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»Los, macht euch fertig.« Brendan löste sich von seinem Marker, um die anderen anzusprechen. Dann ver-schmolz er wieder mit ihm und sagte zu Antonio: »Ich wusste, dass es hier immer noch böse Geister gibt. Spute dich!«

Antonio klaubte John Whites Marker vom Boden und rannte förmlich mit ihm zum Kanu zurück. Brendan blieb dicht hinter ihm. Er löste sich von seinem Marker, um den anderen über die Schulter zuzurufen: »Unsere Marker werden nicht lange fackeln, um von hier zu verschwinden. Steigt, so schnell ihr könnt, ins Kanu!«

Jonas stürmte mit Katherine, Andrea und Dare zwischen den Knochen hindurch.

Wir müssen später wiederkommen, um uns das Grab anzusehen, dachte er. Ich kann ihnen jetzt unmöglich davon erzählen!

Antonio erreichte das Kanu und bettete John Whites Marker vorsichtig hinein, direkt auf den echten Mann. Dieser rollte sich zur Seite und fügte sich in seinen Marker ein, sodass sie sich komplett verbanden. Als John White den Kopf abwandte, sah Jonas, dass Andrea recht gehabt hatte in Bezug auf die verletzte Stelle: Die echte und die Markerwunde stimmten genau überein.

Trotzdem muss die Verletzung des Markers nicht genauso schlimm sein, dachte Jonas. Schließlich gleicht sie der echten Wunde, die schon zwei Tage Zeit hatte zu heilen.

Sollte er das Andrea sofort erzählen oder lieber warten, bis sie draußen auf dem Wasser waren?

In diesem Moment langte Dare beim Kanu an. Doch er sprang nicht wie sonst hinein. Stattdessen blieb er stehen, drehte sich abrupt um und sah zum Wald jen-seits des Dorfes. Er stellte die Ohren auf und schien irgendetwas anzustarren. Dann raste er mit wütendem Gebell auf den Wald zu.

»Nein, Dare!«, rief Andrea und versuchte ihn festzuhalten. »Wir müssen los!«

Dare glitt ihr durch die Hände.

»Ich hole ihn!«, rief Jonas.

Er flitzte dem Hund hinterher, konnte ihn aber nicht ganz einholen. Diesmal versuchte Jonas erst gar nicht, die Tierskelette zu umlaufen. Schädel knackten unter seinen Füßen und bei fast jedem Schritt zertrat er spröde kleine Knochen.

Ich wette, ich hinterlasse jede Menge Marker, dachte er.

Doch das war im Moment kaum seine größte Sorge.

Ein verschwommener Gedanke huschte ihm durch den Kopf: Marker . Marker . waren da irgendwelche Spuren von Markerleuchten neben dem frischen Grab beim Tempel? Das hätte mir vielleicht sagen können, ob Zwei derjenige war, der es gegraben hat.

Allerdings hatte Jonas nicht daran gedacht, sich an der Begräbnisstätte nach Anzeichen von Markerleuchten umzusehen. Er hatte auch jetzt keine Zeit, darüber nachzudenken. Er hechtete Dare hinterher, doch der Hund flitzte, immer noch bellend, davon.

»Nein, Dare!«, rief Jonas. »Komm zurück!«

Dann waren sie am Waldrand und Dares Bellen wurde noch wilder. Der Hund stürzte sich ins Unterholz und Jonas folgte ihm, wich Bäumen aus und duckte sich unter Ästen hindurch.

»Jonas!«, rief Katherine vom Kanu. »Beeil dich!«

»Gleich hab -«, schrie Jonas. Er beschloss sich den Rest zu schenken und sich lieber auf den Hund zu werfen. Seine Finger glitten über Dares Fell, dann packte er das Halsband. Da! Er hatte ihn.

Dare winselte und versuchte sich loszureißen. Dann bellte er wieder los und starrte geradeaus, als wollte er sagen: Da schau! Das musst du dir ansehen!

»Was ist denn? Da ist doch nichts«, sagte Jonas aufgebracht. Er winkte mit seiner freien Hand und diese fuhr durch etwas Bleiches, Ätherisches.

Bleich. Ätherisch. Durchsichtig. Geisterhaft.

Leuchtend.

Ein Marker.

Immer noch das Halsband umklammernd, trat Jonas einen Schritt zurück. Der Hund fiepte.

»Ich seh's, ich seh's«, murmelte Jonas.

