Выбрать главу

»Ich hätte sie angerufen?«

»Richtig, so hat er es mir dargestellt. Sie sollen behauptet haben, Sie hätten Drohungen erhalten; Ihre Redeweise war >unzusammenhängend< - so haben die das formuliert - und Sie hätten sofort Leibwächter verlangt. Weil Ihre Akte einen >Geheim<-Reiter trug, hat man Ihren Antrag nach oben weitergegeben und von dort die Anweisung bekommen, >Gebt ihm, was er will. Beruhigt ihn.<«

»Ich kann das einfach nicht glauben?«

»Ich bin noch nicht fertig, David. Hören Sie mir bis zum Schluß zu, ich höre Ihnen schließlich auch zu.«

»Okay. Weiter.«

»So ist's gut. Ganz ruhig. Kühl bleiben - nein, streichen Sie das Wort >kühl<.«

»Recht so.«

»Als die Sicherheitsbeamten eingetroffen waren, haben Sie laut Außenministerium noch zweimal angerufen und sich darüber beklagt, daß die Leibwächter ihre Arbeit nicht richtig machten. Sie sagten, sie würden in ihren Wagen vor Ihrem Haus trinken und über Sie lachen, wenn sie Sie zum Universitätsgelände begleiten - und jetzt zitiere ich wörtlich: >Die machen aus dem, was sie tun sollen, eine Farce.< Die Stelle habe ich mir unterstrichen.«

»Eine >Farce< ...?«

»Ganz ruhig, David. Jetzt kommt das Ende der Aufzeichnung. Sie haben ein letztes Mal angerufen und mit Nachdruck verlangt, man solle alle abziehen - daß Ihre Leibwächter Ihre Feinde seien, daß sie die Männer seien, die Sie töten wollten. Es läuft darauf hinaus, daß Sie diejenigen, die Sie zu schützen versuchten, in Ihre Feinde verwandelt hatten.«

»Und ich bin sicher, daß das ganz elegant in einen dieser beschissenen psychiatrischen Schlüsse paßt, wonach meine Ängste sich in Paranoia verwandelt - oder pervertiert - hätten.«

»Sehr elegant«, sagte Panov. »Zu elegant.«

»Und was hat die Nummer zwei in der Fernost-Abteilung Ihnen gesagt?«

Panov schwieg einen Augenblick. »Nicht das, was Sie hören wollen, David, aber er war in seiner Aussage sehr bestimmt. Man hat dort nie von einem Bankier oder einem sonstwie einflußreichen Taipan namens Yao Ming gehört. Er hat gesagt, so wie die Dinge heute in Hongkong liefen, würde er die Akte mit Sicherheit bis auf den letzten Buchstaben auswendig kennen, wenn es eine solche Person gäbe.«

»Meint er denn, ich hätte das alles erfunden? Den Namen, die Frau, die Drogenverbindung, die Orte, die Umstände - die britische Reaktion! Herrgott, ich könnte das alles doch gar nicht erfinden, selbst wenn ich es wollte!«

»Ja, einfach wäre das wohl nicht«, stimmte ihm der Psychiater mit leiser Stimme zu. »Dann hören Sie auch alles das, was ich Ihnen gerade gesagt habe, zum ersten Mal, und nichts davon ergibt einen Sinn. Es ist nicht so, wie Sie sich an die Dinge erinnern!«

»Mo, das alles ist eine Lüge! Ich habe niemals im Außenministerium angerufen. McAllister ist in unser Haus gekommen und hat uns beiden alles das gesagt, was ich Ihnen gesagt habe, darunter auch die Geschichte mit Yao Ming! Und jetzt ist sie verschwunden, und man hat mir eine Spur geliefert, der ich folgen kann. Warum? Was machen die mit uns?«

»Ich habe mich nach McAllister erkundigt«, sagte Panov, und sein Tonfall wirkte plötzlich verärgert. »Sein Stellvertreter hat bei der Terminabteilung nachgefragt und mich dann zurückgerufen. Die sagen, McAllister sei vor zwei Wochen nach Hongkong geflogen und könne daher nach seinem sehr präzisen Terminkalender gar nicht in Ihrem Haus in Maine gewesen sein.«

