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ab?

Hale warf sich herum, um Susan sehen zu können. »Also, was steht da? Nun sag schon!«

Susan verdrängte Hale aus ihrem Bewusstsein. Ensei Tankado ist North Dakota ...

Sie versuchte die Bausteine des Puzzlespiels neu zu legen, aber diesmal so, dass sie nahtlos ineinander passten. Wenn Tankado North

Dakota war, dann hatte er sich die E-Mails selbst geschrieben ... was bedeutete, dass North Dakota gar nicht existierte. Tankados Partner

war ein Phantom.

Ein Verwirrspiel.

Es war schlau eingefädelt. Strathmore hatte offenbar immer nur die eine Seite des Spiels verfolgt. Da der Ball stets wieder zurückgekommen war, war er davon ausgegangen, dass auch auf der anderen Seite ein Spieler stehen musste. Aber Tankado hatte den Ball nur gegen die Wand geschlagen. Er hatte die Einmaligkeit von Diabolus in Nachrichten verkündet, die er sich selbst geschrieben

hatte. Er hatte die Mails an einen Provider für anonyme Mails geschickt, und der hatte sie ihm ein paar Stunden später prompt

wieder zurückgeschickt.

Plötzlich sah Susan klar. Tankado hatte es bewusst darauf angelegt, dass Strathmore seine E-Mails abfing. Er wollte, dass der Commander sie las. Tankado hatte sich eine unsichtbare Rückversicherung geschaffen, ohne jemals seinen Key aus der Hand geben zu müssen. Damit alles einen authentischen Anstrich erhielt, hatte er sich einen geheimen Account zugelegt. Tankado war sein eigener Partner. North Dakota gab es überhaupt nicht. Ensei Tankado hatte eine Einmann-Show veranstaltet.

Eine Einmann-Show.

Ein erschreckender Gedanke ergriff von Susan Besitz. Mit dieser Scheinkorrespondenz hätte Tankado dem Commander alles Mögliche

unterjubeln können!

Sie erinnerte sich an ihre erste Reaktion, als Strathmore von einem unangreifbaren Algorithmus gesprochen hatte. Sie hätte tausend Eide geschworen, dass das ein Ding der Unmöglichkeit war. Inzwischen stellte sich die Lage in einem neuen, sehr beunruhigenden Licht dar. Gab es denn außer Tankados großsprecherischen E-Mails überhaupt einen Beweis, dass es ihm gelungen war, das Programm Diabolus zu entwickeln? Natürlich... der TRANSLTR. Der Großrechner hing seit über zwanzig Stunden in einer endlosen Programmschleife fest. Aber wie Susan sehr wohl wusste, gab es auch ganz andere Programme, die

das bewirken konnten, viel einfachere Programme obendrein. Viren.

Es lief ihr kalt den Rücken hinunter. Aber wie sollte ein Virus in den TRANSLTR gelangt sein?

Phil Charturkian lieferte ihr die Antwort. Sie glaubte, seine Stimme aus dem Jenseits zu hören. Strathmore hat die Gauntlet-Filter

umgangen!

Als Susan die ganze Wahrheit begriff, schwanden ihr fast die Sinne: Strathmore hatte Tankados Datei mit Diabolus aus dem Internet heruntergeladen und versucht, sie zum Dechiffrieren in den TRANSLTR einzugeben. Aber die Gauntlet-Filter hatten die Datei wegen der darin enthaltenen Mutationsketten zurückgewiesen. Normalerweise hätte Strathmore sich das eine Warnung sein lassen, aber er hatte ja in Tankados E-Mails gelesen, dass die Mutationsketten in das Programm eingebunden waren – womit für ihn nichts mehr dagegen sprach, die Gauntlet-Filter zu umgehen und die Datei direkt

in den TRANSLTR zu laden.

Susan hatte es die Sprache verschlagen. »Es gibt überhaupt kein Diabolus!«, keuchte sie heiser in das Geplärr des Alarms. Sie lehnte sich schwer gegen ihren Terminal. Tankado hatte mit Strathmore ein

teuflisches Spiel getrieben ... und Strathmore war ihm mit fliegenden

Fahnen in die Falle gegangen.

Ein langer gequälter Aufschrei drang zu ihr herein. Er kam von Strathmore.

KAPITEL 86

Als Susan atemlos in Strathmores Büro gelaufen kam, saß der Commander tief gebeugt an seinem Schreibtisch. Im Licht des Monitors glitzerten Schweißperlen auf seinem herunterhängenden

Kopf. Unten dröhnten immer noch die Alarmhörner. Susan rannte zum Schreibtisch. »Commander?«

Strathmore rührte sich nicht.

