Выбрать главу

»Es war aber kein Eis-Ungeheuer«, fuhr er fort.

Ich verstand nicht, was er meinte.

»Es war nicht weiß«, erläuterte er.

»Oh«, sagte ich. »Gibt es denn solche Wesen im Norden?«

»Ja« sagte er, »da und dort auf dem Eis.«

Auch von diesen Geschöpfen nahm ich an, daß es sich um eingeborene Kurii handelte, um Überlebende gestrandeter Schiffs-Kurii, vor Generationen unfreiwillig auf diesem Planeten gelandet. Es gab verschiedene Kurii-Rassen, das war mir bekannt, auch wenn ich es für wenig sinnvoll hielt, Unterschiede zwischen ihnen zu machen. Es wurde berichtet, daß zwischen den verschiedenen Kur-Spezies Bruderkriege getobt hatten, denen schließlich ihre Heimatwelt zum Opfer gefallen war.

Imnak gab mir die Figur zurück.

Ich war ins Leere gestoßen. Ich hatte keine Fährte mehr. Meine Reise in den Norden hatte kein Ziel, ich wußte nicht mehr, wohin ich mich wenden sollte.

Ich war allein im Norden, ein isolierter Dummkopf.

»Wenn ich geschlafen habe«, sagte ich, »kehre ich in den Süden zurück.«

»In Ordnung«, sagte Imnak.

Ich schob die Schnitzarbeit in ihre Fellhülle und legte das Bündel in meinen Beutel.

»Karjuk hat das Ding geschnitzt«, sagte Imnak. Ich hob abrupt den Kopf.

»Ich dachte, du hättest vorhin gefragt, wer den Kopf gemacht hat«, sagte er.

»Ja!«

»Karjuk hat ihn gemacht.«

Ich umarmte ihn. »Du bist großartig, Imnak!« rief ich. »Es gab einmal einen Tag, da habe ich sechs Sleen getötet«, räumte er ein. »In Wirklichkeit bin ich aber ein schlechter Jäger.«

»Wo ist dieser Karjuk?« fragte ich. »Ich möchte mit ihm sprechen.«

»Er ist nicht hier.«

»Wo dann?«

»Im Norden.«

»Wo im Norden?«

»Im hohen Norden«, sagte Imnak. »Weiter nördlich als Karjuk lebt niemand.«

»Was ist Karjuk? Ein Jäger?«

»Er ist der Wächter.«

»Der Wächter?«

»Ja«, sagte Imnak, »er bewacht das Volk vor den Eis-Ungeheuern.«

»Wir müssen ihn finden.«

»Karjuk ist ein seltsamer Mann«, meinte Imnak. »Wenn die Eis-Ungeheuer ihn nicht finden können, wie sollte uns das gelingen?«

»Ich breche auf, sobald ich geschlafen habe.«

»Du reist in den Süden?« fragte er.

»Nein«, antwortete ich lachend. »Nach Norden.«

»Du hast im Norden etwas zu erledigen?« erkundigte sich Imnak höflich.

»Ja.«

»Aber die Tabuk sind noch nicht fett«, sagte er. »ihre Felle sind noch nicht dick und glatt.«

»Ich verstehe nicht, was du meinst.«

»Es ist noch nicht an der Zeit, in den Norden zu ziehen. Für alle Dinge gibt es eine richtige und eine falsche Zeit. Im Augenblick ist es angezeigt, Tabuk zu jagen.«

»Ich muß nach Norden ziehen«, sagte ich. »Ich kann nicht länger hierbleiben.«

»Dein Anliegen scheint dringend zu sein.«

»O ja. Ich suche einen Feind.«

»Im Norden braucht man Freunde, keine Feinde«, sagte er und musterte mich besorgt.

Ich lächelte ihn an.

»Das Ungeheuer?« fragte er. »Du suchst das Ungeheuer mit dem abgerissenen Ohr? Es ist dein Feind?«

»Ja.«

»Wollen wir hoffen, daß die Tabuk langsam fett werden«, sagte er und grinste.

»Wenn ich geschlafen habe, begebe ich mich nach Norden.«

»Ich begleite dich.«

»Aber die Tabuk sind noch nicht fett«, sagte ich.

»Was kann ich dafür, daß sie erst so spät auf die Tundra gekommen sind?« fragte Imnak und streckte den Kopf aus dem Zelt.

»Poalu!« rief er. »Wenn wir geschlafen haben, ziehen wir nach Norden!«

»Aber dazu ist jetzt nicht die Zeit!« rief sie entsetzt.

»Ich weiß, es ist verrückt«, sagte Imnak, »aber wir tun es.«

»Ja, Imnak, mein Herr«, sagte sie.

Imnak kehrte zu mir zurück.

»Wo finden wir Karjuk?« fragte ich.

