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«Ich bin außerdem Diplomlandwirt.«

«Mistfahrer, würde der Volksmund sagen. Diplomierter Jauchenschöpfer. Äpfelpflücker mit Doktorgrad. Nur keine großen Töne, Horst! Also ich setze die Liste fort. Ein Supermarktbesitzer. Ein Arzt. Ein Autogroßhändler. Ein Großbauer mit einer Hühnerfarm von 400.000 Hennen. Ein Schriftsteller.«

«Den rechnen Sie zu den guten Partien?«

Fallersfeld überhörte den Einwurf und deutete auf sich.

«Und mich!«

«Was? Sie wollen Angela heiraten?«

«Wenn sie will — sofort.«

«Aber sie will nicht?«

«Nein. Sie liebt nur Sie. Unverständlich! Und deshalb sitze ich alter Trottel jetzt hier und spiele den Heiratsvermittler. Horst, alles, was Sie gegen eine Ehe anführen, ist Quatsch! Keine Zeit, die Turniere, die Pferde, das Training, ständig auf der Achse, nie zu Hause — das ganze Bild stimmt nicht mehr. Die großen Auslands- und Übersee-Parcours wollen Sie nicht reiten — ich sehe das ein, Laska ist zu jung dazu —, aber damit entfällt auch bei Ihnen das Hauptargument gegen die Ehe! Sie können heiraten, wenn Sie nur wollen! Warum aber wollen Sie nicht?«

«Ich habe Angst.«

Das war eine Antwort, die Fallersfeld aus dem Konzept brachte. Auf alles war er vorbereitet und hatte Entgegnungen dafür parat — aber Angst, bei Hartung, das konnte niemand einplanen.

«Ist Angela so gewalttätig?«fragte er verwirrt.

«Angela? Sie ist wie ihr Name, ein Engel. Nein, ich habe Angst vor einer Ehe, die so einseitig wird wie die vieler meiner Reiterkameraden. Wenn ich keine Turniere mehr reite — ich würde Angela im Schnellverfahren heiraten, falls das möglich ist.«

«Mein lieber Horst, wann reiten Sie keine Turniere mehr? Ich darf Ihnen die Antwort abnehmen — wenn Sie vor Altersschwäche aus dem Sattel rutschen! Also das ist Blödsinn. Eine Gemeinheit ist es, das Mädchen herumsitzen zu lassen, es ab und zu, wenn man es in den Zeitplan einschieben kann, in den Arm zu nehmen, ein bis zwei Nächte glücklich zu sein und sich dann wieder hinter Pferderücken zu verschanzen. Sehen Sie das ein?«

«Ja, Baron. «Hartung blickte an Fallersfeld vorbei. Durch die riesige Hotelhalle ging eine auffallende Frau. Groß, schlank, mit einer erregenden Gangart. Ihr langes rotes Haar fiel offen über ihre Schulter. Vor den Augen trug sie eine übergroße Sonnenbrille, das Ge-

stell in der Farbe ihres Hosenanzuges — Weiß-Gold. Hartung gewahrte sie im letzten Moment, ehe sie durch die Glastür zum Hotelpark verschwand.»Haben Sie diese Frau gesehen, Baron?«

«Himmel noch mal, Sie sollen nicht nach anderen Weibern gucken, es geht um Angela!«

«Ich glaube, ich kenne diese Frau. Wenn ich mich nicht irre.«

«Sie irren sich, wenn Sie glauben, ich mache dieses Theater weiter mit. Horst, ganz hart wollen Sie Angela heiraten?«

«Ja.«

«Wann?«

«Das ist die berühmte Gretchenfrage.«

«Ich heiße nicht Gretchen, sondern Eberhard. Wenn Sie sich drük-ken, mache ich Angela einen Antrag.«

«Dann gibt es einen Equipenchef, der mit zweihundert blauen Flek-ken im Krankenhaus liegt.«

«Sie gehen jetzt 'rauf auf Zimmer 119 und machen Nägel mit Köpfen!«

Hartung erhob sich.»Ist das ein Befehl?«

«Ich habe ihnen nur auf dem Parcours zu befehlen. Aber jetzt geht es rund von Mann zu Mann! Ich kann Angela nicht weiter leiden sehen. «Auch Fallersfeld erhob sich. Er sah imponierend aus mit seinem weißen Haarschopf und in seinem modischen hellgrauen Glencheckanzug. Schlank, ohne ein Gramm Fett, eine makellose Reiterfigur.»Wollen Sie sich Angela erklären?«

«Das habe ich vor fünf Jahren schon getan.«

«Den Termin«, knirschte Fallersfeld.

«Wie Sie wünschen, Baron. «Hartung rückte seine Krawatte gerade.»Ich werde mit Angela sprechen.«

«Erwarten Sie keine Nachgiebigkeit mehr. Ich habe ihr ganz klar gesagt, daß Sie bei Ihnen als alte Jungfer sterben wird, wenn sie sich weiterhin von Ihnen beschwatzen läßt.«

«Sie sind ein wirklicher Kamerad, Baron«, sagte Hartung bitter.

