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»Hinaus! Los!«

Der Wächter hatte keine Chance. Der Priester holte blitzschnell ein rasiermesserdünnes, beiderseits geschliffenes Messer unter seinem Gewand hervor, zog es dem Mann über das Handgelenk und schnitt die Hand mit der Waffe halb vom Arm ab. Dann zog er die Klinge mit der Präzision eines Chirurgen über die Kehle des Mannes; Luft und Blut schössen hervor, während der Kopf in einem Schwall leuchtenden Rots nach hinten kippte. Als der Mann zu Boden fiel, war er bereits tot.

Der Mörder-Priester schob das blutbesudelte Messer in seinen Kaftan zurück und zog eine zerbrechlich aussehende Uzi-Maschinenpistole unter seinem Umhang hervor, deren Magazin mehr Munition enthielt, als er brauchen würde. Er hob den Fuß, trat gegen die Tür und stürzte hinein, um das zu finden, was er dort zu finden erwartet hatte.

Fünf Männer - Zhongguo ren - saßen um einen Tisch, vor sich Teekannen und Whiskygläser; nirgends war ein Blatt Papier zu sehen, keine Notizen oder Schriftstücke - nur Ohren und aufmerksame Augen. Und als die Augenpaare erschreckt aufblickten, verzerrten sich die Gesichter in Panik. Zwei der gutgekleideten Männer griffen in ihre maßgeschneiderten Jacketts, während sie aufsprangen; ein anderer warf sich unter den Tisch, während die restlichen zwei schreiend auf die seidentapezierten Wände zustürzten und sich dann verzweifelt umdrehten, Gnade suchten und doch wußten, daß sie keine finden würden. Eine knatternde Salve zerfetzte ihre Leiber. Blut spritzte aus ihren Wunden, als ihre Schädel zerschmettert, ihre Augen zerfetzt und ihre Münder zerrissen wurden, grellrot im halb erstickten Todesschrei. Wände, Boden und polierte Tischplatten glänzten in schrecklichem Rot, ein blutiger Beweis des Todes. Überall. Und dann war es vorbei.

Der Killer betrachtete sein Werk. Zufrieden kniete er neben einer Blutlache nieder und zog den Zeigefinger durch die rote Flüssigkeit. Dann holte er ein Stück dunkles Tuch aus dem linken Ärmel und breitete es über sein Werk. Er stand auf und eilte hinaus, knöpfte den weißen Kaftan auf, während er durch den düsteren Korridor rannte; als er die Tür zu dem Variete erreicht hatte, war der Umhang offen. Er zog das Messer aus dem Tuch und schob es in eine Scheide am Gürtel. Dann machte er die Tür auf, das Tuch zusammenhaltend und darauf achtend, daß die Kapuze seinen Kopf bedeckte und die tödliche Waffe sicher an seiner Seite verwahrt war. Das Chaos drinnen toste noch so wie eben. Er hatte den Raum erst vor dreißig Sekunden verlassen, und sein Mann war gut geschult.

»Faai di!« Der Ruf kam von dem unrasierten Bauern aus Kanton; er war drei Meter entfernt und gerade damit beschäftigt, noch einen Tisch umzukippen und ein Streichholz anzureißen, das er auf den Boden fallen ließ. »Die Polizei wird gleich hier sein! Der Barkeeper hat gerade telefoniert - ich hab' ihn gesehen!«

Der Killer-Priester riß sich den Kaftan herunter und die Kapuze vom Kopf. In den wild kreisenden Lichtern sah sein Gesicht ebenso gespenstisch aus wie cks der Musiker auf der Bühne. Dickes Make-up betonte seine Augen; ihre Konturen waren in Weiß nachgezogen, wogegen sein Gesicht unnatürlich braun geschminkt war. »Geh vor mir!« befahl er dem Bauern. Er ließ seinen Umhang und die Uzi neben der Tür auf den Bbden fallen, holte ein Paar Gummihandschuhe aus der Tasche und steckte sie in seine Flanellhose.

Für ein Variete an der Goldenen Meile war es kein leichter Entschluß, die Polizei zu rufen. Die Strafen für schlechte Leitung waren hoch, und auf die Gefährdung von Touristen standen hohe Geldstrafen. Die Polizei reagierte deshalb schnell, wenn man sie rief. Der Killer rannte hinter dem Bauern aus Kanton her, der sich in die panikerfüllte Menschentraube am Eingang zwängte und schrie, daß er hinauswolle. Er war wie ein Bulle, und so fiel es ihm nicht schwer, sich Platz zu verschaffen. Wächter und Killer drängten sich auf die Straße hinaus, wo sich ebenfalls eine Menschentraube gesammelt hatte, die wild durcheinanderschrie. Sie bahnten sich ihren Weg durch die erregten Gaffer, wobei sich ihnen der kleine, muskulöse Chinese anschloß, der draußen gewartet hatte. Er packte seinen jetzt nicht mehr mit dem weißen Umhang bekleideten Priester und zerrte ihn in eine schmale Gasse, wo er zwei Tücher unter seinem Umhang herauszog; das eine war weich und trocken, das andere in einer Plastikhülle verschweißt, und es war warm und feucht und parfümiert.