»Commander! Wir müssen unbedingt den TRANSLTR abschalten! Wir haben einen ...«

»Ich bin ihm wie ein Schaf ins offene Messer gelaufen!«, sagte Strathmore tonlos, ohne aufzusehen. »Tankado hat uns gnadenlos an

der Nase herumgeführt ...«

Strathmore war anzusehen, dass er alles begriffen hatte. Tankados Behauptungen von dem nicht dechiffrierbaren Algorithmus, die Auktion des Keys im Internet – alles nur Theater, alles nur Spiegelfechterei. Tankado hatte die NSA angestiftet, in seinen E­Mails herumzuschnüffeln, hatte ihr den Bären von seinem Partner aufgebunden und sie mit List und Tücke dazu gebracht, ihren Großrechner mit seinem verseuchten Lockvogel aus dem Internet zu

füttern.

»Die Mutationsketten ...« Strathmore verstummte.

»Ich weiß«, sagte Susan.

Der Commander hob in Zeitlupe den Kopf. »Die Datei, die ich aus dem Internet heruntergeladen habe... es war ein...«

Susan versuchte, ruhig zu bleiben. Mit einem Mal sah alles ganz anders aus. Es hatte nie einen unangreifbaren Algorithmus gegeben, nie ein Verschlüsselungsprogramm namens Diabolus. Die von Tankado ins Internet gestellte Datei war ein verschlüsselter Virus, wahrscheinlich codiert mit einem handelsüblichen allgemein verkäuflichen Verschlüsselungsprogramm, das zwar genügend Sicherheit bot, um das normale Publikum außen vor zu halten – nicht aber die NSA. Ihr TRANSLTR hatte den schützenden Panzer

geknackt und den Virus freigesetzt.

»Die Mutationsketten!«, krächzte Strathmore. »Tankado hat gesagt, sie wären ein Teil des Algorithmus ...« Strathmore sank wieder auf seine Schreibtischplatte.

Susan konnte den Gemütszustand des Commanders gut verstehen. Er war dem Täuschungsmanöver von A bis Z aufgesessen. Bei jedem Schachzug, den Strathmore zu machen glaubte, hatte in Wirklichkeit Tankado hinter den Kulissen die Fäden gezogen. Es gab überhaupt keinen Algorithmus, kein Verschlüsselungsprogramm, das Tankado je hätte verkaufen können. Diabolus war eine Farce, ein Potemkin'sches

Dorf, ein für die NSA maßgeschneiderter Köder.

Strathmore stöhnte auf. »Und ich Idiot habe die Gauntlet-Filter umgangen.«

»Das konnten Sie nicht wissen.«

»Ich hätte es aber wissen müssen!« Strathmore hieb mit der Faust auf den Tisch. »Tankados Tarnname, verdammt nochmal!

NDAKOTA! Schauen Sie doch mal genau hin!«

»Was meinen Sie?«

»Er macht sich über uns auch noch lustig! Das ist nichts weiter als

ein Anagramm!«

Ein Anagramm? Susan begann, die Buchstaben im Kopf zu

vertauschen: Ndakota ... Kadotan ... Oktadan ... Danokta ... Tankado! Ihre Knie drohten nachzugeben. Strathmore hatte Recht. Es lag offen zu Tage! Wie hatten sie das nur übersehen können? North Dakota hatte mit dem Bundesstaat der USA überhaupt nichts zu tun – Tankado hatte ihnen mit dem Decknamen auf süffisante Weise Salz in die Wunden gestreut. Ja, er hatte der NSA sogar eine Chance gelassen, ihr einen Wink mit dem Zaunpfahl gegeben, dass er selbst NDAKOTA war! Die besten Codeknacker der Welt hatten es nicht gemerkt, dass die Buchstaben mühelos das Wort TANKADO ergaben,

waren achtlos in die Falle geraten – genau, wie er es geplant hatte!

»Ich bin Tankado sehenden Auges auf den Leim gekrochen!«, stöhnte Strathmore.

»Sie müssen jetzt den TRANSLTR abschalten«, sagte Susan mit Nachdruck.

Strathmore starrte teilnahmslos gegen die Wand.

»Commander, schalten Sie ab! Sie müssen abschalten! Gott allein weiß, was da unten vor sich geht!«

»Ich habe es versucht«, flüsterte Strathmore. Susan hatte ihn noch nie so verzagt erlebt.