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»Wie bist du hierher geraten?«

»Ich fuhr auf dem Laurius flußaufwärts, um mich bei den Panthermädchen nach frischen Sklavinnen umzusehen. Dabei wurde ich auf dem Fluß von fünf Tarnkämpfern überfallen, die mich in Ketten legten. Das war natürlich von vornherein geplant; mein Helfer Sarpelius hatte alles arrangiert.«

»Deine Taverne wird dazu mißbraucht, Arbeiter für die Mauer zu kidnappen«, sagte Ram. Mehrere Männer brummten zornig vor sich hin.

»Gebt mir Sarpelius«, sagte Sarpedon, »dann sorge ich dafür, daß ihr für eure Unannehmlichkeiten auf das Angenehmste entschädigt werdet.«

»Admiral«, sagte ein Mann zu mir.

»Dich kenne ich ebenfalls«, sagte ich. »Du bist Tasdron, ein Kapitän im Lohne Samos’.«

»Das Schiff, das wir in den Norden steuern sollten, wurde in Brand geschossen und versenkt«, sagte er.

»Ich weiß.«

»Ich habe als Kapitän versagt.«

»Es ist schwierig, sich gegen einen Tarnangriff zu wehren, gegen das herabströmende brennende Öl, das die Segel trifft«, sagte ich.

»Sie haben immer wieder angegriffen.«

»Dein Schiff war kein Kampfschiff«, sagte ich.

»Wer hätte schon vermutet, daß es nördlich von Torvaldsland Tarnkämpfer gibt?« fragte Ram.

»Im Frühling und Sommer kommt es vor«, sagte Sarpedon.

»Du hast wenigstens deine Männer gerettet«, stellte ich fest. «Das war gut gehandelt.«

»Was für ein Schiff war das?« fragte Imnak.

»Ich habe ein Schiff in den Norden geschickt«, entgegnete ich, »mit Nahrung für die Bewohner des Polarbeckens. Ich hatte erfahren, daß die Herde von Tancred den Schnee des Axtgletschers noch nicht betreten hat.«

Imnak lächelte. »Wie viele Felle hättest du für diesen Proviant gefordert?«

»Es wäre mir nicht darum gegangen, Gewinn zu machen«, sagte ich.

Imnaks Gesicht umwölkte sich.

Die Bewohner des Nordens sind stolz, Ich hatte ihn nicht beleidigen wollen.

»Es sollte ein Geschenk sein«, sagte ich. Der Austausch von Geschenken mußte ihm bekannt sein.

»Ah!« sagte er. Unter Freunden wurden Geschenke gegeben; sie spielen in der Kultur der Polregion eine große Rolle. Zuweilen kommt es dazu, daß ein Jäger kein Fleisch für seine Familie hat und ein anderer Jäger ihn in sein Haus einlädt, oder ihn mit Fleisch besucht, um eine gemeinsame Mahlzeit einzunehmen. Diese freundliche Geste wird natürlich bei Gelegenheit erwidert.

Selbst die Abwicklung von Geschäften sieht im Norden zuweilen wie ein Geben und Nehmen von Geschenken aus, als wäre das direkte Kaufen und Verkaufen dazu geeignet, die empfindlichen und stolzen Jäger zu kränken. Ein Mann, der es wagt, dem dahin-huschenden Meeres-Sleen durch arktische Gewässer zu folgen, in einem schmalen Fahrzeug aus Tabukleder sitzend, nur mit schlichten Waffen und seinem Können ausgerüstet – ein solcher Mann läßt sich nicht gern als Händler ansprechen.

»Ich weiß, du bist klug und ich bin dumm«, sagte Imnak, »denn ich bin nur ein ungebildeter Bursche aus dem Polarbecken. Ich muß aber sagen, wenn wir im Sommer zur großen Jagd zusammenkommen, wenn die Herde eingetroffen ist: dann zählen wir mehrere hundert.«

»Oh«, sagte ich. Ich hatte mir nicht klargemacht, daß es so viele Jäger gab. Da hätte eine Schiffsladung den Hunger kaum stillen können, selbst wenn sie die Luftblockade der Kurii-Tarnkämpfer durchbrochen hätte.

»Außerdem befinden sich meine Leute im Binnenland«, fuhr Imnak fort, »und warten auf die Herde. Natürlich weiß ich, daß dir das bekannt war und daß du dir auch überlegt hast, wie du die Geschenke zu ihnen bringen solltest, so viele Tagesmärsche von der Küste entfernt.«

»Es ging nur um das eine Schiff«, sagte ich. »Und ich hatte mir nicht überlegt, wie schwierig es sein würde, den Proviant dorthin zu schaffen, wo er am dringendsten gebraucht wurde.«

»Habe ich mich verhört?« fragte Imnak. »Ich traue meinen Ohren nicht. Hat da wirklich ein weißer Mann zugegeben, einen Fehler gemacht zu haben?«

»Ich habe einen Fehler gemacht«, sagte ich. »Wer im Süden als kluger Mann gilt, mag im Norden ein Dummkopf sein.«

Dieses Eingeständnis raubte Imnak einen Augenblick lang die Sprache.

