Выбрать главу

volle Verantwortung! Und jetzt, los!«

Hale stand wie vom Blitz getroffen da. Er war offenbar völlig durcheinander. Sein Griff um Susans Hals lockerte sich.

Strathmore schaltete das Handy ab und schob es resolut in den Gürtel zurück. »Greg, jetzt sind Sie dran!«

KAPITEL 81

Becker stand mit geröteten Augen in der Abfertigungshalle neben einer Telefonzelle. Sein Gesicht brannte, und etwas übel war ihm auch, aber er war in Hochstimmung. Es war vorbei, endgültig vorbei! Er konnte jetzt nach Hause. Der Ring an seinem Finger war der Gral, den er gesucht hatte. Er hielt die Hand ins Licht und betrachtete blinzelnd das goldene Buchstabenband. Seine Augen lieferten ihm nur ein sehr unscharfes Bild, aber die Inschrift schien nicht Englisch zu sein. Er versuchte, die ersten Zeichen zu entziffern. Es fing an mit einem O oder einem Q, vielleicht sogar mit einer Null, aber seine schmerzenden Augen konnten es nicht genau erkennen. Das war also

die Frage der nationalen Sicherheit.

Becker trat in die Telefonzelle und wählte Strathmores Nummer, aber schon bei der Vorwahl kam eine Ansage. »Todas las conexiones están ocupadas«, sagte eine Stimme. »Leider sind alle Anschlüsse besetzt. Bitte legen Sie auf, und versuchen Sie es später noch einmal.« Becker hängte stirnrunzelnd wieder ein. Er hatte nicht daran gedacht: In Spanien waren Auslandsgespräche eine Art Roulette, eine Frage des Glücks und des richtigen Zeitpunkts. Er würde es in ein paar

Minuten noch einmal versuchen müssen.

Er bemühte sich, nicht auf das Brennen des Pfeffersprays in seinen Augen zu achten. Megan hatte gesagt, dass es durch Reiben nur noch

schlimmer würde – falls das vorstellbar war. Ungeduldig versuchte er noch einmal, zu Strathmore durchzukommen. Wieder keine Verbindung. Becker hielt es nicht mehr aus. Seine Augen brannten wie Feuer. Er musste sie unbedingt ausspülen. Strathmore würde sich eben ein paar Minuten gedulden müssen. Halb blind machte er sich auf den Weg zu den Toiletten.

Vor der Tür der Herrentoilette erkannte er verschwommen den Reinigungswagen. Wieder wandte Becker sich der Tür mit der

Aufschrift SEÑORAS zu. Es kam ihm vor, als hätte er von drinnen

etwas gehört. Er klopfte. »¿Hola?«

Stille.

Möglicherweise Megan, dachte er. Sie hatte noch fünf Stunden totzuschlagen, bis ihr Flugzeug ging. Wollte sie nicht versuchen, den

Arm ganz sauber zu bekommen?

»Megan!«, rief Becker. Er klopfte noch einmal. Als keine Antwort kam, öffnete er die Tür und trat ein. »Hallo?« Es schien niemand in

der Toilette zu sein. Achselzuckend trat Becker ans Waschbecken.

Das Becken war verschmutzt wie zuvor, aber das Wasser war kalt. Er spülte seine Augen. Er fühlte, wie die offenen Poren sich strafften. Der Schmerz ließ langsam nach, der Nebel hob sich allmählich. Becker betrachtete sich im Spiegel. Er sah aus, als hätte er tagelang

geheult.

Als er sich das Gesicht am Ärmel des Jacketts trocken wischte, ging ihm plötzlich auf, wo er war. Vor lauter Aufregung hatte er es ganz vergessen. Er war auf dem Flughafen! Irgendwo da draußen auf dem Flugfeld wartete in einem Privathangar ein Learjet 60 auf ihn, der ihn nach Hause bringen sollte! Ich habe Anweisung, hier auf Sie zu warten, bis Sie zurückkommen, hatte der Pilot unmissverständlich

gesagt.

Kaum zu glauben, dachte Becker, jetzt bist du wieder da, wo alles angefangen hat! Worauf wartest du noch? Die Nachricht an

Strathmore kann bestimmt auch der Pilot durchgeben.

Becker lächelte sich im Spiegel zu und zog die Krawatte zurecht. Er wollte gerade gehen, als er im Spiegel etwas sah, das ihm bekannt vorkam. Er drehte sich um. Megans Reisetasche schien aus der halb offenen Tür der Toilettenzelle herauszuragen.

