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Rauch, der durch das schornsteinartige Loch in der Decke aufstieg. Vor seinen Augen verband sich der Rauch mit dem Markerrauch, bis beides nicht mehr auseinanderzuhalten war. Außerdem fiel ihm auf, dass die echten Flammen nun im gleichen Rhythmus züngelten wie das Markerfeuer.

Das ist wissenschaftlich unmöglich, dachte Jonas. Zwei Feuer, die zu unterschiedlichen Zeiten von verschiedenen Leuten angezündet wurden, können nicht identisch sein.

Aber genau das geschah, wenn die Zeit versuchte sich selbst zu heilen. Die Marker gewannen die Oberhand, wann immer sich die Chance dazu bot.

Es sei denn, ein Zeitreisender mischte sich ein.

»Der Mann, der Andrea angelogen hat«, sagte Jonas langsam. »Er steht zwar nicht hier und sagt uns, was wir zu tun haben. Aber er hat uns allen möglichen Situationen ausgesetzt, in denen wir eine Entscheidung treffen mussten. Und ich glaube, er manipuliert die Dinge so, dass wir immer die Entscheidungen treffen, die er im Sinn hat.«

»So wie er mich als Erstes dazu gebracht hat, den Definator zu verstellen«, sagte Andrea grollend.

»Genau«, sagte Jonas. »Deshalb glaube ich, dass wir aufhören müssen, das zu tun, was der Mann erwartet. Das, was wir normalerweise tun würden. Wir müssen genau das Gegenteil davon tun.«

Katherine warf ihm einen kurzen Blick zu.

»Du willst den Schiffbrüchigen also doch -«, hob sie an.

»Nein, nein«, fiel ihr Jonas hastig ins Wort, ehe Andrea wieder aus der Haut fahren konnte.

»Nichts, was so extrem ist. Ich finde wirklich nicht, dass der Mann uns sehen sollte. Aber er ist bewusstlos und hier drinnen ist es sowieso ziemlich duster, deshalb will ich mir darüber heute Abend keine Gedanken machen.«

»Dir geht es darum, ob wir den Mann wieder mit seinem Marker zusammenbringen sollen oder nicht«, sagte Katherine, die schnell geschaltet hatte.

»Genau«, sagte Jonas. »Ich hatte vorhin Gewissensbisse, als wir ihn weggezogen und auf die Art in die Zeit eingegriffen haben.«

»Und ich wollte vorschlagen, dass wir, wenn wir ihn wieder mit seinem Marker vereinen, vielleicht mehr erfahren«, sagte Andrea. »Jedenfalls über ihn. Auch wenn uns das bei meinem Zeitproblem nicht weiterhilft.«

»Das ist auch meine Meinung«, sagte Katherine. »Also würden wir normalerweise beschließen, den Mann wieder mit seinem Marker zusammenzuschieben.«

»Dann werden wir genau das nicht tun. Wir lassen sie getrennt«, entschied Jonas. Er zog den Mann noch ein Stück zur Seite und sah dann durch das Loch in der Decke in den dunklen Himmel hinauf. »Wie gefällt dir das, Mr Definatorcodefälscher? Wir locken dich aus der Deckung!«

»Aber was ist, wenn wir dadurch wirklich die Zeit ruinieren?«, fragte Andrea.

»Das werden wir nicht«, sagte Jonas und gab sich Mühe, zuversichtlich zu klingen. »Das versucht nämlich schon dein mysteriöser Unbekannter. Wir werden ihm klarmachen, dass er uns mit seinen Tricks nicht dazu bringen kann, mitzuspielen. Es ist wie beim Schachoder Strategospielen. Manchmal muss man mit umgekehrter Psychologie arbeiten.«

»Aber Jonas, du bist ein lausiger Schach- und Strate-gospieler!«, wandte Katherine ein.

»Nein, das bin ich nicht«, erwiderte Jonas. »Nicht mehr. Weißt du noch, dass ich vor ein paar Jahren ständig zu Billy Rivoli gegangen bin, um mit ihm Brettspiele zu spielen? Ich habe viel dazugelernt.«

Katherine runzelte die Stirn und zuckte dann die Achseln.

»Nicht dass ich eine bessere Idee hätte«, gab sie zu.

Auf der anderen Seite des Feuers legten sich die Markerjungen hin, um zu schlafen. Dare rollte sich zu Andreas Füßen zusammen, die herzergreifend gähnte.

»Einen Versuch wäre es wahrscheinlich wert«, meinte sie.

Überrascht, dass Katherine und Andrea keine weiteren Einwände machten, legte sich auch Jonas hin.

Wir können vor Müdigkeit nicht mehr klar denken, ging es ihm durch den Kopf. Aber es wird funktionieren. Hoffe ich jedenfalls.

