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Da umstanden sie die drei Helden und hörten, wie sie sagte:»Kommt mir… nur nicht zu nah. Ich weiß nicht… und ihr wißt nicht… ob die Perrhobakter und… Femtowaffen… der Keramikaner, die meine Verbindung… zu den Pherinfonen zerstört haben… nicht auch auf euch über…springen können.«

Hecate riet richtig, daß Britt damit von ihrem unerfüllbaren Verlangen redete, mit bestimmten abwesenden Gente zu sprechen, und fragte mit leiser Stimme:»Möchtest du… daß wir jemandem etwas… ausrichten?«

Die Wölfin hustete, spuckte Blut und Schleim, ihre Augen waren currygelb. Dann sagte sie:»Steht… die Verbindung? Zeigt ihr es, filmt… ihr mich?«

«Wir senden nicht. Nicht jetzt«, sagte Hecate.»Aber was wir sehen und hören, wird aufgezeichnet, und später… wird Anubis, der… unsere Pherinfonpräsenz in den drei Städten ediert, das Material sichten, vorbearbeiten und weiterleiten.«

«Ich hatte… ich habe einen Bruder«, sagte Britt.

«Er hat… er fand den Weg nicht richtig, den wir wählten. Die Wölfe. «Die drei Helden wußten, wovon sie sprach: Die meisten Wölfe hatten nach dem Abschluß der Befreiung, ähnlich wie einige Affengruppen, beim Löwen darum gebeten, sich zwar an der Ökotektur, nicht aber an den großen Siedlungsprojekten der Gente zu Lande und im Meer zu beteiligen. Sie wollten, erklärten ihre Alphatiere, Formen des nachindustriellen Lebens ausprobieren, in lokal überschaubaren Rudeln, am Rande der dicht bevölkerten Stadtzonen.

Es gab Wölfe, die zu den Polyarchen zählten, andere etablierten ständische oder noch exotischere Ordnungen, darunter die sogenannte» Jagddemokratie«, die auf gewissen synergetischen Theorien beruhte, welche die Wolfsgemeinwesen mit südpazifischen Haigesellschaften teilten. Außerhalb der beiden Gruppen war diese Lebensweise nie von jemandem angenommen worden.

«Er… meinte«, fuhr die Sterbende fort und weinte lächelnd,»wir würden eine… Kinderwelt erschaffen, eine uninteressante… wie hat er gesagt? Ich erinnere… mich… nicht…«

«Schht!«machte Anubis ziemlich hilflos,»streng dich nur nicht an. Es wird dir noch…«

Huan-Ti schaute so streng zum Frettchen, daß es verstummte.

Die Wölfin keuchte, röchelte und setzte dann neu an:»Ge… schichtslos. Geschichtslos, hat er gesagt. Ein trübes Volk. Selbst… selbst wenn wir recht hätten, fand Stepans Sohn… wäre das ein… Recht ohne Wert, ein… ein Urkommunismus für… Anspruchslose. Er wollte… sagte er… es nicht besser machen als die Menschen… ohne… es auch… besser zu wissen… ich glaube…«, sie spuckte Blutspray, Anubis wandte sein Gesicht ab.»Ich glaube nicht, daß er… da richtig… lag… und man das… trennen darf…«

Der Tiger stimmte zu, in sanftem Baßton:»Es ist viel schlimmer, wenn man's besser weiß, ohne es besser zu machen.«

Die Wölfin nickte, japste.»Ja, aber das… das wollte… ich gar nicht sagen. Es ist… nur… daß ich… seit ich die Keramikaner… gesehen habe… weiß… weiß ich… was er meinte… als er… sagte: Ein blindes Rudel… eine… blinde Rotte… es reicht mir… nicht… ein Teil davon… zu sein…«

«Aber die Wölfe sind keins. Nicht blind. Sie bieten ihren Leuten einfach eine Alternative zum Weg des Löwen«, sagte Hecate,»loyale Opposition.«

«Die Wölfe…«, sagte Britt,»sind keins… wir… sind… keins… aber… die Keramikaner… sagt ihm… er hatte recht… den… rohen… Urkommunismus… zu fürchten… und die Anspruchslosen…«

Hecate wollte der Wölfin das Versprechen geben, diese Worte auszurichten, den Bruder zu suchen, und setzte schon zum Reden an, da rang sich Britt mit letzter Kraft die Worte ab:»Sagt… ihm auch… daß wir ihn… nicht vergessen haben… und… ihn lieben und… und daß wir immer der… Meinung waren, daß nicht nur wir… das Recht hatten, unsere Freiheit… gegen… den Löwen zu behaupten… sondern auch… auch er das… das Recht hatte, sein… seine… gegen uns… seine Freiheit… gegen… unsere Freiheit…«

Wenige Atemzüge später schwieg die Wölfin.

