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»Oder dich zu töten«, meinte er.

»Ja.«

»Warum sollte der Kur aber mich umbringen wollen?«

»Vielleicht bringst du Informationen, die ich nicht erhalten sollte.«

»In Lydius«, sagte er, »haben sich Sarpedon und mehrere andere, die frisch von der Mauer zurückgekehrt waren, zusammengetan und Sarpelius und seine Helfershelfer überfallen.« Sarpelius war der beleibte Bursche, der von Sarpedon die Taverne übernommen und sich mit mehreren Komplizen daran gemacht hatte, Männer in den Dienst an der Mauer zu pressen«.

»Sarpedon ist wieder Wirt in seinem Lokal?« fragte ich.

»Natürlich«, sagte Ram. »Übrigens haben Sarpelius und seine Männer, ehe wir sie als nackte Sklaven im Hafen verkauften, gehörig den Mund aufgemacht.«

»Das war sicher klug von ihnen«, meinte ich.

»Die Information war ihnen nicht so wichtig, daß sie sie angesichts der Gefahr von Folter und Tod bei sich behalten wollten«, fuhr Ram fort. »So zeigte Sarpelius keine Neigung, mit den Füßen voran in einen Käfig voller hungriger Sleen geschoben zu werden.«

»Das ist ja auch wirklich nicht angenehm.«

»Leider hat es den Anschein, als hätten die Männer nur wenig gewußt. Sie waren unwichtige Rädchen im großen Plan.«

»Was habt ihr erfahren?«

»Der Mann, der sich Drusus nannte – ihn lernten wir an der Mauer kennen – bezahlte sie für ihre Dienste und gab die Anweisungen. Tarnkämpfer beförderten die betäubten Opfer zur Mauer.«

»Was ist mit den Mädchen?« Ich dachte an Tina und Constance. »Sie waren nicht an der Mauer.«

»Wir erfuhren von Sarpelius, der seine Informationen von Drusus hatte, daß es weiter im Norden ein Hauptquartier gab, eine Station, die nur im späten Frühling, im Sommer oder Frühherbst zu erreichen ist.«

»Vielleicht befindet sich dieses Hauptquartier draußen auf dem Meer.« Das im Winter gefrorene Meer war für Schiffe unpassierbar.

»Möglich«, sagte er.

»Außerdem fliegen die Tarns in der Arktis nur während dieser Jahreszeiten«, sagte ich. »Wenn diese unbekannte Station auf dem Land wäre, hätten die rothäutigen Jäger auf ihren Jagden darauf stoßen müssen. Vermutlich handelt es sich um eine große Anlage.«

»Das weiß ich nicht«, sagte Ram.

»Hast du noch mehr erfahren?«

»Wir bekamen mit daß Drusus seine Instruktionen aus diesem geheimnisvollen Hauptquartier bezog. Dorthin wurden auch von Zeit zu Zeit besonders attraktive Sklavinnen gebracht.«

»So auch Tina und Constance«, sagte ich.

»Ja«, sagte er. »Weißt du, ich nahm an, du wüßtest dies und wärst in den Norden gezogen, um Constance zu finden.«

»Du bist also hauptsächlich wegen Tina nach Norden gekommen?«

»Ja.«

»Aber sie ist doch nur eine Sklavin!«

Er errötete. »Aber sie ist meine Sklavin«, sagte er aufgebracht. »Sie wurde mir genommen, und das gefällt mir nicht. Niemand nimmt Ram aus Teletus ungestraft eine Sklavin weg!« sagte er und schlug sich vor die Brust. »Ich hole sie mir zurück, um sie dann, wenn ich will, zu verschenken oder zu verkaufen.«

»Natürlich«, sagte ich.

»Mißversteh’ mich nicht«, sagte er gereizt. »Es geht mir nicht um das Mädchen; die ist nicht wichtig, sie ist nur eine Sklavin. Mir liegt am Prinzip!«

»Natürlich«, sagte ich. »Doch scheinst du mir hier viel zu riskieren für ein Mädchen, das vermutlich nur einen silbernen Tarsk bringen würde.«

»Ich glaube, Tina ist die perfekte Sklavin für mich«, sagte er grinsend. »Ich brauche sie zu meinen Füßen.« Er sah mich ernst an. »Außerdem hoffte ich im Norden zu dir zu stoßen. Wir hätten dann Tina und Constance gemeinsam suchen können.«

»Wer ist Constance, Herr?« fragte Arlene.

»Eine Sklavin, die wie du einmal frei war«, sagte ich. »Sie könnte dir viel beibringen.«

»Ja, Herr«, sagte Arlene und senkte den Kopf.

Schritt für Schritt ging ich mit ihr den Weg in die wahre Sklaverei.

»Du, Sklavin!« sagte ich energisch zu ihr. »Bring uns Fleisch!«

»Ja, Herr«, sagte sie erschrocken und hielt uns die große Platte hin. Ram und ich bedienten uns.

»Was weißt du über ein Hauptquartier im Norden, Mädchen?« fragte ich sie.

»Nichts«, flüsterte sie. »Herr.«

Ich musterte sie kritisch und nahm mir ein zweites Stück Fleisch.

