevens. Ich hatte schon von klein auf immer Dienstmädchen, die sich um mich gekümmert haben.«

»Tja, ich bin aber keines.«

Du wärst auch nicht dazu geeignet.

Diane holte tief Luft. »Ich glaube, es wäre besser, wenn wir .«

»Hier gibt’s kein >wir<. Nur Sie und mich.«

Sie starrten sich eine Zeit lang an. Dann drehte sich Diane ohne ein weiteres Wort um und ging wieder ins Badezimmer.

Als sie eine Viertelstunde später herauskam, lag Kelly im Bett. Diane streckte die Hand aus und wollte die Deckenlampe ausschalten.

»Nein, lassen Sie das!« Es klang wie ein Aufschrei.

Diane blickte Kelly erschrocken an. »Was?«

»Lassen Sie das Licht an.«

»Haben Sie etwa Angst vor der Dunkelheit?«, fragte Diane verächtlich.

»Ja. Ich ... ich fürchte mich vor der Dunkelheit.«

»Warum?«, fragte Diane herablassend. »Haben Ihnen Ihre Eltern etwa Gruselgeschichten vom Schwarzen Mann erzählt, als Sie klein waren?«

Eine Zeit lang herrschte Stille. »Genau.«

Diane ging in ihr Bett. Sie lag eine Weile da, dann schloss sie die Augen.

Richard, mein Liebster. Ich habe nie geglaubt, dass man an gebrochenem Herzen sterben kann. Jetzt glaube ich es. Ich brauche dich so sehr. Du musst mich leiten. Ich brauche deine Wärme und deine Liebe. Du bist hier irgendwo, ich weiß es. Ich kann dich spüren. Du bist ein Geschenk Gottes für mich gewesen, aber du warst nur geliehen, und auch nicht lange genug. Gute Nacht, mein Schutzengel. Bitte verlass mich nie. Bitte.

Kelly hörte, wie Diane leise vor sich hin schluchzte. Sie kniff den Mund zusammen. Hör auf. Hör auf. Hör auf. Und Tränen rannen ihr über die Wangen.

27

Als Diane am nächsten Morgen aufwachte, saß Kelly in einem Sessel und starrte die Wand an.

»Morgen«, sagte Diane. »Haben Sie ein bisschen geschlafen?«

Sie bekam keine Antwort.

»Wir müssen uns überlegen, was wir weiter unternehmen. Wir können hier nicht ewig bleiben.«

Keine Antwort.

»Kelly«, rief Diane aufgebracht, »hören Sie mich?«

Kelly fuhr herum. »Was fällt Ihnen ein? Ich bin mitten in einem Mantra.«

»Oh, tut mir Leid. Ich wollte nicht .«

»Vergessen Sie’s.« Kelly stand auf. »Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, dass Sie schnarchen?«

Diane zuckte zusammen. Sie meinte, Richards Stimme zu hören, als sie zum ersten Mal eine Nacht zusammen verbracht hatten. Liebling, weißt du, dass du schnarchst? Lass es mich anders ausdrücken. Es ist eigentlich gar kein Schnarchen. Deine Nase gibt die ganze Nacht lang herrliche Melodien von sich, die wie Engelsmusik klingen. Dann hatte er sie in die Arme genommen und ...

»Tja, es ist aber so«, sagte Kelly. Sie ging zum Fernseher und schaltete ihn an. »Mal sehen, was in der Welt passiert ist.« Sie zappte von einem Sender zum nächsten, hielt aber plötzlich inne, als sie auf eine Nachrichtensendung mit Ben Roberts stieß. »Das ist ja Ben!«, rief sie.