Sie hatte zweihundertneunzig Jahre lang frei gelebt.

4. Abwerbung

Im Ballsaal hingen Lüster, im Empfangssaal brannte ein Kamin mit Flammen aus Eis darin; auf dem Zwischendeck standen gefrorene Skulpturen von Gente in allen Körperhaltungen. Es gab Wölfe, Löwen, Vögel… Dmitri Stepanowitsch brauchte Wochen, bis er das meiste gesehen und fürs erste genug hatte.

Kapitän Patel hielt sich meist abseits der täglichen Fahrtgeschäfte in ihrem weitläufigen Quartier auf.

Dort machte Opernmusik die Eiszapfen klirren;»ich komponiere selbst und lasse dann Maschinen spielen, was ich gedichtet habe«, verriet sie ihm beim Essen.

Die Pinguine waren immer emsig, hatten eigentlich nicht einmal Zeit, auf Dmitris seltene Fragen (»Die Metallrohre im Eis, durch die das heiße Zeug fließt, tauen die auch wirklich nichts von der Hülle weg?… Und das Temperaturgleichgewicht muß nicht künstlich gehalten werden?«) zu antworten.

Manchmal belauschte er sie, vor der Kombüse oder auf dem Korridor, wie sie in alten Dialekten aus der Zeit der Langeweile esoterische Fragen der Gentepolitik erörterten (früher, meinte er sich an Erzählungen im Rudel zu erinnern, hatten Matrosen geflucht und gesungen, nicht biophilosophiert):»Katahomenleandraleal, like the Lion, relies upon comparison and extrapolation from artificial to natural. The Lion moves from artifical to neonatural selection, Katahomenleandraleal from human to ceramical machines.«»Yeah, but you see, both rely on the central argument that a common mechanism works much more powerfully in nature.«»But wasn't the whole point of the liberation to end all forms of naturalization of social relations?«»Points like that, my friend, tend to get lost in the shuffle of any revolution.«

Der Wolf fühlte sich an das Gedibber der Kätzchen im Reich der Comtesse erinnert: Anagramme, und um Inhalt ging es gar nicht; entsprechend nahm er an, das, was hier beredet würde, sei vermutlich nur zu verstehen, wenn man die formalen, die sprachlichen und logischen Muster kannte, denen diese Gespräche folgten.

Nach drei Wochen gleichförmiger Reise bat die Eisbärin den Diplomaten per Pherinfonsignal in den großen Heizraum im Bug des Schiffes.

«Mich fragt ja keiner«, sagte sie vergrummelt, als sie das Schott aufdrehte und er neugierig, aber abwartend beobachtete, wie kristalline kleine Frostspitzen an ihren Zotteln gegeneinanderstießen.

«Ich, weißt du, bin keineswegs der Meinung, daß du bereit bist.«

«Wofür?«fragte der Wolf und folgte der Eisbärin in die Gluthitze.

Sie schüttelte sich. Die Spitzen fielen aus dem Pelz wie kleine Pfeile, auf den Boden. Schmolzen. Bildeten, zusammenlaufend, eine kleine Pfütze.

«Wofür?«wiederholte der Wolf, und Rolfa Patel erwiderte:»Riech an der Pfütze. Schau rein. Spiegle dich.«

Der Wolf wollte die Frage mit mehr Emphase wiederholen, sah aber an der krausgezognen Stirn der Bärin, daß das keinen Sinn hatte. Also tat er, wie sie ihn geheißen hatte.

Das Gesicht im Wasser war nicht seins, sondern das eines Fuchses.

«Angenehm, lieber Löwenbote.«

Der Wolf wußte nicht, wie er reagieren sollte, also deutete er vorsichtig eine Verbeugung an. Ryuneke lächelte.

«Oh, ich bin keineswegs der Meinung meiner verehrten Freundin«, die schlauen Äuglein blickten Richtung Rolfa Patel,»daß du, nur weil du so lange Löwenbote, na, Löwendiener warst, für das hier nicht bereit bist. Ich bin vielmehr der Meinung, daß es höchste Zeit ist. Wenn wir dich jetzt nicht auf unsere Seite ziehen, bist du für die Sache verloren.«

Die Sache. Unsere Seite. Dmitri hatte das Gefühl, ein schwerer Vorhang werde vor seinen Augen beiseite gezogen. Er mußte ans Geschnatter der Crew denken: Es hängt zusammen, alle sind eingeweiht, nur ich bin's noch nicht. Er leckte sich über die Lippen und sagte:»Was für eine Seite… und was für eine… Sache?«