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»Haben Sie Feuer, Mister?«

McAllister sah die Streichhölzer an, griff danach, riß eines heraus, strich es an und hielt ihm die Flamme hin. Als Jason zu seinem Platz zurückkehrte, hatte er den Umschlag in der Hand. Er öffnete ihn, nahm das Papier heraus und las in Schreibmaschinenschrift: Telefon Macao 3261443.

Er sah sich nach einem Telefonautomaten um, und in dem Augenblick wurde ihm klar, daß er in Macao nie ein Telefon benutzt hatte, und daß er, selbst wenn es eine Gebrauchsanweisung gab, nicht mit den Münzen der

portugiesischen Kolonie vertraut war. Es waren immer die Kleinigkeiten, die die größeren Dinge störten. Er gab dem Barkeeper ein Zeichen.

»Ja, Sir? Noch einen Whisky, Sir?«

»Die ganze nächste Woche nicht«, sagte Borowski und legte Hongkongdollar auf die Bar. »Ich muß jemanden hier in Macao anrufen. Sagen Sie mir, wo ein Telefon ist.

»Ich würde niemals zulassen, daß ein Gentleman wie Sie ein gewöhnliches Telefon benutzt, Sir. Außerdem, unter uns, glaube ich, daß viele Gäste hier ansteckende Krankheiten haben.« Der Barkeeper lächelte. »Gestatten Sie, Sir. Ich habe ein Telefon hinter meiner Bar - für besondere Gäste.«

Ehe Jason protestieren oder danken konnte, stand ein Telefon vor ihm. Er wählte, während McAllister ihn anstarrte.

»Wei?« sagte eine Frauenstimme.

»Man hat mir gesagt, daß ich diese Nummer anrufen soll«, erwiderte Borowski in englischer Sprache. Der tote Meuchelmörder hatte nicht chinesisch gesprochen.

»Wir werden uns treffen.«

»Wir werden uns nicht treffen.«

»Wir bestehen darauf.«

»Schlagen Sie sich das aus dem Kopf. So gut sollten Sie mich kennen. Ich möchte mit dem Mann sprechen, und nur mit dem Mann.«

»Sie sind anmaßend.«

»Und Sie scheißdämlich. Wie der hagere Prediger mit dem großen Schwert, wenn er nicht mit mir spricht.«

»Sie wagen es -«

»Das habe ich schon einmal gehört«, unterbrach Jason sie scharf. »Die Antwort darauf ist: ja, ich wage es. Er hat entschieden mehr zu verlieren als ich. Er ist nur ein Kunde, und

meine Liste wird länger von Tag zu Tag. Ich brauche ihn nicht, aber ich glaube, daß er im Augenblick mich braucht.«

»Nennen Sie mir einen überzeugenden Grund.«

»Ich nenne Gefreiten keine Gründe. Ich war einmal Major, wußten Sie das nicht?«

»Beleidigungen sind unnötig.«

»Dieses Gespräch auch. Ich rufe Sie in einer halben Stunde noch einmal an. Bieten Sie mir dann etwas Besseres, bieten Sie mir den Mann. Und ob er es ist, werde ich wissen, weil ich dann ein oder zwei Fragen stellen werde, die nur er beantworten kann, Ciao, Lady.« Borowski legte auf.

»Was machen Sie?« flüsterte McAllister erregt, vier Hocker von ihm entfernt.

»Ich sorge dafür, daß Sie Ihren Auftritt im Rampenlicht bekommen, und hoffe nur, daß Sie Ihren Text gelernt haben. Wir gehen jetzt hier weg. Warten Sie fünf Minuten und folgen Sie mir dann. Biegen Sie nach der Türe rechts ab und gehen Sie dann einfach geradeaus. Wir werden Sie erwarten.«

»Wir?«

»Da ist jemand, von dem ich möchte, daß Sie ihn kennenlernen. Ein alter Freund - ein junger Freund -, der Ihnen wahrscheinlich sympathisch sein wird. Er kleidet sich wie Sie.«

»Noch jemand? Sind Sie wahnsinnig?«

»Jetzt drehen Sie mir bloß nicht durch, Mr. Analytiker, vergessen Sie nicht, daß wir einander nicht kennen. Nein, ich bin nicht wahnsinnig. Ich habe mir nur gerade einen Helfer engagiert, für den Fall, daß ich ihn brauchen sollte. Vergessen Sie nicht, Sie wollten meine Unterstützung in diesen Dingen.«

Die Vorstellung war kurz, und es wurden keine Namen gebraucht, aber daß McAllister von dem breitschultrigen, gut gekleideten Chinesen beeindruckt war, war nicht zu übersehen.

