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«Du bekommst von mir jede Flugkarte, das beste Hotel!«

«Halt, Horst!«Sie hob beide Hände, ihre Stimme klang energisch und so hart wie nie.»Ich lasse mich nicht bezahlen!«

«Angela!«Er fuhr von der Couch hoch.

«Ich will nicht mitgeführt werden wie Sattel und Futtersack. Auch als deine Braut nicht. Hartung reist mit seinem Mäuschen durch die Welt — sollen die Leute das 'rumtratschen? Und die Zeitungen? Hartung und seine ständige Begleiterin — eine feine Umschreibung. Nein. So nicht. Wenn ich mitkomme auf diese verrückte Tournee, dann mit eigenem Geld. Ich werde den Baron bitten, mich als irgend etwas anzustellen in der Equipe.«

«Er wird vor Wonne seine Mütze fressen! Es ist eine Stelle frei — als Herzerwärmer.«

«Ich sollte dich nicht heiraten, dir fehlt jeder Ernst!«Sie lehnte am Fenster. Wieder schien die Sonne durch ihr Kleid, zeigte die Konturen ihres Körpers. Die festen Brüste, die schlanke Taille, die Hüften, die langen Beine.

«Ich verspreche dir, Angi, Weihnachten in einem Jahr — spätestens — haben wir keine solchen Probleme mehr. Verdammt, ich liebe dich, und wenn du nicht irgendwo am Parcours stehst, fehlt mir etwas. Es geht dann immer etwas schief.«

Angela Diepholt hob die Arme. Sie war entwaffnet. Was Fallersfeld befürchtet hatte, war prompt eingetreten, sie hatte sich wieder überreden lassen.

«Gut. Ich kapituliere wieder. Du bist ein Schuft, der herrlichste Schuft auf der Welt. «Sie kam zur Couch zurück und ließ sich in seine ausgebreiteten Arme fallen.»Wo fängt die Weltreise an?«

«In Johannesburg. Vorher aber noch eisernes Training.«

«Wann Johannesburg?«»In sechs Wochen.«

«Dann muß ich mir noch schnell die nötigen Kleider kaufen.«

Sie lachten, küßten sich, waren glücklich, balgten sich auf der Couch wie Kinder. Eine halbe Stunde Vergessen, Betäubung.

Fallersfeld saß noch immer in seinem Gobelinsessel in der Halle und trank den vierten Kognak, als er Hartung endlich aus dem Lift kommen sah. Er winkte ihm mit beiden Händen zu. Hartung, der hinaus zum Park wollte, machte kehrt und ging in die Halle.

«Sie sitzen ja noch immer da, Baron.«

Fallersfeld kippte erregt den Kognak.»Na, Sie heiraten Angela?«

«Ja. Daran gab es nie Zweifel.«

«Aussprache ein Erfolg?«

«Mit Angela immer.«

«Wann Aufgebot?«

Hier zögerte Hartung verständlicherweise. Dann sagte er:»Im Spätherbst nächsten Jahres.«

«Wie bitte?«Fallersfeld beugte sich vor.»Habe ich recht gehört?«

«Angela wird bis zu diesem Termin in der deutschen Equipe angestellt. Sie spricht noch mit Ihnen darüber, als was. Ihre Hilfe sieht sie als selbstverständlich an.«

«Seid ihr jetzt beide total verrückt geworden?«

«Nein, aber endlich einig. «Hartung holte tief Luft.»Laska und ich machen das Weltturnier mit. Nach Baden-Baden beginne ich mit Laska das Training unter extremsten Bedingungen.«

Fallersfeld ließ sich nach hinten in den Sessel sinken. Er liebte dramatische Momente.

«Gott strafte Lots Weib, indem er sie zur Salzsäule erstarren ließ. Mich strafte er mit Ihnen! Ich muß es ertragen!«Er zeigte plötzlich mit ausgestreckter Hand in die Halle und blinzelte Hartung zu.

«Und dort kommt ihr nächster Sündenfall, Horst. Die rothaarige Sexbombe!«

Hartung fuhr herum. Vom Park war die auffallende Dame hereingekommen. Er sprang auf und ging ihr entgegen, schnitt ihr den Weg ab.

«Und so etwas will Angela heiraten!«sagte Fallersfeld.»Warum bin ich nicht fünfundzwanzig Jahre jünger?«

Die Dame blieb stehen, als Hartung ihr in den Weg trat. Ihr langes rotes Haar leuchtete wie gehämmertes Kupfer. Die riesige Sonnenbrille verdeckte fast das halbe Gesicht — ein schmales, aristokratisches, unwahrscheinlich ebenmäßiges Gesicht. Ihr Körper in dem engen Hosenanzug war ein Traum. Alle Männer in der Hotelhalle blickten zu ihr hin, das war verständlich. Wer ihre Blicke lesen konnte, erkannte darin nur einen Wunsch, und der war noch verständlicher. Es schien, als sei der Lärm in der Halle plötzlich gedämpfter geworden.

