»Erzähl mir mehr!« forderte ich sie auf.
»Es gibt wenig zu erzählen. Ich wurde hierhergebracht. Es gibt noch weitere Frauen hier.«
»Sklavinnen?« fragte ich.
»Ja, soweit ich sie kenne.«
»Ihr sollt die Garnison bedienen?« fragte ich.
»Ja.«
»Voll und ganz?« fragte Arlene.
»Natürlich«, sagte Constance. »Wir sind Sklavinnen. Du ja ebenfalls.«
Arlene erbebte in ihrer obszönen Vergnügungsseide, die sie ein Stück herabzuziehen versuchte, um ihre Blöße zu bedecken,
»Wie groß ist die Garnison?« fragte ich.
»Das weiß ich nicht«, sagte sie. »Mit fünf weiteren Mädchen versorge ich zwanzig Mann in einem Abschnitt der Anlage. In unserer Bewegungsfreiheit sind wir durch Halsketten und einer Führungsschiene an der Decke eingeengt. Die Kette um unseren Hals endet in einer Kugel, die in einer von zwei Deckenschienen läuft. Es gibt zwei Schienen, damit die Mädchen sich im Flur problemlos begegnen können. Je kleiner die Kugel an der Kette ist, desto mehr Bewegungsfreiheit gewährt sie dem betreffenden Mädchen, wenn auch nur in dem Bereich, in dem die Schienen verlaufen. Ist ihre Kugel größer, wird sie von engeren Schienen nicht durchgelassen und gestattet der Sklavin Zugang nur zu einem kleineren Bereich. Und so geht es weiter. Ich selbst habe von Anfang an kaum etwas sehen können, denn die Kugel, die an meiner Kette hängt ist die größte, die es überhaupt gibt. So bin ich immer wieder von den Schienen gestoppt worden, obwohl ich mich gern umgesehen hätte. Im Flur kann ich mich nur zwischen den Arbeits- und Vergnügungsquartieren bewegen.«
»Aber sicher wirst du doch von der Kette losgemacht, um zu arbeiten.«
»Natürlich«, sagte sie, »aber dann sind wir im Arbeits- oder Vergnügungsviertel eingeschlossen.«
»Wie viele solche Viertel gibt es?« fragte ich.
»Das weiß ich nicht, aber auf jeden Fall mehr als die, in denen ich bisher gearbeitet habe.«
»Du kannst die Größe der Anlage also nicht schätzen?«
»Könnte hundert, könnte auch tausend Mann hier geben«, sagte sie. »Ich und meine fünf Leidensgenossinnen bedienen zwanzig Mann.«
»Sind sie leicht zufriedenzustellen?« fragte Arlene.
»Nein«, gab Constance zurück. »Und manche kommen zwei-, dreimal am Tag.«
»Ich hoffe, daß ich nicht zu dir gesteckt werde«, sagte sie.
Constance zuckte die Achseln. »Die Männer, zu denen du kommst, werden bestimmt nicht einfacher sein.«
Arlene erschauderte.
»Keine Angst, meine Liebe«, sagte Constance. »Du wirst die Peitsche kennenlernen.«
Arlene starrte mich entsetzt an.
Ich beachtete sie nicht. Was hatte sie erwartet? Sie war Sklavin.
»Was ist mit den Ungeheuern?« fragte ich.
»Ihre Zahl kenne ich ebenfalls nicht«, sagte Constance. »Aber ich glaube, es sind erheblich weniger als Menschen.«
»Du trägst keine Halskette«, sagte ich.
»Das tat ich heute früh auch nicht«, sagte sie. »Ich wurde direkt aus dem Gehege hergebracht und in diese Zelle geworfen. Du warst noch bewußtlos.« Sie bedachte Arlene mit einem unangenehmen Blick. »Diese Sklavin«, fuhr sie fort, wobei sie das Wort besonders betonte, »war bereits hier. Das Tor wurde hinter mir geschlossen.«
»Ich begreife nicht«, sagte Arlene, ebenfalls mit besonderer Betonung, »warum diese Sklavin zu uns gesteckt wurde.«
»Ich besitze euch beide«, sagte ich.
»Oh«, sagte Arlene und riß sich zusammen. »Sie ist sehr hübsch. Findest du sie anziehend?«
»Halt den Mund!« sagte ich zu Arlene.
»Ja, Herr«, sagte sie und wandte den Blick ab.
»Mir hat die Berührung durch meinen Herrn gefehlt«, sagte Constance.
Arlene blickte sie zornig an.
