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»Hier! Schau!« Der Bruder und erste Assistent stürzte sich auf die Leiche des Laoban. Neben der von Kugeln zerfetzten, blutenden Leiche lag ein schwarzes Halstuch; es lag flach da, und rote Flecken verfärbten das Tuch mit dem weißen Muster. Der Bruder hob es auf und stöhnte dann, als er die Schrift im Kreis aus Blut darunter sah: JASON BOROWSKI.

Der Manager war mit einem Satz neben ihm. »Allmächtiger Christenheiland!« stieß er hervor und zitterte am ganzen Körper. »Er ist zurückgekehrt. Der Meuchelmörder ist nach Asien zurückgekehrt! Jason Borowski! Er ist wieder da!«

Kapitel 2

Die Sonne versank hinter den Sangre-de-Cristo-Bergen in Zentral-Colorado, während der Cobra-Helikopter aus dem grellen Lichtschein heranschoß - eine mächtige Silhouette - und dann stotternd auf den Waldrand zu heruntersank. Der Betonlandestreifen war gut hundert Meter von einem großen, rechteckigen Haus aus schwerem Holz und dickem Glas entfernt. Außer Generatoren und getarnten Satellitenantennen waren keine Einzelheiten zu erkennen. Hohe Bäume bildeten eine dichte Wand und schirmten das Haus vor ungebetenen Blicken ab. Die Piloten der äußerst wendigen Hubschrauber rekrutierten sich aus dem Offizierskorps des CheyenneKomplexes in Colorado Springs. Keiner hatte einen niedrigeren Rang als den eines Colonels, und jeder einzelne war vom Nationalen Sicherheitsrat in Washington überprüft und freigestellt worden. Über ihre Flüge zu dem geheimen Ort in den Bergen sprachen sie nie, und ihr Bestimmungsort wurde auf den Flugplänen stets unkenntlich gemacht. Ihre eigentlichen Einsatzorders erhielten sie über Funk erst dann, wenn sich ihre Hubschrauber in der Luft befanden. Die Anlage war auf den der Öffentlichkeit zugänglichen Landkarten nicht verzeichnet, und ihre Fernmeldeanlagen waren weder für Verbündete noch Feinde zugänglich. Totale Sicherheit also, so, wie es sein mußte. Dies war ein Ort für Strategen, deren Arbeit von so eminenter Bedeutung für die ganze Welt war, daß man die Planer weder außerhalb der Regierungsgebäude noch in den Gebäuden selbst zusammen sehen durfte, und ganz sicher auch nie in nebeneinanderliegenden Büros mit Verbindungstüren. Überall gab es neugierige Augen - von Freund und Feind -, die von der Arbeit dieser Männer wußten. Und wenn man sie zusammen beobachtete, so würde das dazu führen, daß Alarm ausgelöst wurde. Der Feind war wachsam, und die Verbündeten hielten eifersüchtig Wacht über ihre eigenen Abwehrfürsten.

Die Türen der Cobra gingen auf. Eine stählerne Leiter klappte herunter, und ein sichtlich verwirrter Mann kletterte ins Scheinwerferlicht heraus. Ein Generalmajor in Uniform begleitete ihn. Der Zivilist war ein Mann in mittleren Jahren, schlank und mittelgroß, in Nadelstreifenanzug mit weißem Hemd und einer Krawatte in Paisley-Muster. Selbst im Wind der Rotorblätter wirkte er wie aus dem Ei gepellt, so als ginge ihm ein makelloses Aussehen über alles. Er folgte dem Offizier einen mit Betonplatten belegten Weg hinunter auf das Haus zu. Die Tür öffnete sich vor den beiden Männern. Aber nur der Zivilist trat ein; der General nickte eine jener formlosen Ehrenbezeigungen, wie sie unter alten Soldaten für Nichtmilitärs und Offiziere des eigenen Ranges üblich sind.

»Nett, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben, Mr. McAllister«, sagte der General. »Jemand anders wird Sie zurückbringen.«

»Sie kommen nicht mit herein?« fragte der Zivilist.

»Ich bin noch nie drin gewesen«, erwiderte der Offizier und lächelte. »Ich vergewissere mich nur Ihrer Identität und bringe Sie von Punkt B nach Punkt C.«

»Scheint mir eine Vergeudung hohen Ranges, General.«

»Ist es wahrscheinlich nicht«, meinte der Soldat, ohne weiter darauf einzugehen. »Aber ich habe natürlich auch andere Pflichten. Wiedersehn!«

McAllister trat ein und befand sich in einem langen, vertäfelten Korridor. Er wurde jetzt von einem freundlich blickenden, gutgekleideten, breitschultrigen Mann begleitet, dem man den Sicherheitsbeamten ansah - körperlich schnell und fähig, in jeder Menschenmenge unterzutauchen.

»Hatten Sie einen angenehmen Flug, Sir?« fragte der jüngere Mann.