»Du bist klüger als ich«, setzte ich nach.

»Nein«, sagte er. »Du bist klüger als ich.«

»Vielleicht bin ich klüger im Süden«, sagte ich. »Auf jeden Fall hast du im Norden die größere Erfahrung.«

»Mag sein.«

»Und du bist ein großer Jäger.«

Er grinste. »Ja, ich habe dann und wann gejagt.«

»Aufstehen! Aufstehen!« rief ein Wächter und schlug mit dem Speer gegen die Holzstangen des Geheges. »Zeit für euren Frühstücksbrei! Dann geht es an die Arbeit.«

Zwei Wächter betraten das Gehege und weckten grob die Männer.

»Nehmt diesem Mann die Ketten ab!« sagte Ram und deutete auf mich. »Er ist gestern mit der Schlange ausgepeitscht worden.«

Es geschah nicht selten, daß die Striemen der Schlange tödliche Folgen hatten, waren sie doch mit Draht und Eisenstücken besetzt.

»Es ist befohlen worden, daß er heute arbeitet«, sagte der Wächter.

Ram sah mich erstaunt an. Ich war bereits aufgestanden. Meine hübsche Bewacherin hatte mir dieses Schicksal angedroht; ich sollte ein für allemal erkennen, wessen Gefangener ich war.

»Ich habe Hunger«, sagte ich.

Der Wächter trat einen Schritt von mir zurück. Dann ging er weiter und überprüfte die. Fußfesseln der anderen.

Wir wurden aus dem Gehege gedrängt. Auf dem Weg zum Küchenschuppen kamen wir an dem großen Holzpodest vorbei, auf dem der Rahmen für die Auspeitschungen stand. Vor dem Küchenschuppen mußten wir niederknien und erhielten Holzschalen. Dicker Brei wurde uns serviert, durchsetzt mit Brocken gekochten Tabukfleisches. Durch unsere Reihen gingen Distel und Fingerhut, das blonde Mädchen, das zur ersten Sklavin avanciert war und den Brei an die Männer austeilte.

Fingerhut schrie auf, als sie von einem der Männer an der Kette gepackt wurde. Sie schlug mit der Schöpfkelle auf ihn ein, konnte aber nicht verhindern, daß sie unter ihm zu Boden geworfen wurde. Doch sofort waren Wächter zur Stelle und brachten den Mann, der schon drauf und dran war, sie zu besteigen, mit Speerschäften zur Räson. »Sie ist für die Wächter!« sagten sie.

Entsetzt torkelte Fingerhut, deren Sklaventunika eingerissen war, einige Schritte zurück.

»Füll noch einmal nach!« sagte der Erste Wächter. »Sie müssen heute schwer arbeiten.«

Fingerhut und Distel begannen noch einmal rechts von mir am Ende der Reihe. Dabei versuchten sie den Männern nicht mehr zu nahe zu kommen. Sie kannten die Angst einer Sklavin unter Männern, die lange keine Frau mehr gehabt hatten.

Zu meiner Kette gehörten ungefähr vierzig Mann, An den gut siebzig Pasangs der Mauer waren mehrere solcher Ketten untergebracht, jeweils mit eigenen Gehegen und Unterkünften. So waren an der Mauer zwischen dreihundert und vierhundert Männer im Einsatz. Es war sicher kein Zufall, daß ich einer der mittleren Ketten zugeteilt worden war; zweifellos steckte meine hübsche Befehlshaberin dahinter. Sie war sehr stolz auf meine Gefangennahme, die sie ihrer eigenen Klugheit zuschrieb. Sie wollte mich in die sicherste Verwahrung stecken, die an der Mauer möglich war, in der Mitte, unweit ihres Hauptquartiers. Außerdem genoß sie es bestimmt, mich in Ketten zu beobachten.

Wir wurden an der hohen Plattform vorbeigeführt. Sie stand dort oben, flankiert von zwei Wächtern.

»Heute ist sie aber früh dran«, sagte einer der Männer.

In der Nähe der Plattform waren etliche Balken und schwere Steine aufgestapelt; offenbar war unsere Gruppe am vergangenen Nachmittag hier tätig gewesen. Daneben lagen in Felle gewickelte Werkzeuge.

»Hebt die Balken an!« befahl ein Wächter. »Nehmt die Steine auf!«

Gemeinsam mit Ram und Imnak und Kapitän Tasdron nahm ich einen der Balken auf die Schulter.

Die hübsche Kommandantin unserer Pein blickte auf uns herab. Ihr Gesicht war vor Freude gerötet.

»Sie trägt Männerfelle«, bemerkte Imnak.