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Jonas war in einer solchen Krypta gewesen. Im fünfzehnten Jahrhundert, auf seiner letzten Reise durch die Zeit. Und dieser Dorftempel erschien ihm nicht unheimlicher als diese.

Sie verließen den Tempel und Jonas, Katherine und Andrea liefen voraus, um Antonio und Brendan nicht davon abzuhalten, mit ihren Markern zusammenzubleiben. Die beiden Jungen führten John Whites Marker auf ein offenes Feld.

»Das hier ist die Begräbnisstätte für die anderen Toten«, sagte Antonio und sprach durch seinen Marker.

John White sagte etwas, das Brendan übersetzte: »Er fragt: >Viele, viele Generationen?<«

»Nein«, erklärte ihm Antonio. »Viele starben auf einmal.«

Der Kummer, der sein Gesicht überschattete, verriet Jonas, dass John White verstand.

»Aber einige haben überlebt«, sagte Antonio. »Sie haben überlebt und ihre Toten begraben, ehe sie fortgingen.«

Wieder sagte John Whites Marker etwas und Jonas konnte sich auch ohne Brendans Übersetzung denken, was es war: »Wohin sind sie gegangen?«

Antonio zuckte die Achseln.

»Das wissen wir nicht«, sagte er sanft. »Niemand weiß es. Bis jetzt wussten wir nicht einmal, dass jemand überlebt hat.«

John Whites Marker wandte sich ab. Seine Miene war traurig und nachdenklich, aber nicht hoffnungslos. Er sprach.

»Er sagt: >Meine Suche geht weiter. Ich wusste, dass es nicht leicht wird<«, flüsterte Brendan.

Andrea gab einen kleinen Laut von sich. Sie hatte Tränen in den Augen, aber sie nickte.

Auch sie hatte immer noch Hoffnung.

Während sich die anderen wieder dem Dorf zuwandten, wanderte Jonas ein wenig weiter auf das Feld hinaus.

Auch nicht anders als ein Friedhof, dachte er. Nur ohne gruselige Grabsteine mit Namen und so. Vielleicht war es den Indianern nicht so wichtig, wie man sich an sie erinnert?

Die Sonne schien Jonas auf den Kopf; hohes Gras wogte im heißen Sommerwind. Ohne die menschlichen Skeletthaufen, mit denen Jonas gerechnet hatte, war dieser Teil der Insel Croatoan überhaupt nicht schrecklich. Er war ... friedlich. Jonas wusste, dass der Tod hier zugeschlagen hatte - viele, viele Male -, doch das war lange her. Die Leichen, die an diesem Ort begraben lagen, ruhten schon seit Jahren friedlich in der Erde.

Oder etwa nicht?

Ein Grabhügel am Ende des Feldes fiel Jonas ins Auge. Der Boden enthielt hier mehr Sand als Erde, und wer immer diesen Hügel aufgeworfen hatte, hatte ihn ordentlich festklopfen müssen, damit er nicht abrutschte.

Jonas dachte an Sandburgen am Strand und dass diejenigen, die man am Anfang der Ferien baute, gegen Ende der Woche bereits wieder zerfielen. Konnte ein Grabhügel aus Sand, der schon vor Jahren errichtet worden war, immer noch so kompakt aussehen?

Nein, kann er nicht, dachte Jonas. Er starrte auf den Hügel vor sich und versuchte aus den Sandkörnern zu lesen. Sie waren wirklich fest zusammengepackt. Nichts war zerfallen.

Bedeutete das nicht, dass zumindest dieses Grab . frisch war?

Sechsunddreißig

Jonas wirbelte herum und rannte zu den anderen zurück.

»He, Leute!«, sagte er. »Das müsst ihr euch ansehen!«

Er beschloss ihnen nicht zu sagen, was er herausgefunden hatte; er würde warten, welche Schlüsse sie zogen, sobald sie es gesehen hatten.

»Psst«, zischte Katherine. »Antonio und Brendan, also ihre Marker, sind am Überlegen, wie wir von der Insel kommen, ohne dass John White die Tierknochen sieht.«

»Wir sollten verhüten, dass er um das Böse weiß, das hier geherrscht hat«, sagte Antonio so, wie sein Marker es tun würde. »Es ist nicht so schlimm, wie wir erwartet haben, und er glaubt immer noch daran, dass er seine Familie wiederfindet, und er ist solch ein alter Mann .«

»Aber er ist ein Geistermann«, erwiderte Brendan mit seiner Markerstimme. »Geistermänner wissen nicht, dass es böse ist, unsere Brüder, die Tiere, nach dem Tod so zu behandeln. Es hat für ihn keine Bedeutung.«

Jonas hörte kaum hin, weil er nur an das frische Grab denken konnte. Wer lag darin? Wer hatte es angelegt? Brendan und Antonio hatten erzählt, dass sich die Indianer fürchteten, nach Croatoan zu kommen, also war es vermutlich niemand von ihnen gewesen. Und Andrea hatte gesagt, dass die Engländer nie auf Croatoan nach den Kolonisten von Roanoke gesucht hatten.

