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Es freute mich mehr denn je, daß ich Samos ein Schiff mit Proviant hatte nach Norden schicken lassen. Plötzlich aber befiel mich die Angst, daß das Schiff vielleicht nicht durchgekommen war. Ram hatte davon gesprochen, daß der Norden versperrt sei.

»Vertage deine Sorgen auf morgen«, sagte Ram. »Heute abend wollen wir uns mit Sklavinnen und Paga ablenken.«

Ich legte einen goldenen Tarn auf den Tisch. »Du bleibst hier«, sagte ich. »Ich muß leider fort. Hier stinkt etwas zum Himmel. Ich rechne mit dem Schlimmsten,«

»Ich verstehe nicht, was du meinst.«

»Leb wohl, mein Freund!« sagte ich. »Noch heute abend fliege ich mit dem Tarn nach Norden.«

»Ich begleite dich«, sagte er.

»Ich kann bei dieser Sache keinen Teilhaber brauchen«, sagte ich. »Der Flug wird gefahrvoll, meine Arbeit ist nicht minder gefährlich.« Ich dachte an Zarendargar, auch Halb-Ohr genannt, der am Ende der Welt auf mich wartete. Das Bild zeichnete sich immer deutlicher ab. Der Norden war abgeriegelt. Mehr denn je war ich davon überzeugt daß das Ende der Welt dort zu suchen war. »Nein, mein Freund«, fuhr ich fort. »Du kannst mich nicht begleiten.«

Gefolgt von Constance, schritt ich zur Tür. Sarpelius trat mir entgegen.

»Der Herr hat viele Fragen gestellt«, bemerkte er.

»Mach Platz!« sagte ich und drängte mich an ihm vorbei. Constance hastete hinter mir her. Draußen machte ich kehrt und musterte sie von oben bis unten. Sie hatte schlanke, wohlgeformte Beine und niedliche Brüste. Ein hübsches Ding in meinem Kragen. Vermutlich würde ich einen Silbertarsk für sie bekommen können.

Ich machte mich auf den Weg. Mein Ziel war ein Sklavenmarkt in der Nähe des Hafens. Bald mußte ich abfliegen.

Plötzlich hörte ich sie hinter mir aufschreien. Ich fuhr herum. »Laß die Klinge in der Scheide, Bursche!« sagte ein Mann.

Vier gespannte Armbrüste waren auf mich gerichtet. Finger hatten sich um die Auslöser gekrümmt.

Ich hob die Hände.

Zwei etwa zwei Zoll breite Leinenstreifen waren dem Mädchen um den Hals geschlungen worden. Sie stand zurückgeneigt da. Ihre Finger zerrten wirkungslos an den Bändern. Sie konnte kaum noch atmen. Der Mann hinter ihr hatte sich die Bänder um die Fäuste gewunden und verstärkte den Druck noch mehr. Mit entsetztem Blick gab sie sofort jede Gegenwehr auf.

»Dort zwischen die Häuser«, sagte der Mann, der Anführer der Gruppe.

Zornig trat ich zwischen die Gebäude und blieb im Zwielicht der Gasse stehen. Das Mädchen wurde rücksichtslos in die Dunkelheit gezerrt.

»Die Pfeile«, sagte der Mann und deutete auf die Armbrüste, »sind mit Kandfa eingestrichen. Die kleinste Wunde würde dir den Tod bringen.«

»Wie ich sehe, gehört ihr nicht der Kaste der Attentäter an«, bemerkte ich. »Für die Attentäter ist es eine Sache des Stolzes, auf vergifteten Stahl verzichten zu können.«

»Du bist fremd in Lydius«, stellte der Mann fest.

»Ich halte euch aber nicht für Magistratsbeamte, die meine Angelegenheiten durchleuchten dürfen«, gab ich zurück. »Wer seid ihr? Was wollt ihr?« Ich war zornig. Zu eingehend hatte ich mich mit den Rätseln des Nordens beschäftigt. Obwohl ich Krieger war, hatte ich mich nicht wachsam genug gezeigt. Ich war unvorsichtig gewesen.

»Ich glaube nicht, daß man ihn vermißt«, sagte einer der Männer höhnisch.

»Ihr seid keine gewöhnlichen Räuber«, stellte ich fest.

»Willkommen in Lydius«, bemerkte der Anführer und reichte mir einen Metallkelch, den er aus einem Verrhaut-Sack an seiner linken Hüfte gefüllt hatte.

»Warum schießt ihr nicht einfach?« wollte ich wissen.

»Trink!« sagte er.

»Paga«, sagte ich. Ich hatte das Getränk gerochen.

»Trink!« wiederholte er.

Achselzuckend warf ich den Kopf zurück und leerte den Kelch, der mir augenblicklich aus der Hand fiel.

Einer der Männer hatte die Armbrust abgesetzt, zog Constance eine Sklavenhaube über und fesselte sie an den Händen.

