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war nicht gewillt, sich erneut auf ein solches Risiko einzulassen.

»Susan«, sagte er und stieß resolut die Luft aus, »ich möchte, dass Sie mir helfen, Hales Key zu finden.«

»Was?« Susan sprang auf und sah ihn ungehalten an.

Strathmore bezwang seinen Drang, ebenfalls aufzuspringen. Er kannte sich in Verhandlungstaktik gut genug aus, um zu wissen, dass die Machtposition immer bei dem lag, der saß. Er hoffte, Susan würde

sich wieder hinsetzen. Sie tat es nicht. »Susan, setzen Sie sich.« Sie beachtete ihn nicht.

»Setzen sie sich!« Es war ein Befehl.

Susan blieb stehen. »Commander, wenn Sie immer noch darauf bestehen, Tankados Algorithmus zu knacken, dann machen Sie das

bitte alleine. Ich will hier raus!«

Strathmore senkte den Kopf und holte tief Luft. Es war klar, dass er ohne zusätzliche Erklärungen nicht weiterkam. Sie verdient das auch, dachte er. Er beschloss, ihr reinen Wein einzuschenken.

Hoffentlich ist das kein Fehler.

»Susan«, fing er an, »es hätte eigentlich gar nicht zu dieser Situation kommen sollen.« Er fuhr sich mit der Hand über den Schädel. »Es gibt einiges, das ich Ihnen noch nicht gesagt habe. In meiner Position ist man manchmal gezwungen...« Er verstummte, als hätte er ein peinliches Geständnis zu machen. »Ein Mann in meiner Position muss manchmal seinen Leuten, obwohl er sie schätzt, die Wahrheit vorenthalten. Heute war ein solcher Tag.« Er sah Susan betrübt an. »Ich verrate Ihnen jetzt etwas, das ich Ihnen eigentlich

niemals verraten wollte ... weder Ihnen noch sonst jemand.« Das

Gesicht des Commanders war todernst geworden.

Susan lief es kalt über den Rücken. Offenbar betrieb Strathmore auch Dinge, die sich ihrem Wissen entzogen. Sie setzte sich.

Strathmore blickte an die Decke und sammelte seine Gedanken. Eine lange Pause entstand. »Susan«, sagte er schließlich mit brüchiger Stimme, »ich habe keine Familie mehr.« Seine Augen suchten ihren Blick. »Ich führe keine Ehe mehr, die diese Bezeichnung verdient. Mein Leben besteht nur noch aus meiner Liebe zu diesem Land. Die

Arbeit hier bei der NSA ist mein ganzes Leben.«

Susan hörte ihm schweigend zu.

»Wie Sie sich vielleicht schon gedacht haben, möchte ich bald in den Ruhestand gehen, aber ich möchte es mit Stolz tun können. Ich möchte meinen Abschied in dem Bewusstsein nehmen können, dass

ich etwas bewirkt habe.«

»Aber Sie haben doch etwas bewirkt«, erwiderte Susan. »Sie haben den TRANSLTR gebaut.«

Strathmore schien sie gar nicht zu hören. »Im Laufe der vegangenen Jahre ist unsere Arbeit hier bei der NSA immer schwieriger geworden. Wir haben es mit Gegnern zu tun bekommen, von denen wir niemals gedacht hätten, dass sie uns eines Tages herausfordern würden. Ich rede von unseren eigenen Bürgern. Die Bürgerrechtsfanatiker, die EFF, die Anwälte – sie spielen eine wichtige Rolle, aber es betrifft bei weitem nicht nur sie. Es betrifft unser ganzes Volk. Es hat den Glauben und die Zuversicht verloren. Die Leute leben in einem Wahn! Auf einmal sind wir ihr Feind, Menschen wie Sie und ich, Menschen, denen das Wohl der Nation am Herzen liegt! Auf einmal sehen wir uns gezwungen, uns das Recht, unserem Land zu dienen, zu erkämpfen! Auf einmal sind wir nicht mehr Garanten des Friedens, sondern Spanner und Lauscher an der Wand und eine Bedrohung der Bürgerrechte!« Strathmore ließ einen

tiefen Seufzer los. »Leider gibt es in dieser Welt viel zu viele naive Gemüter, die sich überhaupt nicht vorstellen können, welchen schauerlichen Zuständen sie ausgesetzt wären, wenn wir nicht eingreifen würden. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass es unsere Aufgabe ist, diese Menschen vor ihrer eigenen Dummheit zu schützen.«

Susan wartete darauf, dass der Commander zur Sache kam.