»Hat man das in diesen Kisten je?«

Der andere lachte. »Hier entlang, bitte, Sir.«

Sie gingen den Korridor hinunter, an einigen Türen vorbei, bis ans Ende mit größeren Doppeltüren und zwei roten Lichtern in der linken und rechten oberen Ecke: separat geschalteten Kameras. Edward McAllister hatte solche Anlagen nicht mehr gesehen, seit er vor zwei Jahren Hongkong verlassen hatte; und auch damals nur, weil er kurze Zeit für die britische Abwehr MI-6, Special-Branch, als Berater tätig gewesen war. In bezug auf Sicherheit hatten die Briten auf ihn immer paranoid gewirkt. Er hatte diese Leute nie begriffen, ganz besonders dann nicht mehr, als sie ihm wegen seiner minimalen Beteiligung an Sachen, die sie fest im Griff hätten haben sollen, einen Orden verliehen hatten. Sein Begleiter klopfte an die Tür. Ein leises Klicken war zu hören, dann öffnete er die rechte Türhälfte.

»Ihr anderer Gast, Sir«, sagte der breitschultrige Mann.

»Vielen Dank«, erwiderte eine Stimme. Der erstaunte McAllister erkannte sie sofort aus Dutzenden von Radio- und Fernsehsendungen über viele Jahre. Da war der Tonfall einer teuren Schule und einiger Universitäten von Rang und schließlich das Produkt einer längeren Tätigkeit auf den Britischen Inseln. Aber es blieb ihm keine Zeit zur Reaktion. Der grauhaarige, makellos gekleidete Mann mit dem von Furchen durchzogenen, schmalen Gesicht, das an seinen reichlich siebzig Jahren keinen Zweifel ließ, erhob sich hinter seinem großen Schreibtisch und ging mit ausgestreckter Hand auf sie zu. »Herr Staatssekretär, sehr liebenswürdig von Ihnen, daß Sie gekommen sind. Darf ich mich vorstellen? Ich bin Raymond Havilland.«

»Ich kenne Sie sehr wohl, Herr Botschafter. Das ist eine hohe Ehre für mich, Sir.«

»Botschafter ohne Portefeuille, McAllister, und das bedeutet, daß gar nicht so viel Ehre übriggeblieben ist. Aber immerhin noch Arbeit.«

»Ich kann mir nicht vorstellen, wie irgendein Präsident der Vereinigten Staaten die letzten zwanzig Jahre ohne Sie überleben konnte.«

»Einige haben sich durchgewurschtelt, Herr Staatssekretär; aber mit Ihrer Erfahrung, vermute ich, wissen Sie das besser als ich.« Der Diplomat sah sich um. »Ich möchte Sie gern mit Jack Reilly bekannt machen. Jack ist einer von diesen hervorragend informierten Leuten im Nationalen Sicherheitsrat, von denen wir gar nichts wissen dürften. Aber eigentlich jagt er einem überhaupt keine Angst ein - oder?«

»Das will ich doch hoffen«, sagte McAllister und ging auf Reilly zu, der sich aus einem der zwei ledernen Besuchersessel erhoben hatte. »Nett, Ihre Bekanntschaft zu machen, Mr. Reilly.«

»Herr Staatssekretär«, sagte der etwas dickleibige Mann mit den roten Haaren und der mit Sommersprossen bedeckten Stirn. Die Augen hinter seiner Nickelbrille strahlten keine Freundlichkeit aus - sie waren scharf und kalt.

»Mr. Reilly ist hier«, fuhr Havilland fort und begab sich wieder hinter seinen Schreibtisch, »um dafür zu sorgen, daß ich keine Dummheiten mache.« Mit einer Handbewegung bot er McAllister den Sessel zu seiner Rechten an. »So wie ich das begreife, bedeutet das, daß es einige Dinge gibt, die ich sagen darf, und andere, die ich nicht sagen darf, und bestimmte Dinge, die nur er sagen darf.« Der Botschafter setzte sich. »Wenn Ihnen das rätselhaft erscheint, Herr Staatssekretär, so muß ich Ihnen leider gestehen, daß ich im Augenblick nicht mehr anzubieten habe.«

»Alles, was sich in den letzten fünf Stunden ereignet hat, ehe ich den Befehl erhielt, mich zum Luftwaffenstützpunkt Andrews zu begeben, war ziemlich rätselhaft, Herr Botschafter. Ich habe keine Ahnung, weshalb man mich hierhergebracht hat.«

»Dann gestatten Sie mir, daß ich Ihnen das in etwa erkläre«, sagte der Diplomat, warf Reilly einen Blick zu und lehnte sich über seinen Schreibtisch nach vorn. »Sie befinden sich in einer Position, in der Sie Ihrem Land einen außergewöhnlichen Dienst erweisen - und Interessen, die weit über dieses Land hinausgehen - in einem Maße, das alles übersteigt, was Sie sich vielleicht während Ihrer langen, ausgezeichneten Laufbahn träumen lassen.«