»Na gut.« Ich glaubte nicht, daß die Mädchen in großer Gefahr sein würden. Wenn sich meine Vermutungen bewahrheiteten, würde sich eine Verwendung für sie finden. Sie waren ausnahmslos hübsch.
»Herr«, flüsterte Arlene.
»Ja?«
»Darf ich zu dir in die Felle kriechen?«
»Ist dir kalt?«
»Ich habe Angst«, sagte sie.
Ich öffnete ihr die Schlaffelle und ließ sie zu mir kriechen. Im Schutz des Pelzes hielt ich sie in den Armen. Sie zitterte.
»Wovor hast du Angst?« fragte ich.
»Vor Karjuk«, antwortete sie, »und vor der Wanderung auf das Eis.« Sie klammerte sich an mich. »Was hoffst du dort zu finden?«
»Das weiß ich nicht.«
»Du suchst das Hauptquartier jener Wesen, die einmal meine Herren waren, nicht wahr?«
»Ja, Sklavin.«
»Die sind bestimmt gefährlich.«
»Mag sein.«
»Du mußt ihnen aus dem Weg gehen«, sagte sie, »Flieh in den Süden!«
»Kennst du einige der Lebewesen, die dir damals die Befehle gaben?«
»Nein.«
»Schau mal«, sagte ich, faßte sie am Kinn und drehte ihren Kopf herum, bis sie den Kopf des Kurs sehen konnte, der noch im Hintergrund des Zeltes lag. »Sie sehen dem Geschöpf sehr ähnlich«, sagte ich.
Ihr stockte der Atem vor Entsetzen. »Nein!« sagte sie.
»Solchen Kreaturen hast du gedient, als du noch frei warst, meine hübsche Sklavin!«
»Nein, nein«, flüsterte sie.
»Aber ja doch«, sagte ich lächelnd. »Es stimmt.«
»Was geschieht mit dir, wenn du ihnen in die Hände fällst?« wollte sie wissen.
»Das weiß ich nicht«, antwortete ich. »Vermutlich würde mir etwas nicht sehr Angenehmes widerfahren.«
»Und was würden sie mit mir machen, wenn ich ihnen ausgeliefert würde?«
»Vielleicht würdest du deine Rechte und Privilegien zurückerhalten und wieder für sie arbeiten können.«
»Aber ich habe versagt«, flüsterte sie.
»Das stimmt«, meinte ich. »Vielleicht würde man dann andere Aufgaben für dich finden.«
»Zum Beispiel?«
»Du sähst in einem dünnen Stahlkragen mit Sklaventunika sehr attraktiv aus.«
»Sie würden mich als Sklavin halten?«
»Ich bin davon überzeugt, daß du nach Gor geholt wurdest, um letztlich doch als Sklavin zu enden. Du bist zu schön, um dein Leben in Freiheit zu verbringen.«
Sie umklammerte mich.
»Du mußt erkennen, daß auf dieser Welt deine Schönheit einen Preis besitzt. Dieser Preis ist deine Freiheit. Schönheit und Weiblichkeit führen auf dieser Welt unweigerlich zu Ketten und Unterwerfung unter einen Herrn.«
»Ich will dir etwas sagen, und ich hätte nie geglaubt, daß ich so etwas jemals einem Mann sagen würde.«
»Und das wäre?«
»Ich würde mich freuen, deine Ketten zu tragen, Herr«, flüsterte sie.
Dann schluchzte sie, aufgewühlt von diesem schrecklichen Geständnis.
»Weine nicht! Du bist eben durch und durch Sklavin.«
Die Lampe verbreitete ein weiches Licht. »Mußt du auf das Eis hinaus und nimmst du mich mit?« fragte sie.
»Ja.«
»Ich habe Angst, ich kann nichts dagegen tun.«
»Fang schon an, Sklavin!« sagte ich.
»Ja, Herr.«
Sie beugte sich über meine Lenden und begann mit flinker Zunge den Dienst einer Liebessklavin.
»Du hast schnell gelernt«, lobte ich sie.
Minuten später befahl ich ihr, sich auf den Rücken zu legen, nahm sie in die Arme und drang in sie ein. »Ich dachte, ich sollte dir Freude bereiten«, sagte sie keuchend.
»Das tust du auch.«
»Du bringst mich dazu, dir hilflos zu erliegen«, sagte sie gepreßt.
»Das gefällt mir«, sagte ich. Sie wand sich unter mir.
»Deine Berührung macht ein Mädchen erst richtig zur Sklavin«, hauchte sie, als sie wieder ruhiger atmete. »Bei dir fühle ich mich sicher. Vielleicht habe ich doch keine Angst, auf das Eis zu gehen.«
Ich lag noch lange wach und beschäftigte mich mit den Eigenarten von Männern und Frauen. Ich war doch froh, auf Gor zu sein, und nicht auf der Erde. Ich küßte die hübsche Sklavin neben mir und dachte an Karjuk und das Eis. Draußen kam Wind auf, ein Laut, der mir gar nicht gefiel. Ich hoffte, daß es sich nicht um die Vorläufer eines Sturms handelte. Dann schlief ich ein.
23
Es war bitterkalt. Ich wußte nicht, wie viele Pasangs wir auf dem Eis schon zurückgelegt hatten.
»Schieben!« rief Imnak. Imnak und ich und die Mädchen kippten den Schlitten über eine Kuppe aus Packeis und ließen ihn auf der gegenüberliegenden Schräge hinabrutschen.