Strathmore starrte müde auf den Boden. Schließlich hob er den Blick. »Susan, hören Sie mich bitte an«, sagte er und lächelte ihr liebevoll zu. »Sie wollen, dass ich jetzt das Programm abbreche, aber bitte, hören Sie mich an! Ich fange nun schon seit ungefähr zwei Monaten Tankados E-Mails ab. Wie Sie sich vielleicht vorstellen können, war ich ziemlich schockiert, als ich die E-Mail an North-Dakota gelesen habe, in der er zum ersten Mal einen undechiffrierbaren Algorithmus namens Diabolus angekündigt hat. Ich habe nicht an eine solche Möglichkeit geglaubt. Aber je mehr Botschaften ich abgefangen habe, desto überzeugender hörten sie sich an. Als ich von den Mutationsketten las, die er benutzt hat, um eine rotierende Klartextfunktion zu schreiben, wurde mir klar, dass er uns um Lichtjahre voraus war. Keiner von uns hat diesen Ansatz jemals

verfolgt.«

»Wozu auch?«, sagte Susan. »Es wäre kaum sinnvoll gewesen.«

Strathmore erhob sich und ging auf und ab. Mit einem Auge beobachtete er die Tür. »Als ich vor ein paar Wochen gewahr wurde, dass Diabolus meistbietend versteigert werden soll, habe ich akzeptieren müssen, dass Tankado es ernst meint. Mir war klar, dass wir erledigt sind, wenn er den Algorithmus an eine japanische Softwarefirma verkauft. Also habe ich mich hingesetzt und überlegt, was ich dagegen unternehmen könnte. Ich habe sogar daran gedacht, Tankado liquidieren zu lassen. Aber bei dem Aufsehen, das sein Algorithmus und seine jüngsten Behauptungen zum Thema TRANSLTR erregt haben, hätte natürlich sofort alles mit dem Finger auf uns gezeigt. Und da ist mir aufgegangen...«, er blieb vor Susan

stehen, »dass ich Diabolus eben gerade nicht verhindern sollte.«

Susan sah ihn verständnislos an.

»Ich habe in Diabolus die Chance meines Lebens erkannt«, fuhr Strathmore fort. »Ich habe auf einmal begriffen, dass Diabolus mit ein paar kleinen Änderungen für uns und nicht gegen uns arbeiten

würde ...«

Susan hatte selten einen solchen Blödsinn gehört. Diabolus war ein nicht dechiffrierbarer Algorithmus. Er würde ihnen das Lebenslicht

ausblasen.

»Wenn ich«, fuhr Strathmore fort, »ja, wenn ich eine winzige

Veränderung an dem Algorithmus vornehmen könnte .., selbstverständlich, bevor er auf den Markt kommt...« Er blinzelte

Susan verschwörerisch zu.

Es dauerte nur einen Moment, bis bei Susan der Groschen gefallen war. Strathmore konnte es an ihren Augen ablesen. Aufgeregt erläuterte er ihr seinen Plan. »Wenn ich den Schlüssel in die Hand bekomme, kann ich unsere Version von Diabolus öffnen und die

Veränderung einfügen.«

»Ein Hintertürchen!« Susan hatte bereits vergessen, dass der Commander nicht aufrichtig zu ihr gewesen war. »Genau wie bei

Skipjack!«, sagte sie erwartungsvoll.

Strathmore nickte. »Anschließend würden wir im Internet Tankados frei herunterladbare Version gegen unsere modifizierte Version austauschen. Diabolus ist ein japanischer Algorithmus. Kein Mensch wird auf die Idee kommen, dass die NSA mit von der Partie

ist. Wir müssten bloß diesen Austausch bewerkstelligen.«

Susan musste zugeben, dass dieser Plan mehr als genial war. Das war Strathmore pur: Sich zum Geburtshelfer eines Algorithmus

machen, den die NSA knacken konnte!

»Diabolus wird über Nacht zum globalen Verschlüsselungsstandard werden – und wir hätten freien Zugriff!«

»Über Nacht?«, wandte Susan ein. »Was macht Sie da so sicher? Selbst wenn Diabolus von jedermann gratis heruntergeladen werden könnte, würden die meisten Computernutzer schon aus reiner Bequemlichkeit noch einige Zeit ihre alten Algorithmen weiter

benutzen. Wieso sollten sie auf Diabolus umstellen?«

Strathmore lächelte. »Ganz einfach. Es wird ein Geheimhaltungsleck geben. Alle Welt wird plötzlich wissen, dass wir

den TRANSLTR haben.«

Susan staunte mit offenem Mund.

»So einfach ist das, Susan. Wir müssen nur dafür sorgen, dass die Welt von dem Computer der NSA erfährt, der sämtliche Algorithmen