In Wirklichkeit konnte er Stratego oder ähnlich geartete Spiele nicht leiden. Für seinen Geschmack erforderten sie viel zu viel Taktik und Planung und man musste die Absichten des Gegners zehn Züge im Voraus erahnen.

Wie hieß das superkomplizierte Spiel noch mal, zu dem Billy mich immer überreden wollte?, grübelte er. Das, bei dem man nicht nur einen Gegner hat, sondern bis zu fünf oder sechs, die alle gewinnen wollen?

Er war gerade im Begriff einzuschlafen, als ihm der Name des Spiels wieder einfieclass="underline" Risiko.

Stunden später wurde er in der Dunkelheit von Schreien geweckt.

»Haltet ein! Haltet ein mit dem Kampf!«

Achtzehn

Jonas sprang mit pochendem Herzen auf. Panisch sah er sich nach allen Seiten um. Das Feuer hatte kaum noch Glut, doch die Marker warfen einen schwachen Lichtschein in die Dunkelheit und auf die schiefen Wände der Hütte.

Hütte . wir sind immer noch in der Hütte . Ich sehe nirgendwo einen Kampf.

Der Mann, den sie vor dem Ertrinken gerettet hatten, wälzte sich auf dem Boden. Eine nicht enden wollende Qual schien ihn gepackt zu haben.

»Das sind die falschen Wilden!«, schrie er. »Sie haben George Howe nicht getötet! Es sind Manteos Leute! Oh, Herr, vergib uns, vergib uns das Blut an unseren Händen!«

Dare winselte bei dem lauten Geschrei. Jonas sah, dass Andrea und Katherine ebenfalls aufgewacht waren.

Andrea setzte sich auf und strich dem Mann über die Schulter.

»Sch«, sprach sie beruhigend auf ihn ein. »Alles in Ordnung. Es ist nur ein Traum.«

»Hör auf mit ihm zu reden, Andrea«, zischte Jonas, der im Schatten und außer Sicht zu bleiben versuchte. »Er wird dich sehen!«

»Keine Sorge, er redet nur wieder im Schlaf«, erwiderte Andrea flüsternd. »Er hat nicht mal die Augen offen.«

Jonas überlegte, ob er trotzdem vorkommen und sie fortziehen sollte. Für alle Fälle. Doch das schien ihm noch auffälliger zu sein.

In diesem Moment begann der Mann zu schluchzen.

»Oh, Eleanor, ein Unstern stand von Beginn an über uns«, klagte er. »Was Fernandez getan hat . und die Feindseligkeit, die Lane verursacht hat . ein ganzes Dorf wegen eines silbernen Abendmahlbechers zu zerstören . Wie soll ich dich jetzt verlassen? Mit dem winzigen Kinde .in dieser Wildnis ... ständig bedroht von meinen Feinden .«

Selbst im Dämmerlicht sah Jonas, wie Andrea erstarrte. Einen Moment lang saß sie regungslos da, nur eine dunkle Silhouette. Dann streckte sie die Hand aus, legte die Finger um die Hand des Mannes und hielt sie ganz fest.

»O Vater«, flüsterte sie und ihre Stimme brach. Jonas sah, wie sie den Kopf senkte und schwer schlucken musste, um die Fassung wiederzuerlangen. Kurz darauf hob sie den Kopf und sprach weiter. »Du bist der Einzige, der gehen kann. Du musst mit Sir Raleigh reden. Er wird dich anhören. Nur du kannst uns retten.«

Sir Raleigh?, wunderte sich Jonas. Wovon redet sie da?

Der Mann schien es zu wissen.

»Und wenn Sir Raleigh der Ansicht ist, ich hätte mei-ne Pflicht versäumt?«, stöhnte der Mann. »Ach, 's ist ein schwerer Entschluss. Gehen oder bleiben . was ich auch tue, scheint mir Unglück heraufzubeschwören. Wenn dir ein Leid geschieht -«

»Ist es nicht deine Schuld«, sagte Andrea bestimmt.

»Aber ich war es, der dich hierhergebracht hat! Mein eigenes Kind! Und ich werde nicht hier sein, um dich zu beschützen!«

Der Mann schien mehr und mehr außer sich zu geraten. Auf der anderen Seite der Hütte regten sich nun die Markerjungen. Einer der beiden stützte sich auf den Ellenbogen und sah zu dem Mann hinüber. Dann sprach er ihn an.

Natürlich konnte Jonas nichts verstehen, doch er hatte das Gefühl, an der Miene des Jungen, der abgehackten Art, wie er den Mund auf- und zumachte, erkennen zu können, um was es ging. Er musste etwas Ähnliches gesagt haben wie Ihr da. Schlaft jetzt. Kein Geschrei mehr.