Jedenfalls nicht, soweit es in den Geschichtsbüchern festgehalten wurde, verbesserte sich Jonas. John White ist aber hier. Und für diese Abweichung können wir nicht einmal Zwei verantwortlich machen, weil sein Marker auch hier ist.

Zwei! Was war, wenn er jemanden getötet und auf Croatoan begraben hatte?

Jonas wurde ein wenig schwummrig, was nicht nur an der Hitze lag.

»Vielleicht ist es für den alten Mann beunruhigender, wenn wir ihm die Augen verbinden, als die entweihten Tierknochen zu sehen«, überlegte Antonio. »Fahren wir einfach weg und lassen diesen Ort hinter uns.«

»Nein, wartet!«, rief Jonas. »Es gibt etwas, das ich euch zeigen muss, ehe wir abfahren!«

Katherine, Andrea und selbst der Hund drehten sich zu ihm um. Antonio und Brendan dagegen blieben fest mit ihren Markern verbunden.

Plötzlich erstarrten sie. Sie rissen die Köpfe herum und sahen sich mit angsterstarrten Gesichtern um.

»Wir brechen sofort auf«, sagte Antonio knapp und Brendans Marker nickte.

Dann zog sich Brendan aus seinem Marker zurück, um die anderen zu informieren: »Es war ganz seltsam! Mein Marker glaubt, dass er einen Geist gehört hat, aber ich habe gar nichts gehört.«

War das etwas, das sich in der ursprünglichen Zeit ab-gespielt hat, aber nicht jetzt?, fragte sich Jonas. Weil es durch Zeitreisende verändert wurde? Oder haben wir das getan? Oder . Zwei?

Jonas blieb keine Zeit, in Erfahrung zu bringen, was die anderen zu diesen Theorien sagten - oder ihnen das Grab zu zeigen. Brendan und Antonio zogen John Whites Marker aus einer leeren Hütte.

»Wir gehen«, sagte Antonio, dessen Marker wieder in die einfache Sprache verfiel, die er John White gegenüber verwendete. »Müssenfort. Gefährlich.«

Verwirrt nickte John Whites Marker und machte einen Schritt vorwärts. Doch Antonio und Brendan trieben ihn zu sehr zur Eile an.

»Wartet... bevor ... ihr solltet...«, Jonas wusste nicht recht, was er den anderen sagen sollte.

Antonio, Brendan und John Whites Marker erreichten bereits den Rand des Dorfes. John White erblickte die ersten Knochenhaufen. Mit ungläubigem Entsetzen im Gesicht wandte er sich Antonio zu.

»Er versteht genau, was das bedeutet«, flüsterte Andrea. »Aber sie haben es so eilig, dass sie es gar nicht mitbekommen. Brendan! Antonio! Passt auf!«

Die beiden Jungen stockten und drehten sich um, doch ihre Marker marschierten stur geradeaus und schoben John Whites Marker vorwärts.

Dieser stolperte, wankte - und fiel wie ein Stein zu Boden.

Siebenunddreißig

Antonio und Brendan glitten augenblicklich in ihre Marker, um sich über den Gestürzten zu beugen.

»Alter Mann! Alter Mann!«, rief Antonio und schüttelte John White sachte an der Schulter. »Wach auf!«

»Ist er ohnmächtig geworden?«, fragte Andrea und kauerte sich neben die beiden Jungen.

»Ich glaube. Und dann .« Brendan brach ab, weil Antonios Marker John Whites Kopf hin und her drehte und den Mann dann ein wenig zur Seite schob, sodass an der Stelle, an der eben noch sein Kopf gelegen hatte, die Spitze eines Steins zum Vorschein kam.

»Er hat sich den Kopf angeschlagen!«, rief Katherine.

Andrea streckte die Hand aus, als hätte sie vergessen, dass sie den Marker gar nicht berühren konnte. Stattdessen zeigte sie auf eine klaffende Wunde unterhalb seines Haaransatzes.

»Es ist dieselbe Stelle«, hauchte sie mit einer Mischung aus Angst und Verwunderung in der Stimme. »Genau die Stelle hat sich der echte Mann angeschlagen, als er fast ertrunken wäre. Sie blutet nur nicht.«