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Flucht aus der Cryptokuppel oder das Gefängnis. Eine innere Stimme riet ihr, auf Davids Anruf zu warten und seinen Key zu benutzen, aber andererseits war es ja noch nicht einmal ausgemacht, ob David den Ring überhaupt fand. Sie fragte sich, weshalb er so lange brauchte. Schließlich stellte sie ihre Bedenken hintan und ging

weiter.

Strathmore vermied jedes Geräusch. Hale brauchte nicht gewarnt zu werden, dass sie im Anmarsch waren. Als sie sich dem Ende der Treppe näherten, wurde Strathmore noch langsamer. Tastend streckte er den Fuß vor. Als er den Boden spürte, setzte er den Fuß auf. Man

hörte seinen Absatz auf den harten schwarzen Fliesen klicken.

Susan spürte, wie sich Strathmores Schulter verkrampfte. Sie hatten die Gefahrenzone betreten. Hale konnte überall lauern.

Ein ganzes Stück entfernt, und im Moment vom TRANSLTR

verdeckt, befand sich ihr Zieclass="underline" Node 3 . Susan flehte zum Himmel, dass sich Hale immer noch auf dem Boden krümmte und vor

Schmerzen winselte wie ein Hund, der er ja auch war.

Strathmore ließ das Geländer los und nahm die Waffe wieder in die rechte Hand. Nun, da sie den relativen Schutz der Treppe hinter sich ließen, fühlte sich Susan an die nächtlichen Versteckspiele ihrer Kindheit erinnert. Sie hatte das »Mal« aufgegeben. Sie stand im Freien. Sie war angreifbar. Susan klammerte sich an Strathmores rechte Schulter. Wenn sie ihn verlor, hätte sie rufen müssen – und das

hätte Hale hören können.

Der TRANSLTR war eine pechschwarze Insel in einem Meer der Finsternis. Strathmore blieb alle paar Schritte stehen und lauschte sichernd mit erhobener Pistole in die Dunkelheit, doch das einzige Geräusch war das Brummen aus dem Untergrund. Susan hätte Strathmore am liebsten zurückgezerrt, zurück in die Sicherheit, zurück zum »Mal«. Fratzenhafte Gesichter schienen sie ringsumher aus der Dunkelheit anzustarren.

Auf halbem Weg zum TRANSLTR wurde die Stille der Kuppel jäh unterbrochen. Ein hohes Piepsen, das irgendwo von rechts oben zu kommen schien, schnitt durch die Dunkelheit. Strathmore fuhr herum, Susan verlor den Kontakt. Angstvoll tastend streckte sie die Arme aus, aber der Commander war fort. Wo zuvor seine Schulter gewesen war,

ertastete sie nur noch Luft. Susan taumelte ins Leere.

Das Piepsen hörte nicht auf. Es war ganz in der Nähe. Susan drehte sich in der Finsternis. Sie hörte Stoff rascheln, dann war das Piepsen plötzlich weg. Sie erstarrte. Wie im schlimmsten Albtraum ihrer Kindheit erschien gleich darauf ein Gespenst. Direkt vor ihren Augen materialisierte sich ein geisterhaft grünes Gesicht, das Gesicht eines Dämons mit deformierten Zügen, die nach oben scharfe Schatten warfen. Sie prallte zurück und wollte davonlaufen, aber das Gespenst

packte sie am Arm. »Nicht bewegen!«, zischte es.

Einen Augenblick lang glaubte Susan in diesen stechenden Augen Hale zu erkennen, aber es war nicht Hales Stimme, und die Berührung war auch nicht hart genug. Es war Strathmore. Ein matt leuchtender Gegenstand, den er aus der Tasche gezogen hatte, strahlte ihn schwach von unten an. Die Spannung wich aus Susans Körper. Erleichtert begann sie wieder zu atmen. Der Gegenstand in Strathmores Hand hatte ein elektronisches LED-Display, das ein

grünlich glühendes Licht aussandte.

»Verdammt!«, fluchte Strathmore leise vor sich hin, »mein neuer Pager.« Wütend sah er auf den SkyPager in seiner Hand hinab. Er hatte vergessen, den Ruf stumm zu schalten. Er hatte das Gerät in einem Elektronikladen am Ort erworben und bar bezahlt, damit der Kauf anonym blieb. Niemand wusste besser als Strathmore selbst, wie genau die NSA ihre eigenen Leute überwachte – und die digitalen Botschaften, die er mit diesem Pager verschickte und empfing, gedachte Strathmore nun wirklich nicht an die große Glocke zu

hängen.

Susan sah sich beklommen um. Falls Hale bisher noch nicht bemerkt hatte, dass sie im Anmarsch waren, dann hatte er es jetzt mit

Gewissheit mitbekommen.