»Sind Sie leitender Angestellter einer der Firmen hier?« fragte der Analytiker, während sie auf die Nebenstraße zugingen, wo der Wagen des V-Mannes parkte.

»So könnte man es ausdrücken, ja, Sir. Nur daß ich meine eigene Firma habe, einen Kurierdienst für sehr wichtige Leute.«

»Aber wie hat er Sie denn gefunden?«

»Es tut mir leid, Sir, aber Sie werden sicher verstehen, daß derartige Informationen vertraulich sind.«

»Du lieber Gott«, murmelte McAllister und sah den Mann von Medusa an.

»Bringen Sie mich in zwanzig Minuten zu einem Telefon«, sagte Jason, der auf dem Vordersitz Platz genommen hatte. Der verwirrte Staatssekretär hatte sich nach hinten gesetzt.

»Dann haben die eine Zwischenstation eingeschaltet?« fragte der V-Mann. »Das haben sie mit dem Franzosen auch oft getan.«

»Und wie ist der mit ihnen umgegangen?« fragte Borowski.

»Er hat immer gesagt: >Laß sie schwitzen.< Darf ich vorschlagen, daß Sie erst in einer Stunde telefonieren?«

»Geht in Ordnung. Gibt es hier in der Gegend ein Restaurant?«

»Gleich dort drüben in der Rua Mercadores.«

»Wir müssen etwas essen, und der Franzose hatte recht - er hatte immer recht. Laß sie schwitzen.«

»Zu mir war er sehr anständig«, sagte der V-Mann.

»Am Ende war er so etwas wie ein gesprächiger, wenn auch pervertierter Heiliger.«

»Ich verstehe nicht, Sir.«

»Das ist auch nicht notwendig. Aber ich lebe, und er ist tot, weil er eine Entscheidung getroffen hat.«

»Was für eine Entscheidung, Sir?«

»Zu sterben, damit ich leben kann.«

»Wie es in der Heiligen Schrift der Christen steht. Das haben die Nonnen uns gelehrt.«

»Kaum«, sagte Jason, den der Gedanke amüsierte. »Wenn es einen anderen Ausweg gegeben hätte, dann hätten wir den ergriffen. Aber es gab keinen. Er akzeptierte einfach die Tatsache, daß sein Tod mein Ausweg war.«

»Ich habe ihn gemocht«, sagte der V-Mann.

»Bringen Sie uns zu dem Restaurant.«

Edward McAllister hatte alle Mühe, sich zu beherrschen. Was er nicht wußte und worüber Borowski bei Tisch nicht reden wollte, ließ ihn vor Unruhe fast ersticken. Zweimal versuchte er, das Gespräch auf die »Zwischenstation« und die augenblickliche Situation zu bringen, und zweimal schnitt Jason ihm das Wort ab und bedachte den Staatssekretär dabei mit einem finsteren Blick, während der V-Mann dankbar die Augen abwandte. Es gab gewisse Fakten, die der Chinese kannte, und andere, die er um seiner eigenen Sicherheit willen nicht kennen durfte.

»Ruhe und Nahrung«, sinnierte Borowski und holte das letzte Stückchen seines tian-suan-on vom Teller. »Der Franzose hat gesagt, das wären Waffen. Er hatte natürlich recht.«

»Ich würde sagen, daß er ersteres mehr gebraucht hat als Sie, Sir«, sagte der V-Mann.

»Mag sein, aber er hat Kriegsgeschichte studiert. Er behauptete, aus Übermüdung seien mehr Schlachten verloren worden als wegen Mangel an Waffen.«

»Das ist alles sehr interessant«, unterbrach McAllister scharf, »aber wir sind jetzt schon seit einer Weile hier, und ich bin sicher, daß wir etwas unternehmen sollten.«