»Er war hier!«

»Ich denke, ich glaube Ihnen.«

»Was bedeutet das?«

»Unter anderem kann ich manchmal aus Ihrer Stimme heraushören, ob Sie die Wahrheit sagen. Außerdem gehört eine Formulierung wie >die machen aus dem, was sie tun sollen, eine Farce< im allgemeinen nicht zum Vokabular eines Psychotikers im Zustand höchster Erregung - jedenfalls ganz sicher nicht zu dem Ihren.«

»Jetzt komme ich nicht mehr mit.«

»Jemand hat gesehen, wo Sie arbeiten und womit Sie sich Ihren Lebensunterhalt verdienen, und dachte, er könne da durch entsprechende Formulierungen das Ganze glaubwürdiger klingen lassen.« Und dann explodierte Panov plötzlich. »Mein Gott, was machen die?«

»Die treiben mich in eine Startmaschine«, sagte Webb leise. »Sie versuchen, mich zu zwingen, irgend etwas zu unternehmen, was sie wollen.«

»Diese Schweine!«

»So etwas nennt man Rekrutierung.« David starrte die Wand an. »Halten Sie sich raus, Mo, Sie können da nichts tun. Die haben all ihre Figuren aufgestellt. Ich bin rekrutiert.« Er legte auf.

Benommen verließ Webb seinen kleinen Arbeitsraum. Im Flur blieb er stehen und sah sich die umgekippten Möbel und zerbrochenen Lampen an und das Porzellan und die Scherben im Wohnzimmer. Dann erinnerte er sich an Panovs Worte: »Warum sollte jemand solche Spuren hinterlassen?« Ohne genau zu wissen, wohin seine Schritte ihn führten, ging er auf die Haustür zu und öffnete sie. Er zwang sich, den Handabdruck in der oberen Türhälfte anzusehen; das eingetrocknete Blut bildete im Licht der Kutschenlampen einen stumpfen, dunklen Farbklecks. Dann trat er näher und sah sich die Spur genauer an.

Es war der Abdruck einer Hand, aber kein Handabdruck. Die Umrisse einer Hand waren zu sehen - die Handfläche, die ausgestreckten Finger -, aber da waren keine Unregelmäßigkeiten in dem blutigen Gebilde, keine individuellen Abdrücke, wie sie eine blutbeschmierte Hand, die gegen hartes Holz gepreßt wurde, hinterlassen hätte, keine zu identifizierenden Spuren - das Ganze war wie der farbige Schatten von einem Stück Glas. Ein Handschuh? Ein Gummihandschuh?

David wandte den Blick von der Blutspur ab und drehte sich langsam zu der Treppe um, die in der Mitte der Halle nach oben führte, und seine Gedanken wanderten stockend auf andere Worte zu, die ein anderer Mann ausgesprochen hatte. Ein seltsamer Mann mit einer hypnotisch klingenden Stimme.

Vielleicht sollten Sie die Fußnoten gründlicher ansehen ... vielleicht wird Ihnen alles klarer, wenn Sie sich helfen lassen -von einem Psychiater.

Und dann schrie Webb plötzlich, und der Schrecken überwältigte ihn, während er auf die Treppe zurannte und die Stufen hinaufhetzte zum Schlafzimmer, wo er das mit Maschine beschriebene Blatt auf dem Bett anstarrte. Von einer Angst erfüllt, die ihm übel machte, hob er das Blatt auf und trug es zum Schminktisch seiner Frau. Er knipste die Lampe an und studierte die Maschinenschrift im Licht.

Wenn das Herz in seiner Brust hätte bersten können, wäre es jetzt in Stücke geflogen; so studierte Jason Borowski das Blatt eiskalt.

Da waren die leicht verbogenen unregelmäßigen r's und die d's, deren Oberlängen etwa in der Mitte abbrachen. Diese Schweine! Die Nachricht war auf seiner eigenen Maschine getippt worden.

Rekrutierung.

Kapitel 6

Er saß auf den Felsen über dem Strand und wußte, daß er jetzt ganz klar denken mußte. Er mußte herausfinden, was er da vor sich hatte und was man von ihm erwartete, und wenn er sich darüber klargeworden war, dann mußte er überlegen, wie er es anstellen mußte, den- oder diejenigen auszumanövrieren, die ihn manipulierten. Unter gar keinen Umständen durfte er in Panik geraten, nicht einmal den Anschein der Panik erwecken - ein in Panik geratener Mann war gefährlich, war ein Risiko, das man eliminieren mußte. Wenn er durchdrehte, würde er damit den

Tod von Marie und seinen eigenen heraufbeschwören. So einfach war das. Und heikel. Und brutal.