»Was war das?« fragte Arlene.
»Ein Wesen von der Art, der du gedient hast«, antwortete ich.
»Nein, nein!« rief sie."
»Das muß ein Signal zur Umkehr für uns sein«, sagte Poalu.
»Nein«, sagte Imnak.
»Hältst du es für ein Zeichen?« fragte sie.
»Ja, aber nicht zur Umkehr«, sagte er.
»Was bedeutet es dann?«
»Er will uns wohl mitteilen«, sagte Imnak, »daß es zu spät ist umzukehren.«
»Ich glaube, du hast recht, Imnak«, sagte ich.
Ich blickte zum Himmel auf. Es war tatsächlich zu spät zur Umkehr. Ich lächelte vor mich hin. Nach langer Reise hatte ich endlich das Land Zarendargars erreicht, den Rand des Lagers meines Feindes, das Lager Halb-Ohrs.
»Imnak«, sagte ich, »ich glaube, ich habe bald das Wesen gefunden, das ich suche.«
»Vielleicht hat es bereits dich gefunden«, gab er zurück.
»Vielleicht. Man weiß es eben nicht.«
»Flieh davor!« sagte Arlene.
»Ich gehöre der Kriegerkaste an«, sagte ich. »Ich fliehe nicht.«
»Aber solche Geschöpfe gebieten sogar über die Naturkräfte«, sagte sie.
»Mag sein, vielleicht aber auch nicht. Ich weiß es nicht.«
Später lag Arlene in meinen Armen. Was für eine liebliche und kluge Sklavin sie doch inzwischen schon war! Ihre hilflose Sklavenunterwürfigkeit war in dieser Nacht besonders exquisit.
»Habe ich dir gefallen, Herr?« fragte sie leise.
»Ja«, sagte ich.
»Das freut mich.«
Ganz in der Nähe hörten wir Poalu stöhnen. Dann löste sich Imnak von ihr.
»Wohin willst du?« fragte ich.
»Vielleicht sind wir in Gefahr«, sagte Imnak. »Ich glaube, wir sollten einen Wächter aufstellen.«
»Das ist eine gute Idee.«
»Ich übernehme die erste Wache«, sagte Imnak. Ich hörte, wie er Poalu abküßte, was sie mit leisen, spitzen Schreien quittierte, dann legte er seine Felle an und verließ die Unterkunft.
Es dauerte nicht lange, da war Poalu eingeschlafen. Arlene schlummerte ebenfalls.
Ich hörte Audrey wimmern. »Warum nimmt mich keiner?« sagte sie von der anderen Seite des Schneekreises.
»Leg dich schlafen!« befahl ich.
»Ja, Herr«, antwortete sie. Ich hörte sie schluchzen. Niemand hatte sie in den Armen gehalten, niemand hatte ihre Begierden gestillt.
Ich war müde. Es freute mich, daß Imnak die erste Wache übernommen hatte. So konnte ich ohne Angst einschlafen.
26
Ich spürte ihre kleinen, weichen Hände auf meinem Körper. »Herr, Herr«, sagte sie.
»Er wacht auf«, sagte eine Mädchenstimme.
Ich war schläfrig. Es fiel mir nicht leicht, das Bewußtsein wiederzuerlangen. Ich schüttelte den Kopf. Aber dann träumte ich weiter.
Ich hatte herrliche Träume durchlebt, ich hatte in meinen Gemächern gesessen und mit Sklavinnen in Vergnügungsseide gefeiert, laszive, glutäugige goreanische Mädchen, parfümiert und durch Kragen gebunden, mich bedienend und liebkosend. Ihre Münder und Finger und Lippen und Zungen waren sehr angenehm. Einige tanzten gut, die Liebkosung anderer verriet mir ihre Ausbildung.
»Herr«, sagte ein Mädchen, und ich trank den Wein, der mir gereicht wurde. Ich band den Kelch in ihrem Haar fest und schickte sie los, mehr zu holen.
»Ich kann nicht tanzen!« rief ein anderes Mädchen, und ich blickte sie an, woraufhin sie sich die Seide vom Leib riß und zitternd zu tanzen begann – sehr gut sogar.
Wie wunderschön Frauen doch sind! Kein Wunder, daß starke Männer sie sich Untertan machen.
Ich kämpfte darum, zu erwachen.
»Er kommt zu sich«, sagte das Mädchen, das zuerst zu mir gesprochen hatte.
Vage spürte ich, daß es warm war und daß ich auf einem Fell lag. Das verstand ich nicht. Unter den Fellen spürte ich eine harte Fläche.
Ich öffnete die Augen. Ich lag auf dem Rücken. Die Decke über mir verschwamm eine Sekunde lang, dann gewöhnten sich meine Augen daran. Sie war rot.