Horst Hartung und die unbekannte rote Venus — gab es eine Sensation in den nächsten Tagen?

«Gnädige Frau«, sagte Hartung und verbeugte sich vor soviel Schönheit.»Kennen wir uns nicht?«

«Habe ich so wenig Eindruck auf Sie gemacht, Horst Hartung?«

«Aachen?«

«Stimmt.«

«Luisa Gironi. Aus Palermo.«

«Ja. Sie waren der erste Mann, der nicht erschrak, als ich meine Brille abnahm.«

Hartung schwieg betroffen. Luisa Gironi, die schönste Frau der Welt, solange sie die Brille aufließ, diese riesige Sonnenbrille mit dem zu ihren Kleidern passenden Gestell, hinter der sich die schrecklichen Narben verbargen.

«Kommen Sie, wir gehen in den Park«, sagte er.»Ich freue mich, daß ich Sie wiedersehe. So fröhlich wiedersehe. Keine Probleme mehr?«

«Keine, Horst. Darf ich Horst sagen?«

«Aber ja. «Hartung faßte sie unter. Er zog sich damit automatisch die Feindschaft aller Männer in der Hotelhalle zu.»Sind Sie wieder meinetwegen nach Baden-Baden gekommen, Luisa?«»Ich könnte jetzt sagen — ja! Ich war überall, wo Sie geritten sind, sogar in Moskau. Aber ich belüge Sie nicht. Ich war wegen Laska da. Sie hätte mich fast totgeschlagen, damals in Aachen, so sehr liebt Sie die Pferdedame, seitdem liebe ich sie. Ich muß dieses Fluidum des Rennplatzes oder des Parcours um mich haben, Sie wissen das. Sie Horst, nehme ich dabei in Kauf. Ihre kleine, süße Braut ist auch hier? Ich habe sie gesehen.«

«Gesehen? Wo?«

«Eben, als wir aus der Halle gingen.«

«O Gott, das wird wieder Fragen und Erklärungen geben!«

«Der Baron wird ihr alles erzählen.«

«Der denkt gar nicht daran. Er ist mein Nebenbuhler geworden bei Angela.«

«Wollen Sie zurück ins Hotel?«

«Nein, Luisa. Ich freue mich ehrlich, daß ich Sie wiedersehe. «Sie setzten sich unter einer großen orangenfarbenen Markise auf die Terrasse und beobachteten die Gäste, die sich in dem langgestreckten Schwimmbecken tummelten.»Sie sehen glücklich aus.«

«Ich bin auch glücklich. Ich bin verliebt, Horst.«

«Richtig — mit Seele?«

«Ganz tief. Er heißt Piero Camerino, ist neunundzwanzig Jahre alt, sieht aus wie der Apoll des Praxiteles, stammt aus Torre Annunziata, südlich von Neapel, ist der Sohn eines Reeders und legt mir die Welt zu Füßen, soweit er sie tragen kann.«

Hartung nahm ihre Hand und küßte sie.»Viel Glück, Luisa. Und — und das andere?«

«Es stört ihn nicht. «Ihr voller, sinnlicher Mund lächelte. Er war eine einzige Verlockung, aber nicht mehr für Hartung.»Er hat mir selbst die Brille abgenommen, mich genau betrachtet und dann gesagt: >Du bist die schönste Frau, mia cara!<«

Hartung nickte. Dieser letzte Satz gefiel ihm nicht. Es war eine Lüge, auch für einen Mann, der noch so verliebt sein mochte. Wenn Luisa die Brille abnahm, war zunächst Schweigen. Der Schock war einfach zu groß. Wer dann solche Schmeicheleien sagte, war nicht fähig, dieses arme, herrliche Geschöpfwirklich zu lieben. Aber wer erkennt das schon, wenn er glücklich ist? Am allerwenigsten Luisa Gironi.

«Er ist auch in Baden-Baden?«fragte er.

«Aber ja. Dort, am Swimming-pool, steht er. Der mit der rotweißgestreiften Hose. Ist er nicht ein schöner Mann, Horst?«

Hartung sah den schlanken, gutgewachsenen, schwarzlockigen Mann, wie er um das Becken herumspazierte und sich bewundern ließ. Er hatte kräftige Muskeln, breite Schultern und schmale Hüften. Sein Gesicht, etwas länglich, war wie der ganze Körper braungebrannt, fast zu hübsch für einen Mann und hinter der glänzenden Fassade hohl und dümmlich. Wenn er lachte, und er schien viel und über alles zu lachen, blitzten Zahnreihen auf, die Neid erweckten. Jacketkronen, dachte Hartung. Grinsen gehört offensichtlich zu seinem Image.