»Du sagst, du wurdest heute früh hierhergebracht. Haben wir jetzt Vormittag?«
»Dieser Komplex ist auf seine Weise eine Welt für sich«, antwortete sie. »Er besitzt einen Tag, der in zwölf Abschnitte unterteilt ist. Ich weiß nicht, wie lang ein solcher Abschnitt ist. Ich glaube, wesentlich mehr als eine Ahn.«
Ich erinnerte mich an die Zeitmesser in dem abgestürzten Schiff in der Tahari-Wüste, Gerätschaften, die die Explosion des Sprengstoffs in der Stahlhülle regelten. Diese Geräte waren zwölffach unterteilt gewesen. Ich vermutete, daß sie sich auf Perioden der Umkreisung und Rotation der Kurii-Heimatwelt bezogen. Außerdem nahm ich an, daß die zwölffache Unterteilung Bezug zu der Zwölfer-Mathematik der Kurii hatte, die ihrerseits wiederum eine Funktion der sechsgliedrigen Pfote dieser Wesen war. Die Anlage, in der ich gefangen war, konnte also Uhren besitzen, die denen in den Kur-Schiffen und den fernen Stahlwelten glichen, eine Uhr, für die Verwendung auf der früheren Welt dieser Wesen bestimmt.
»Tag und Nacht unterscheiden wir anhand der Beleuchtung«, erklärte Constance weiter.
Vermutlich gab es einen rheostatischen Mechanismus, der die Beleuchtung steuerte, eingestellt auf Licht- und Schattenperioden auf der Heimatwelt der Kurii.
»Die Ungeheuer sind meistens nachts unterwegs«, sagte sie. »Manchmal höre ich ihre Klauen auf den Bodenplatten vor meinem Gehege. Sie müssen sich irgendwie orientieren können. Für menschliche Augen ist es allerdings zu dunkel.«
Ich nickte. Der Kur vermag sich nicht nur in der Dunkelheit umzutun, ist aber in seinen meisten Abarten überwiegend ein Nachtwesen. Gewöhnlich beginnt er mit dem Einbruch der Dunkelheit zu jagen; dann beginnt sein »Tag«.
Ich umfaßte die Gitterstäbe und schüttelte daran. Sie saßen fest.
Ein Schlüssel wurde im Schloß umgedreht – in der Tür des Raums, in dem sich unser Käfig befand.
Ich trat einige Schritte von den Gitterstäben zurück. Dadurch mochte jemand angeregt werden, näher an das Gitter heranzutreten. Diese Distanz konnte ich dann schnell überbrücken. Arlene und Constance knieten seitlich hinter mir nieder. So gehörte es sich. Sie waren Sklavinnen.
»Drusus«, sagte ich.
Der Mann stand in der Tür. Er trug die dunkle Kleidung seiner Kaste.
»Wie ich sehe, trägst du das Rot der Krieger«, sagte er. Und es stimmte. Ich war in der Tunika meiner Kaste erwacht. Die Felle waren mir fortgenommen worden.
»Und du, mein Freund«, sagte ich, »kleidest dich inzwischen in die passende Uniform deines Standes.« Keck trug er das Schwarz der Attentäter zur Schau. Über der linken Schulter ragte an einem breiten Gurt das Kurzschwert empor.
»Darf ich dich in unserem bescheidenen Hauptquartier willkommen heißen«, sagte er, »Kollege in der Kunst des Stahls.«
Höflich neigte ich den Kopf.
»Es freut uns, dich in unserer Macht zu sehen«, sagte er. »Es war dumm von dir, in den Norden zu kommen.«
»Ich bin auf Besuch hier«, sagte ich.
»Dann sei uns willkommen«, erwiderte er lächelnd und schnipste mit den Fingern. Durch die Tür kam eine kleine, exquisite brünette Sklavin mit einem Tablett. Bis auf den Sklavenkragen war sie nackt.
Zwei Flaschen, die auf dem Tablett standen, schob sie zwischen den Gitterstäben hindurch, das Tablett selbst dann durch eine vier Zoll hohe Öffnung unten an der Zellentür. Drusus gab ihr das Zeichen, den Raum zu verlassen.
»Drusus!« rief Arlene. »Du mußt uns helfen!« Früher hatte sie das Kommando über ihn geführt.
Er blickte sie an, und sie wich einen Schritt zurück. »Da haben wir ja noch eine hübsche Sklavin«, sagte er.
Entsetzt versuchte sie ihre Blößen mit den Händen zu bedecken. Das Vergnügungsgewand war wahrlich kein züchtiger Aufzug!
»Sie gehört mir«, sagte ich.
»Ich werde sie besitzen«, antwortete er.
»Oh?«
»Ja«, sagte er. »Ursprünglich wurde sie nach Gor gebracht, um zu meinen Füßen zu liegen. Ich hatte sie mir unter mehreren künftigen Sklavinnen ausgesucht.«
»Ich verstehe«, sagte ich.
»Vielleicht solltest du dich mit uns zusammentun«, fuhr Drusus fort. »Die Kurii sind großzügig, was die Frauen angeht.«
»Ich bin Krieger«, sagte ich. »Wenn mir eine Frau gefällt, nehme ich sie mir, notfalls mit .dem Schwert.«
»Natürlich«, sagte er, ohne allerdings den Blick von Arlene zu wenden.