Der Mörder packte das nasse Tuch und rieb sich damit über das Gesicht, die Augenhöhlen und den Hals, drehte das Tuch um und rieb sich die Schläfen und den Haaransatz, bis seine weiße Haut sichtbar wurde. Danach trocknete er sich mit dem zweiten Tuch ab, glättete sein dunkles Haar und zog sich die Regimentskrawatte unter dem dunkelblauen Blazer zurecht. »Jau!« befahl er seinen beiden Begleitern. Sie rannten davon und verschwanden in der Menge.

Und dann trat ein gutgekleideter Weißer allein auf die Straße asiatischer Vergnügungen hinaus.

Der erregte Manager des Varietes beschimpfte inzwischen den Barkeeper, der die Jing cha gerufen hatte; die Strafe würde er ihm vom Lohn abziehen! Unerklärlicherweise hatte sich nämlich der ganze Aufruhr gelegt, und unter den Gästen machte sich Verblüffung breit. Etliche Kellner waren damit beschäftigt, die Gäste zu besänftigen, ihnen auf die Schulter zu klopfen und die Scherben wegzuräumen, während andere die Tische zurechtrückten, neue Stühle holten und Gratis-Whisky ausschenkten. Die Rock-Band konzentrierte sich auf die augenblicklichen Hits, und ebenso schnell, wie die Ordnung gestört worden war, wurde sie wiederhergestellt. Mit etwas Glück, dachte der Manager, würde er bei der Polizei mit seiner Erklärung durchkommen, daß ein übereifriger Barkeeper einen händelsüchtigen Betrunkenen zu ernst genommen hatte.

Doch plötzlich war jeder Gedanke an Bußgeld und Polizei wie weggefegt, als sein Blick auf ein weißes Stoffbündel am Boden fiel - vor der Tür zu den hinteren Büros. Weißes Tuch - der Priester? Die Tür! Der Laoban! Die Konferenz. Kurzatmig, das Gesicht schweißüberströmt, rannte der fettleibige Manager zwischen den Tischen durch auf den weggeworfenen Kaftan zu. Er kniete nieder, die Augen geweitet, atemlos, und sah jetzt den dunklen Lauf einer fremdartigen Waffe aus dem weißen Tuch hervorragen. Und dann war ihm, als schlösse sich ein Würgegriff um seinen Hals, als er die winzigen Flecken und dünnen Streifen von glänzendem, noch nicht ganz getrocknetem Blut erkannte, die das Tuch besudelten.

»Go hai matyeh Ein zweiter Mann, der ebenfalls einen Smoking trug, stellte die Frage, nur das Fehlen des Kummerbunds verriet seinen niedrigeren Status - es war der Bruder des Managers und zugleich sein erster Assistent. »Verdammter Jesus der Christen!« fluchte er halblaut, während sein Bruder die seltsam aussehende Waffe und den fleckigen weißen Kaftan aufhob.

»Komm!« befahl der Manager, richtete sich auf und strebte der Tür zu.

»Die Polizei!« wandte der Bruder ein. »Einer von uns sollte mit ihnen reden, sie beruhigen, tun, was in unserer Macht steht.«

»Vielleicht können wir gar nichts tun - bloß unseren Kopf hinhalten! Schnell!«

Und dann fanden sie im schwachbeleuchteten Korridor den Beweis. Der tote Wächter lag in einer Blutlache, die Waffe in der verkrampften Hand, die kaum noch an seinem Handgelenk hing. Und im Konferenzraum war der Beweis dann endgültig: fünf blutige Leichen, verkrümmt, wie der Tod sie ereilt hatte, deren eine den Manager zusammenzucken ließ. Er näherte sich der Leiche mit dem von Kugeln zerschmetterten Schädel. Mit dem Taschentuch wischte er das Blut weg und starrte das Gesicht an.

»Wir sind erledigt«, flüsterte er. »Kowloon ist erledigt, Hongkong ist erledigt. Alles ist erledigt.«

»Was?«

»Dieser Mann ist der Vizepremier der Volksrepublik, der Nachfolger unseres Vorsitzenden.«