»Ich weiß nichts«, sagte sie. »Drusus brachte das Geld. Er war mein Kontaktmann. Ich weiß nichts!«

Wieder griff ich zu und steckte mir ein Stück Fleisch in den Mund.

»Ich beaufsichtigte die Arbeiten an der Mauer. Damals dachte ich, ich wäre Drusus übergeordnet. Ich weiß nicht, woher er kam oder woher er die Geldmittel hatte. Vermutlich gab es auf dieser Welt noch andere Unternehmungen oder Stationen, aber ich kannte ihre Standorte nicht.« Tränen erschienen in ihren Augen. »Glaube mir, Herr, ich flehe dich an«, sagte sie. »Wenn es irgendwo ein Hauptquartier gibt, weiß ich nichts darüber.«

»Vielleicht glaube ich dir«, sagte ich. Sie erschauderte. Ich hielt es für denkbar, daß sie die Wahrheit gesagt hatte.

»Audrey!« rief ich das dunkelhaarige Mädchen.

»Ja, Herr«, sagte sie und kniete vor uns nieder.

»Nimm Arlene die Platte mit dem Fleisch ab und serviere es im Raum!«

»Ja, Herr«, sagte sie, richtete sich elegant auf und entfernte sich.

»Die hat hübsche Beine«, sagte Ram, »ein ausgezeichneter Fang.«

»Sie gehört Imnak«, sagte ich. »Er hat sie auf dem Jahrmarkt gekauft.«

»Die andere auch«, schaltete sich Imnak ein und deutete auf Barbara, die in einem anderen Winkel arbeitete.

»Auch ein vorzüglicher Kauf«, sagte Ram, ohne sich Mühe zu geben, die Stimme zu senken. Barbara warf einen Blick über die Schulter. Sie wußte, daß von ihr gesprochen wurde, und richtete sich auf. Sie war stolz darauf, daß sie schön war, daß Männer sich für sie interessierten.

»Beide haben mich fünf Felle gekostet, vier von Leems und eines von einem Schnee-Lart.«

»Du bist eben ein geschickter Schacherer«, sagte Ram.

Imnak zuckte bescheiden die Achseln. »Die Mädchen verstehen sich auch gut darauf, den Schlitten zu ziehen«, sagte er.

»Und sie haben andere Qualitäten«, sagte ich.

»Sie stehen dir natürlich beide zur Verfügung«, sagte Imnak und deutete auf Fingerhut und Distel.

»Vielen Dank«, antwortete Ram. »Aber keine der beiden hat an der Mauer über mich befehligt.«

Sein Blick ruhte auf Arlene, die ein wenig vor ihm zurückwich.

»Sei ihm zu Gefallen!« sagte ich zu ihr.

»Ja, Herr«, sagte sie. Ram sprang auf und zerrte sie in eine verhängte Nische, um sie zu besteigen.

Ich wandte mich der Mitte des Festhauses zu, wo Pantomimen aufgeführt wurden. Die Jäger und Frauen klatschten in die Hände und schrien vor Freude über die Geschicklichkeit der Darsteller. Naartok mimte einen Wal.

»Tarl, der mit mir jagt«, sagte Imnak ernst, »ich habe Angst.«

»Wovor hast du Angst?«

»Das Tier, das wir gesehen haben, muß ein Eis-Ungeheuer gewesen sein.«

»Ja?«

»Ich fürchte, Karjuk ist tot.«

»Warum sagst du das?«

»Karjuk ist der Wächter«, sagte er. »Er steht zwischen dem Volk und den Eis-Ungeheuern.«

»Ich verstehe«, sagte ich.

Die weißpelzigen Kurii werden von den rothäutigen Jägern »Eis-Ungeheuer« genannt. Diese Tiere jagen im Sommer gewöhnlich von Eisschollen aus, meistens auf hoher See. Im Gegensatz zu den meisten Kurii lieben sie das Wasser. Wenn das Meer im Winter zufriert, verirren sie sich gelegentlich auch ins Binnenland. Es gibt verschiedene Kur-Rassen. Über den geheimnisvollen Karjuk war selbst bei den rothäutigen Jägern nicht viel bekannt, außer daß er ihrer Rasse angehörte. Er war ein seltsamer Mann, der allein lebte. Er hatte keine Frau. Er hatte keine Freunde. Er lebte für sich auf dem Eis. Er strich durch die Dunkelheit, lautlos, und jagte mit seiner Lanze. Er stand zwischen dem Volk und den Eis-Ungeheuern. Der Kur,: den ich außerhalb des Dorfes gesehen hatte, das Wesen, das mit dem getöteten Schnee-Sleen entkommen war, hatte ein weißes Fell gehabt. Ich war dennoch davon überzeugt, daß es sich um einen Schiffs-Kur und nicht um ein primitives Eis-Ungeheuer gehandelt hatte. Andererseits glaubte ich auch, daß das Wesen aus dem Nordmeer oder vom arktischen Eis kam. Deshalb mußte es wohl das Territorium durchquert haben, in dem Karjuk wachte. Daß es so nahe bis an das Dorf herangekommen war, konnte zweierlei bedeuten: Entweder hatte es Karjuk umgangen oder ihn gefunden und getötet – als erster von allen Kurii, die diesen Meisterjäger hatten finden wollen.