Arlene kniete neben mir. »Herr«, sagte sie. Ich schaute sie an. Nie zuvor hatte ich sie mit dem schönen raffinierten Make-up der goreanischen Sklavin gesehen. Sie trug nicht mehr meinen Lederstreifen um den Hals. Statt dessen befand sich dort ein schmales verschlossenes Stahlband, der goreanische Sklavenkragen. Ihr Körper war in einen kurzen, schmalen Streifen durchsichtiger roter Sklavenseide gehüllt.
»Wie schön du bist!« sagte ich.
»Herr«, gab sie zurück.
Es wollte mir scheinen, als passe sie besonders gut in meine Träume. Hätte ich sie nach Port Kar mitgenommen, wäre sie wohl ähnlich gekleidet in mein Schlafgemach gerufen worden.
Über die Pelze und den Boden blickte ich auf das andere Mädchen. »Herr«, flüsterte sie. Ich schüttelte den Kopf, um meine Gedanken zu ordnen. Sie war blond. Sie trug eine Curla und Chatka aus gelber Seide. Die Curla ist ein geflochtenes Seidenband, das eng um die Taille anliegt und links verknotet ist. Die Chatka ist ein etwa vier Fuß langer Stoffstreifen, längs zu einer Breite von etwa sechs Zoll zusammengefaltet; er war vorn über die Curla gelegt und führte zwischen den Beinen hindurch nach hinten und hing dort ebenfalls über die Curla. Außer diesem Stück Stoff trug sie nichts – lediglich einen Sklavenkragen wie Arlene und einige Perlen, einen Armreif und einen barbarischen Beinring. Beide Mädchen trugen Parfüm. Wie weich und aufregend sie waren! Das blonde Mädchen kroch an meine Seite, senkte den Kopf und küßte meinen Leib. »Herr!« schluchzte sie.
»Constance«, sagte ich. Ich hatte sie nicht mehr gesehen, seit ich in Lydius zum Dienst an der Mauer für die Kurii entführt worden war. Vor langer Zeit war sie eine freie Frau gewesen. Ich hatte sie im Land südlich des Laura zur Sklavin gemacht.
»Was tust du hier?« fragte ich.
»Herr!« schluchzte sie und küßte mich weiter.
Ich blickte zur roten Decke empor, die mit Fellen bedeckt war. Der Boden war ebenfalls weich ausgelegt.
Ich stieß einen Wutschrei aus und sprang auf. Mit vollem Körpergewicht warf ich mich gegen die schweren Gitterstäbe.
Die aber rührten sich nicht. Ich warf die Felle hoch, die auf dem Boden lagen, und stieß auf zusammengenietete Stahlplatten. Ich legte die Hände über den Kopf und erkundete die Decke, die ebenfalls aus Metall zu bestehen schien. Zornig riß ich die Felle von den Wänden. Die Zelle war quadratisch im Grundriß, etwa zwölf mal zwölf Fuß, und acht Fuß hoch. Auf fünf Seiten wurde sie von Stahlwänden begrenzt, während die offene Seite vergittert war.
Wieder zerrte ich an den Stäben. Sie waren ungefähr zweieinhalb Zoll dick. Aus dieser Zelle hätte nicht einmal ein Kur entfliehen können, und vielleicht war sie ursprünglich für diese Wesen gebaut worden.
Ich fuhr zu den Mädchen herum, die sich in der Mitte der Zelle zusammenkauerten, verängstigt über meine Wut.
»Wir sind irgendwie hierhergebracht worden«, sagte Arlene. »Ich erwachte in der Sklavenseide und mit dem Kragen. Aus einem Gehege wurde ich heute früh in diese Zelle gebracht.«
»Wo ist Imnak? Wo sind Poalu und Audrey?« fragte ich.
»Das weiß ich nicht«, sagte sie schluchzend.
»Constance«. sagte ich, »wo sind wir?«
»Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Ich wurde vor langer Zeit in Lydius gefangengenommen und bekam sofort die Augen verbunden. Ein Tarn brachte mich in den Norden, dann wurde ich mit dem Schlitten befördert. Ich bin schon monatelang hier. Wie es draußen aussieht, habe ich nie gesehen.«
»Wer sind unsere Bewacher?« fragte ich Arlene.
»Ich habe nur Männer gesehen«, sagte sie.
»Es gibt auch andere«, sagte Constance erschaudernd. »Ich habe sie gesehen, große, aber wendige Ungeheuer.«
»Ihr beide wißt nicht, wo wir sind?« fragte ich.
»Nein«, antworteten sie.
Ich drehte mich der Gitterwand zu. Dahinter lag ein größerer Raum, ebenfalls mit Stahl ausgekleidet. In diesem größeren Raum gab es eine Tür mit einem kleinen Gitterfenster darin.
»Weißt du etwas über diesen Ort, Constance?« wollte ich wissen.
»Nein«, antwortete sie. »Aber er ist groß. In diesem Teil bin ich noch nicht gewesen.«