«Bis zu Ihrer Entscheidung sind wir Konkurrenten bei Angela. Heiraten Sie sie, möchte ich euer väterlicher Freund sein.«

«Darauf komme ich noch zurück. «Hartung ging hinüber zu den Lifts. Er wußte, daß Fallersfeld ihm jetzt nachblickte und sich die Hände rieb. Ein alter Gauner, aber es gab Situationen, in denen er keinen Spaß mehr verstand.

Vor der großen Glastür zum Hotelpark zögerte Hartung. Die Terrasse war leer, aufder weiten Rasenfläche sonnten sich die Gäste oder saßen unter den Sonnenschirmen, lasen und tranken Fruchtsäfte. Die aufregende Rothaarige entdeckte er nicht mehr. Er drehte sich schnell um. Fallersfeld stand noch hinter dem runden Tisch in der Ecke und zeigte jetzt mit dem Daumen nach oben.

Hartung nickte, betrat den ersten Lift und fuhr hinauf zu Angela.

Sie hatte wirklich geweint. Hartung sah es sofort an den leicht geröteten Augen. Er kam ins Zimmer, küßte Angela und fragte wie ein dummer Junge:

«Hast du eine gute Fahrt gehabt?«

«Ja.«

Sie ging zum Fenster und blieb dort stehen. Die Sonne schien durch ihr dünnes Kleid. Darunter war sie fast nackt. Sie hat einen herrlichen Körper, dachte Hartung und betrachtete sie stumm. Wie schnell man so etwas vergißt. Ein Körper, der mir gehört, und ein Herz, das auf ein paar liebe Worte wartet.

«Angela«, begann er zögernd. Manchmal will man etwas sagen, und wenn man dann den Mund aufmacht, fehlen die Worte.

Sie drehte sich langsam um. Sie ist schön, dachte Hartung. Nicht hübsch. Sie ist kein Luxusgeschöpf mit einem Puppengesicht, ihre Schönheit ist natürlich, echt. Verständlich, daß der alte Fallersfeld mit verdrehten Augen herumläuft und noch einmal jung wird. Ebenso klar, daß ich Angela liebe und sie heiraten werde, nur.

«Ich habe den Baron nicht darum gebeten, mit dir zu sprechen, Horst«, sagte sie.

«Das weiß ich.«

«Es ist mir peinlich.«

«Zwischen uns braucht nichts peinlich zu sein, Angi. Wir gehören so fest zusammen.«

«Bitte, Horst. Keine Phrasen.«

«Soll ich Rosen kommen lassen und >o bella bionda< singen?«

«Es genügt, wenn du vernünftig mit mir redest. Willst du dich nicht setzen?«

«Aber nur, wenn du zu mir auf die Couch kommst.«

Sie setzten sich, er legte den Arm um ihren Nacken, und sie küßten sich, wie sich zwei Liebende küssen, lang, innig, mit geschlossenen Augen.

Das war ein guter Anfang für das kommende Gespräch, aber auch ein gefährlicher Anfang.

«Fallersfeld will dich heiraten«, sagte Hartung. Er sah Angela zu, wie sie aus einer Karaffe frischen, eisgekühlten Orangensaft in zwei hohe Gläser goß.

«Ja. Wenn du kneifst.«

«Was für ein Ausdruck. Kneifst. Ich liebe dich, und wir heiraten, so wahr Laska vier Beine und einen Schwanz hat.«

«Aber erst, wenn Laskas Beine lahm sind und ihr der Schwanz ausfällt.«

«Früher. «Hartung trank den eiskalten Saft in kleinen, vorsichtigen Schlucken. Er konnte sich einen Tag vor dem Turnier keine Gastritis leisten.»Nach der großen Übersee-Tournee.«

«Nach der. «Angelas schöne Augen weiteten sich.»Du willst also doch?«

«Ich habe Laska die letzten Wochen beobachtet. Ich habe mit Dr. Rölle gesprochen, und Romanowski ist der gleichen Ansicht! Las-ka ist trotz ihrer Jugend stark genug, diese Reisen auszuhalten. Allerdings wird Pedro nicht von ihrer Seite weichen, und Dr. Rölle will sie umtaufen lassen in >Klein Laska<. Ich werde sie mit allem Fingerspitzengefühl reiten.«

«Aber siegen muß sie doch! Das heißt — wieder ein Jahr warten.«»Angela, du fliegst überall mit.«

«Ich habe kein Geld mehr. Das Bankkonto ist leer, mein Vater gibt mir keinen Pfennig mehr, er nennt mich schlankweg eine Idiotin, weil ich dir überallhin nachfahre. Mir bleibt nur übrig, mich als blinder Passagier einzuschmuggeln.«