Ich sank in die Knie, dann seitlich aufs Pflaster. Ich versuchte mich aufzurichten, stürzte aber wieder hin,

»An der Wand wird er sich nützlich machen«, sagte ein Mann.

Die Stiefel der Männer ringsum verschwammen, wurden wieder klar und verschwammen erneut.

»Ja«, sagte ein anderer Mann.

Die Stimme schien aus weiter Ferne zu kommen. Mir wurde schwarz vor Augen. Ich spürte noch, wie man mir den Gürtel und Feldbeutel abnahm wie auch den Gurt mit Scheide und Schwert. Dann verlor ich das Bewußtsein.

8

Es scheint kein Ende zu nehmen«, sagte eine Männerstimme. Wir töten jeden Tag viele hundert, doch es kommen immer mehr.«

»Dann tötet ihr eben mehr«, sagte die Stimme einer Frau.

»Die Männer sind erschöpft«, sagte die Stimme.

»Verdoppelt die Honorare!«

»Es soll geschehen.«

»Die Mauer scheint eine Pasang östlich der Plattform nachzugeben«, meldete ein anderer Mann.

»Verstärkt sie!« befahl sie.

»Es gibt nicht mehr viel Holz.«

»Nehmt Steine!« sagte sie.

»Es soll geschehen«, sagte die Stimme des Mannes.

Ich lag auf einem rauhen Holzfußboden. Vorsichtig schüttelte ich den Kopf. Ich spürte die Unebenheit der Bohlen unter meinen Schultern. Mein Oberkörper war nackt. Ich trug eine weiße Fellhose, an der Hüfte zusammengebunden, und Fellstiefel. Die Hände waren mir auf dem Rücken gefesselt worden.

»Das ist der Neue?« fragte die Frauenstimme.

»Ja.«

»Weckt ihn!«

Ich wurde hochgezerrt und mit Speerschäften geschlagen. Ich schüttelte den Kopf und sah sie an. »Du bist Tarl Cabot«, stellte sie fest.

»Möglich«, sagte ich.

»Was Männer nicht geschafft haben, ist mir gelungen«, sagte sie. »Ich habe dich gefangengenommen.«

»Männer in Lydius haben das getan.«

»Die aber standen in meinen Diensten!« sagte sie. »Also habe ich dich gefangengenommen. Wir haben nach dir Ausschau gehalten. Man sagte uns, du bist vielleicht so dumm, dich in den Norden zu wagen.«

Ich schwieg.

»Du bist ein kräftiges, sinnenfrohes Tier!« sagte sie. »Bist du wirklich so gefährlich?«

Ich hielt es nicht für sinnvoll, ihr zu antworten.

»Deine Gefangennahme wird mir eine Beförderung einbringen.«

»Und bei wem?« fragte ich.

»Wesen, die nicht zu den Priesterkönigen gehören«, sagte sie. Sie trat an einen Tisch, auf dem meine Habseligkeiten lagen,

»Es war mir schon sehr bald klar, daß du kein einfacher Herumtreiber aus den Docks von Lydius bist.« Sie ließ goldene Tarnscheiben durch ihre Finger rinnen und zog die Klinge aus der Scheide. »Es wird behauptet, dies sei eine hervorragend geschmiedete Klinge, scharf, fein ausbalanciert, die Waffe eines: wahren Kriegers.«

»Mag sein.«

Sie wickelte die Skulptur aus dem Fell, den Kopf eines Untiers, aus bläulichem Stein gearbeitet. »Was ist denn das?« wollte sie wissen.

»Du weißt es nicht?«

»Der Kopf eines Tieres«, sagte sie.

»Du hast recht.«

Sie legte das Gebilde wieder in das Fell. Ich war davon überzeugt, daß sie die Bedeutung des Gegenstands nicht erkannt hatte. Die Kurii arbeiten wie die Priesterkönige oft durch andere Menschen und verbergen sich vor jenen, die ihnen dienen. So hatte Samos zum Beispiel keine Ahnung, wie Priesterkönige wirklich aussahen.

Ich musterte die junge Frau. Sie trug Hose und Jacke aus dem weißen Fell des Meeres-Sleen; die Jacke hatte eine Kapuze, die sie im Augenblick auf dem Rücken trug, besetzt mit Lart-Pelz, in dem menschlicher Atem nicht gefrieren kann. Die Stiefel bestanden ebenfalls aus Meeres-Sleen-Fell. Die Jacke wurde an der Taille von einem schmalen schwarzschimmernden Gürtel mit. goldener Schnalle zusammengehalten. An diesem Gürtel war die Scheide eines kleinen Dolches befestigt, dessen Griff mit rotgelben Wirbeln verziert war. Über der Schulter hing ein zweiter Gurt, an dem in Höhe ihrer rechten Hüfte eine Tasche sowie eine Sklavenpeitsche und vier zusammengerollte Streifen Lederschnur baumelten.