Imnak zuckte die Achseln. »Wenn Karjuk nicht gefunden werden möchte, findet man ihn nicht«, sagte er. »Niemand kennt das Eis so gut wie Karjuk. Wir suchen das ständige Lager auf und erwarten ihn dort. Manchmal kommt er in das ständige Lager.«

»Und wo liegt das?«

»An der Meeresküste.«

»Aber wenn er nun nicht in das Lager kommt?« fragte ich.

»Dann können wir ihn allein nicht finden«, meinte Imnak. »Wenn die Eis-Ungeheuer Karjuk schon nicht finden, wie können wir damit rechnen?«

18

Sorgfältig suchte ich das Wasser ab.

»Bald ist es soweit«, sagte Imnak. Ich hatte nicht gemerkt, daß er vor sich hin gezählt hatte, doch sicher hatte er eine jahrelange Erfahrung in diesen Dingen, ein Gefühl für die Zyklen und Rhythmen einer solchen Jagd und ihre Steigerung in der Erlahmung des Tiers.

Das kalte Wasser wirkte ungewöhnlich still. Da und dort trieben Eisstücke.

Die steinige Küste lag etwa einen halben Pasang hinter uns. Über dem ständigen Lager stieg Rauch auf.

Außer mir saßen fünf Männer in dem großen Lederboot, das Umiak genannt wurde. Es war etwa zwanzig Fuß lang und fünf Fuß breit. Die Häute, die man über das Holzgestell genäht hatte, waren seltsamerweise vom Tabuk und nicht vom Meeres-Sleen. Das Leder war über den Rahmen aus Treibholz und langen Knochenbögen gespannt, die mit Sehnenschnur zusammengefügt worden waren. Das Wasser bewegte sich nicht.

Normalerweise wird ein solches Boot von Frauen gepaddelt, doch heute hatten wir keine Frauen bei uns. Bei der Arbeit, die wir vorhatten, riskierte man keine Frau, nicht einmal eine Sklavin.

»Gleich ist es soweit«, sagte Imnak.

Oft kehren Umiaks oder die kleinen Ein-Mann-Boote, die Kajaks, nicht zurück.

»Haltet euch bereit«, sagte Imnak.

Das Wasser erstreckte sich spiegelglatt ringsum.

Ich umklammerte die lange Harpune. Sie war etwa acht Fuß lang und maß ungefähr zweieinhalb Zoll im Durchmesser, Der Hauptschaft bestand aus Holz, doch befand sich daran eine Verlängerung aus Knochen. In diesen Vorderschaft war die ebenfalls aus Knochen bestehende Klinge eingesetzt, mit einer Spitze aus geschliffenem Schiefer. Durch ein in die Knochenklinge gebohrtes Loch, etwa vier Zoll unterhalb der Schieferspitze und vier Zoll über dem Beginn des Kopfstücks, führte eine Lederleine, die zusammengerollt unten im Boot lag. Das Loch ist so angebracht, daß die Spitze der Harpune sich in der Wunde dreht, sobald die Leine straffgezogen wird, und der Widerhaken sich auf diese Weise erst richtig festbeißt.

Plötzlich brach er aus dem Wasser hervor, kam ein Dutzend Fuß vom Boot entfernt, senkrecht emporsteigend, hinaufstrebend und mit mächtigem Schnauben ausatmend, Wasser versprühend, in einem Gewirr von Leinen und Blut – die mächtige, zylindrische Masse des schwarzen Hunjerwals.

»Jetzt!« rief Imnak.

Ich schleuderte die Harpune.

Vier Fuß tief verschwand die Harpune in der Flanke des unvorstellbar riesigen Säugetiers.

Die sich entrollende Leine sirrte an mir vorbei in die Höhe. Das Ungeheuer schien auf seinen Schwanzflossen zu stehen, vierzig Fuß hoch ragte es über uns auf, und die Harpunenleine verschwand wie ein winziger, im Wind wogender Faden nach oben. »Aufpassen!« schrie Imnak.

Ächzend, Luft ausstoßend, stürzte das Tier ins Wasser zurück. Es gab ein mächtiges Klatschen, das viele Pasangs im Umkreis zu hören sein mußte. Die Leine führte jetzt horizontal vom Boot fort. Viel Wasser war hereingeschwappt, und wir waren von Kopf bis Fuß durchnäßt. Meine Parka begann sofort steifzufrieren. Mit Ledereimern begannen vier Männer Wasser zu schöpfen. Dichter Dampf lag wie Nebel in der Luft, die sich niederschlagende Feuchtigkeit im warmen Atem des Wals. Ich bemerkte den Blick des kleinen Auges auf der linken Seite des Tiers.

»Er taucht gleich«, sagte Imnak. Als er den Arm hob, lösten sich knirschend Eisstücke von seiner Parka.

Imnak und ein zweiter Mann begannen die Leine einzuholen und brachten uns damit dicht an die Flanke des Monstrums heran.

Die anderen Jäger warfen die Eimer fort und griffen nach ihren Lanzen, schlanke Jagdwaffen mit starren Spitzen, die im allgemeinen nicht zum Werfen, sondern zum Stoßen benutzt wurden.