»Megan?«, rief er. Keine Antwort. »Megan!«

Becker pochte laut an die Seitenwand der Zelle. Keine Reaktion. Vorsichtig drückte er gegen die Tür. Sie schwang auf.

Becker hätte fast aufgeschrien vor Schreck. Megan saß mit nach oben verdrehten Augen auf der Toilette. Aus einem Einschussloch

mitten auf der Stirn sickerte eine blutige Flüssigkeit in ihr Gesicht.

»Oh, mein Gott!«

»Estä muerta«, sagte eine kaum menschlich zu nennende Stimme hinter ihm. »Sie ist tot.«

Wie in einem Albtraum drehte Becker sich um.

»^Señor Becker?«, fragte die gespenstische Stimme.

Fassungslos betrachtete David Becker den Mann, der in die Toilette getreten war. Er kam ihm irgendwie bekannt vor.

»Soy Hulohot«, sagte der Killer. »Ich bin Hulohot.« Die missgestalteten Worte schienen aus den Tiefen seines Leibes

emporzuquellen. Er streckte die Hand aus. »jEl anillo! Den Ring!«

Becker starrte ihn verständnislos an.

Der Mann zog eine Pistole aus der Tasche und richtete den Lauf auf Beckers Kopf. »jEl anillo!«

Becker erlebte einen Moment völliger Klarheit. Er wurde von einem Gefühl durchflutet, das er bislang noch nicht gekannt hatte. Wie auf Kommando spannten sich sämtliche Muskeln seines Körpers. Als der Schuss peitschte, flog Becker schon durch die Luft und

landete auf Megan. Das Projektil fuhr vor ihm in die Wand.

»jMierda!«, zischte Hulohot. Sein Opfer war im allerletzten Moment aus der Schussbahn getaucht.

Becker fuhr von dem leblosen Teenager hoch. Er hörte Schritte, der Hahn einer Pistole knackte.

»Adiös«, flüsterte der Mann. Wie ein Panther war er herbeigesprungen. Ein Pistolenlauf schwang in die Zelle.

Etwas Rotes blitzte auf, doch es war kein Blut. Wie aus dem Nichts prallte etwas Schweres gegen die Brust des Killers. Megans Reisetasche. Der Killer drückte ab, aber einen Sekundenbruchteil zu

früh.

Becker schoss aus der Zelle wie eine Granate. Seine Schulter grub sich in den Magen des Angreifers und trieb ihn zurück gegen das Waschbecken. Der Spiegel klirrte. Die beiden Männer gingen zu Boden. Die Waffe klapperte auf die Fliesen. Becker schnellte wieder hoch und stürmte zum Ausgang. Hulohot grapschte nach seiner Waffe, warf sich herum und feuerte. Die Kugel fuhr in die

zuschlagende Toilettentür.

Die Weite der leeren Abfertigungshalle tat sich vor Becker auf wie eine unüberwindliche Wüste. Seine Beine wirbelten schneller unter ihm, als er es ihnen je zugetraut hätte. Als er keuchend die Drehtür erreichte, bellte hinter ihm ein Schuss. Die Querscheibe explodierte in einem Scherbenregen. Becker stemmte die Schulter gegen den leeren Rahmen. Das Türkreuz ruckte an. Sekunden später sprang Becker

hinaus auf das Trottoir.

Ein wartendes Taxi stand am Rinnstein.

»jDéjame entrar!«, schrie Becker und hämmerte gegen die Scheibe der verschlossenen Tür. »Lassen Sie mich rein!« Der Fahrer winkte ab. Sein vorheriger Fahrgast mit der Nickelbrille hatte ihn

angewiesen, auf ihn zu warten. Becker drehte sich um. Er sah Hulohot mit der Waffe in der Hand durch die Abfertigungshalle rennen. Mann, du bist so gut wie tot! Auf dem Trottoir lag noch die

kleine Vespa.

Als Hulohot durch die Drehtür platzte, trampelte Becker schon auf dem Kickstarter herum - vergeblich. Lächelnd hob Hulohot die

Waffe.

Der Choke! Becker riss wahllos an den Hebeln unter dem Benzintank herum. Der Motor hustete und starb wieder ab.

»jEl anillo! Den Ring!« Die Stimme war nicht mehr allzu weit entfernt.

Becker blickte auf. Er sah den Lauf einer auf ihn gerichteten Pistole. Er drosch noch einmal den Fuß auf den Starter.