Der Marker war ein Indianermädchen in einem Kleid aus Rehleder. Sie trug zwei lange geflochtene Zöpfe. Und obwohl sie nur ein Marker war, konnte Jonas den hellen Ton ihrer Haut erkennen und das traurige Grau ihrer Augen.

Helle Haut. Graue Augen. Dies war nicht der Marker eines Indianermädchens.

Es war Andreas Marker.

Achtunddreißig

Das frische Grab, überlegte Jonas. Ist dieser Marker hier, weil Zwei Virginia Dare ermordet hat?

Dann wurde ihm klar, dass er vor lauter Aufregung die Markergesetze außer Acht gelassen hatte. Niemand konnte Virginia Dare ermordet haben - jedenfalls noch nicht. Denn Andrea war Virginia Dare. Und Andrea war am Leben, sie stand unten beim Kanu und rief in diesem Moment: »Jonas?«

Jonas gab keine Antwort.

Der Marker ist hier, weil Gary und Hodge Andrea/Virginia Dare aus der Geschichte entführt haben, hielt er sich vor Augen. Und weil Zwei dafür gesorgt hat, dass sie nicht an den richtigen Ort und in die richtige Zeit zurückgekehrt ist.

Das Markermädchen stand auf Zehenspitzen und spähte durch die Äste, geradewegs zum Kanu hinunter.

Sie sieht sie, dachte Jonas. Sie sieht Geht Voller Stolz und Der Vieles Überlebt. Ob sie auch ihren Großvater sehen kann?

Das Markermädchen formte mit dem Mund ein überraschtes Oh und sah auf ihre Füße hinab. Offensichtlich hatte sie mit den nackten Zehen einen Zweig zertreten oder ein anderes kleines Geräusch gemacht.

Unten beim Kanu rief Antonio mit seiner Markerstimme: »Da ist es wieder! Es klingt wie ein rastloser Geist! Fahren wir!«

Deshalb haben die Markerjungen Geräusche gehört, die Antonio und Brendan nicht hören konnten, überlegte Jonas. Es war das Markermädchen, das hier herumgestreift und durch den Wald gewandert ist.

»Jonas!«, rief Katherine hinter ihm. »Ich meine es ernst. Die Marker werden nicht auf dich warten! Hol Dare und komm!«

Aber Jonas wollte warten. Er wollte abwarten, bis Andreas Marker herauskam und aus dem Wald trat. Dann würde Brendans Marker sie sehen und Antonios ebenfalls und vielleicht war sogar John Whites Marker wach genug, um sie zu sehen.

Und was immer als Nächstes geschehen sollte - was auch immer im ursprünglichen Verlauf der Zeit geschehen war -, würde geschehen.

Doch Andreas Marker trat nicht vor, er schreckte zurück.

»Ist schon gut«, flüsterte Jonas. »Wir meinen es nicht böse.«

Aber natürlich konnte das Markermädchen ihn nicht hören. Sie zog sich weiter in den Wald zurück und glitt tiefer in die Schatten.

Sie hatte nicht die Absicht, sich zu zeigen und die anderen Marker zu begrüßen - Brendan, Antonio und ihren Großvater. Sie fürchtete sich vor ihnen. Sie versteckte sich.

»Was machst du da, Jonas?«, rief Katherine wieder. »Wenn du jetzt nicht kommst, musst du schwimmen!«

Was sollte er tun? Sie waren in die Vergangenheit gereist, um Andrea mit ihrem Marker wiederzuvereinen. Ein klares Ziel. Doch das war, bevor sie herausgefunden hatten, dass es Zwei gab und dass Andrea den Code im Definator verändert hatte. Bevor John White aufgetaucht war, Brendan und Antonio auf der Bildfläche erschienen und sie entdeckt hatten, dass Croatoan eine Insel des Todes war. Was bewirkten alle diese Veränderungen? Änderten sie etwas an der Notwendigkeit, dass Andrea sich mit ihrem Marker vereinen musste? Was würde geschehen, wenn dies die falsche Zeit und der falsche Ort dafür waren?

Und wie sollte Jonas das beurteilen?

»Augenblick noch«, rief Jonas Katherine zu, obwohl er wusste, dass nicht sie es war, die entschied, ob sie abfuhren oder blieben.

Wie viel kann ich entscheiden?, überlegte er. Wie viel soll ich überhaupt entscheiden, wo es doch Andreas Leben ist, nicht meins?

Er sah sich nach dem Kanu um. Katherine hatte ein wenig übertrieben. Noch waren sie nicht im Begriff abzulegen. Brendan band das Kanu gerade los. Ein bisschen Zeit blieb Jonas noch. Ein oder zwei Minuten.