Strathmore drückte auf ein paar Knöpfe und las die eingehende Botschaft. Er stöhnte verstohlen auf. Noch mehr schlechte Nachrichten aus Spanien – nicht von David Becker, sondern von der

anderen Partie, die er nach Sevilla geschickt hatte.

Achttausend Kilometer von Fort Meade entfernt, raste ein mit Überwachungselektronik voll gestopfter Lieferwagen durch die nächtlichen Straßen von Sevilla. Die NSA hatte ihn unter »Umbra«-Sicherheitseinstufung bei einer US-Militärbasis in Roja ausgeliehen. Die beiden Männer im Fahrzeug waren aufs Äußerste angespannt. Es war nicht das erste Mal, dass sie auf Anweisungen aus Fort Meade Feuerwehr spielen mussten, aber normalerweise kamen die Befehle

nicht von so hoch oben.

»Schon irgendwas von unserem Mann zu sehen?«, rief der Agent am Steuer über die Schulter nach hinten.

Die Augen seines Partners wichen nicht von der Einspielung der Videokamera auf dem Dach. »Nein, nichts. Fahr weiter.«

KAPITEL 78

Mit einer Penlight-Taschenlampe zwischen den Zähnen, lag Jabba immer noch unter einem Wirrwarr von Kabeln auf dem Rücken und schwitzte. Er hatte sich daran gewöhnt, in den späten Abendstunden der Wochenenden arbeiten zu müssen. Die Wartung und Reparatur der Geräte war meist nur in den wenigen Stunden möglich, in denen es bei der NSA etwas ruhiger zuging. Mit größter Sorgfalt manövrierte er den glühend heißen Lötkolben durch das baumelnde Drahtgewirr, das von oben herabhing. Ein angesengter Kabelbaum

konnte sich leicht zur Katastrophe auswachsen.

Nur noch ein paar Zentimeter, dann ist es geschafft, dachte er. Die Reparatur hatte wesentlich länger gedauert als geplant.

Just in dem Moment, als er die Spitze seines Lötkolbens für die letzte Lötstelle über Kopf an den Lötzinn hielt, piepste schrill sein Handy. Jabba schrak zusammen, sein Arm zuckte, und ein großer

Tropfen geschmolzenes Lötzinn platschte auf seinen nackten Arm.

»Scheiße!« Er ließ den Lötkolben fallen und hätte beinahe den Leuchtstab verschluckt. »Scheiße! Scheiße! Scheiße!«

Er rieb sich hektisch den nackten Arm, an dem eine eindrucksvolle Brandblase erblühte. Der Chip, den er einlöten wollte, fiel wieder

heraus und purzelte ihm auf den Kopf. »Verdammt aber auch!«

Das Handy piepste beharrlich weiter. Er ignorierte es.

Midge!, fluchte er vor sich hin. Nun gib endlich Ruhe! In der Crypto ist alles im grünen Bereich! Das Telefon piepste weiter. Jabba machte sich wieder an die Arbeit und setzte den Chip noch einmal ein. Eine Minute später war alles an Ort und Stelle, aber das Telefon nervte ihn immer noch. Midge, verdammt nochmal, lass endlich gut sein! Das Handy piepste weitere fünfzehn Sekunden, dann hörte es

auf. Jabba stieß einen Seufzer der Erleichterung aus.

Sechzig Sekunden später knackte es im Lautsprecher der Rufanlage an der Decke. »Der Leiter der Sys-Sec-Abteilung wird gebeten, sich bei der Vermittlung zu melden und eine Nachricht

entgegenzunehmen.«

Jabba verdrehte die Augen. Nicht zu fassen! Sie kann einfach nicht lockerlassen! Er ignorierte die Durchsage.

KAPITEL 79

Strathmore verstaute den SkyPager wieder in seinem Jackett und spähte Richtung Node 3 ins Dunkle. Er wollte Susans Hand ergreifen. »Kommen Sie.«

Zur Berührung kam es aber nicht.

Eine Gestalt brauste mit einem gutturalen Aufschrei aus der Dunkelheit heran wie ein unbeleuchteter LKW. Es gab einen Zusammenprall. Strathmore ging zu Boden und war fort. Susan hörte

die Beretta klappernd zu Boden fallen.

Hale! Der Pager hatte sie verraten.

Einen Augenblick lang stand Susan wie versteinert da und wusste weder aus noch ein. Sie wäre am liebsten geflohen, aber sie kannte ja nicht das Passwort für den Lift. Gerne hätte sie Strathmore geholfen, aber wie? Während sie sich verzweifelt um die eigene Achse drehte, erwartete sie, vom Boden das Geräusch eines Kampfes auf Leben und Tod zu vernehmen, aber nichts dergleichen geschah. Es war plötzlich totenstill – als ob Hale den Commander umgerempelt und sich sofort