»Warte!« rief Imnak Karjuk nach.
Karjuk trat von den Kufen seines Schlittens und zerrte an den senkrechten Stangen aus Tabukhorn, die hinten am Schlitten befestigt waren. Gleichzeitig rief er seinem Schnee-Sleen ein Kommando zu.
Unsere Expedition bestand aus drei Schlitten. Karjuk führt sein eigenes Gefährt mit einem Schnee-Sleen, der ihm ebenfalls gehörte. Der zweite Schlitten wurde von Imnak gesteuert, der dritte von Ram; er hatte ihn aus dem Süden mitgebracht. Die Männer aus dem ständigen Lager hatten ihm das Gefährt zu den Unterkünften geschleppt. Vor Imnaks Schlitten war ein Schnee-Sleen gespannt, den er sich von seinem Freund Akko geborgt hatte, und Ram hatte sich im Lager ebenfalls Ersatz für das Tier zugelegt, das vor dem Lager von dem Kur getötet worden war. Er hatte Naartok etliche Portionen Bazi-Tee dafür überlassen müssen. Karjuk fuhr allein, ebenso Ram; Imnak und ich bildeten mit Imnaks Schlitten die Nachhut, ein Schlitten, der vor längerer Zeit aus Überresten der Mauer gebaut worden war. Die vier Mädchen begleiteten uns, gewöhnlich zu Fuß wie wir. Wenn es müde wurde, durfte ein Mädchen eine Weile auf dem Schlitten sitzen.
Karjuk hob die Hand, zum Zeichen, daß wir die Fahrt fortsetzen wollten.
»Nein, warte!« rief Imnak. Er blickte zum Himmel empor. Das Unwetter hatte bisher noch nicht zugeschlagen, doch der Himmel zog sich allmählich zu. Seit fünf Tagen wanderten wir über das Eis, und seit Tagen dräute der Sturm, ohne bisher loszubrechen. Und das war ein großes Glück für uns. Wie schon erwähnt, ist die arktische Nacht selten ganz dunkel, im Gegenteil, die Sicht ist sogar recht gut, denn das Licht der Monde und sogar der Sterne spiegelt sich auf der ungeheuren Weite von Eis und Schnee. Ich ließ meinen Blick zwischen den unheimlichen Formationen des Packeises wandern, die uns auf allen Seiten überragten, überzogen von gespenstischen Lichtreflexen, durchdrungen von tiefschwarzen Schatten. Inmitten dieser unglaublichen Geometrie kamen wir uns wie Zwerge vor. In den Riesenstrukturen lag Schönheit und zugleich Gefahr, waren sie doch unter dem bitteren Biß des Windes und von der Gewalt der unter uns wühlenden See geformt worden. Manchmal überquerten wir offene Wasserläufe, die sich im ächzenden, knirschenden Eis auftaten, um sich bald wieder zu schließen, oft auch schon, während wir noch darüber hinglitten.
Imnak deutete zum südlichen Himmel empor. Dort waren keine Sterne auszumachen. Wolken waren aufgezogen.
»Wir wollen hier lagern!« rief Imnak.
Karjuk antwortete nicht, sondern blickte nach vorn und hob den Arm.
Ram eilte zu uns. »Es wird ein Unwetter geben«, sagte Imnak. »Wir müssen ein Lager bauen.«
Wieder hob Karjuk den Arm.
»Ich muß die Kufen meines Schlittens überprüfen!« rief Imnak.
Karjuk rührte sich nicht; er wartete ab.
Die Schlittenkufen bestanden aus Holz. Zu Beginn der Schlittensaison, im Spätherbst, wird dieses Holz mit einer Paste bestrichen, die aus Erde, Gras und Moos besteht und eine fünf bis sechs Zoll dicke Schicht ergibt. An diesem Überzug setzt sich Eis fest, das auf blankem Holz keinen Halt finden würde. Dieses Eis ist sehr wichtig. Bei niedrigen Temperaturen wird Schnee körnig und fühlt sich beinahe wie Sand an. Eine Eisschicht auf den mit dem Lehm verstärkten Kufen verringert die Reibung und macht den Schlitten beweglicher. Normalerweise genügt eine Umhüllung der Kufen für den Winter; zuweilen muß sie ausgebessert werden. Die Eisschicht dagegen wird oft erneuert, manchmal mehrmals am Tag. Oft wird dazu Urin genommen, der sofort gefriert. Aber man kann auch einen Lederbeutel nehmen, gefüllt mit Schnee. Dieser Beutel wird unter der Kleidung am Körper getragen, was den Schnee zum Schmelzen bringt. Nachts werden die Schlitten mit den Kufen nach oben hingestellt, damit sie nicht am Eis festfrieren. Sleengeschirre und Zügel hängen an einem senkrechten Pfosten, damit sie nicht von dem Sleen aufgefressen werden. Imnak urinierte gegen die Kufen. Außerdem verwendete er Wasser aus dem Lederbeutel, den er an der Hüfte trug. Man kann übrigens auch Schnee in den Mund nehmen, schmelzen lassen und auf die Kufen spucken, aber diese Methode kostet viel Zeit. Wenn man Schnee ißt, muß man ihn vor dem Herunterschlucken gründlich im Mund schmelzen lassen. Dies hilft bei der Bewahrung der Körperhitze und vermeidet Überlastungen des Systems.